Interessant ist das Grundeinkommen auch, weil es ein Denkmuster infrage stellt, das sich seit dem späten Mittelalter immer stärker durchgesetzt hat und zum Kern des bürgerlichen Selbstverständnisses gehört: Der moderne Mensch definiert sich durch seine Arbeit. Dieser Punkt macht das Konzept zugleich so anziehend wie auch für viele Menschen völlig unverständlich. Aber er zeigt vielleicht auf, in welche Richtung sich unsere immer spezialisiertere Gesellschaft ohnehin bewegt: „Vollbeschäftigung" ist wahrscheinlich heute schon eine überholte Utopie.
wolfgang messer fragt sich, wie man mit der „Kopier- und Verfügbarkeit von Daten“ und den daraus entstehenden technischen möglichkeiten vernünftig umgehen solle. wobei ich mich frage ob es darauf vernünftige antworten gibt. das weglassen von DRM-, region-code- und anderen benutzerbehinderungsmassnahmen beispielsweise wäre klug gewesen, aber nicht wirklich vernünftig. na gut, das sind haarspaltereien, aber ich glaube das mit der beidseitigen fairness haben die verwerter noch nie verstanden.
mein derzeitiger gemütszustand diktierte mir gerade diesen satz: „je weniger die leute wissen, wie musik, urheber- und verwertungsrechte gemacht werden, desto mehr musik hören sie.“
das ist so ungefähr das erschütterste, was ich seit langem gelesen habe. der text beschreibt die leidensgeschichte von shin in geun, der in einem nord-koreanischen gefangenlager zur welt kam und dem mit zwanzig die flucht gelang.
The eighth rule of Camp 14 said, "Should sexual physical contact occur without prior approval, the perpetrators will be shot immediately." A reward marriage was the only safe way around the no-sex rule. Guards announced marriages four times a year.
das sollte man nur lesen, wenn man einigermassen starke nerven hat.
udo vetter beschreibt schön die aprilscherz-haftigkeit der deutschen politik: der hessische justizminister möchte datenhehlerei strafbar machen, wenn aber die schweizer behörden deutsche datenhehler mit beamtenstatus verfolgen will, rastet die politische elite in deutschland aus. erinnert mich an die alten zeiten: alle menschen sind gleich, nur manche sind gleicher.
der surfguard nimmt das FAS-feuilleton schön auseinander:
Eine Doppelseite hat die FAS so für eine argumentative Seifenblase hergegeben: Schön schillernd, kunstvoll geblasen - aber doch durchsichtig, zerbrechlich und nach dem Platzen nur noch schmierig.
lorenz matzat über björn böhnings versuch einen kleinen shitstorm aufmerksamkeitswirbel zu entfachen:
Es ist jedenfalls nicht den Piraten anzulasten, dass die SPD nicht in der Lage war, adäquat auf den gesellschaftlichen Impact des Internets zu reagieren. Das, wir erinnern uns, vor über 20 Jahren mit dem World Wide Web begann, massenkompatibel zu werden. Die 2006 gegründete Piratenpartei, an der sich einiges kritisieren lässt, ist letztendlich Ausdruck eines Versagens der etablierten Parteien. Daraus einen Vorwurf zu drechseln, die Piraten würden der repräsentativen Demokratie schaden, ist Demagogie pur. Der Vorwurf der Unprofessionalität geht einem Funktionär einer über hundert Jahre alten Partei leicht von den Lippen, der in einen Apparat mit Traditionen und Organisationswissen hineinwächst. Doch die Anfangszeit der Sozialdemokratie in der Kaiserzeit ging sicherlich auch mit einigem Trial & Error einher. Oder man betrachte die Geschichte der Grünen mit all ihren Wehen und Spaltungen. Jedenfalls würde ich dafür plädieren, den Piraten mehr Zeit als 100 Tage einzuräumen, bevor man über deren Politikfähigkeit urteilt und die Wahlentscheidung von zahlreichen Menschen in den Dreck zieht.
guter text von florian güßgen im stern.de zu diesem tatort urheberrechtsdings.
[was hab ich da gerade in einem satz geschrieben? guter text und stern? sowas hab ich schon seit 20 jahren nicht mehr behauptet.]
diese scheiss kostenlos- und sofortkultur von journalisten. leute wie jace lacob (nicht zu verwechseln mit lace jacob) haben bereits vier folgen der neuen staffel game of thrones sehen können. ich glaub er findet die staffel zwei ziemlich knorke. bei youtube gibts nen trailer für die neue staffel.
Wo Knoten reden, hören andere zu. Massenhaft. Was sie verbreiten, wird von mehr Menschen gehört, als die Aufmacherstory einer mitteldeutschen Regionalzeitung. Dank Social Media unmittelbar. Sie sind zwar nicht die alleinigen Herrscher über Informationen, aber bestimmen zu einem guten Stück, ob eine Information sich rasend verbreitet oder ob sie versandet.
Verteilung der eigenen Daten auf mehrere Anbieter und gezielter Wechsel der Kommunikationskanäle machen die Analyse von Verkehrsdaten schwierig bis unmöglich. Kriminelle wissen das längst, Normalbürger in der Regel nicht.
Auf Twitter habe ich auf meinen Einwand hin, dass der Text der Krimiautoren hochideologisch ist und vor sachlichen Fehlern strotzt, die Antwort erhalten, dass es ja häufig um gefühlte Argumente gehe und der Expertendiskurs für juristische Laien unverständlich sei. Vielleicht ist aber gerade diese Haltung eine Lebenslüge unserer politischen Diskussion. Jeder beharrt auf seinem Standpunkt und lässt sich durch Fakten und die abweichende Einschätzung von Wissenschaftlern kaum ablenken. Es kann nicht um gefühlte Argumente gehen, wenn man den Anspruch hat, eine Diskussion sachlich zu führen.
sabine rückert lässt kein gutes haar an der authentizität und sinnhaftigkeit von ein paar tatort-folgen. aber eine polizeiruf-sendung fand sie super („er sollte tot“, in sieben teilen auf youtube).
Einerseits bin ich Journalist und berichte hin und wieder über dies und das. Andererseits bin ich als Autor von Belletristik und Kolumnenfuzzi selber Gegenstand von Berichterstattung. In Österreich habe ich kürzlich Kolumnen vorgelesen, es gab auch einen Schreib-Workshop. In einer Kolumne kommt der Satz vor: »Ich schreibe nicht Barock, ich schreibe Bauhaus.« Das Gleiche empfehle ich Kollegen, wenn man mich fragt. Im Bericht der Lokalzeitung stand: »Baumarkt ist besser als Barock! So lautet eine der goldenen Glossen-Regeln von Martenstein.«
Dafür ist nicht entscheidend, ob sie nun schnell eine Koalition eingehen oder sich ein Vollprogramm geben. Es hängt vielmehr davon ab, wie es ihnen gelingt, den Geist der Erneuerung durch ihre Präsenz im politischen Betrieb dauerhaft zu „veralltäglichen“, wie der Soziologe Max Weber es nennt. Zugegeben, das ist für eine Partei, die Personenkult ablehnt, kein ganz leichtes Unterfangen. Trotzdem sollten die Piraten nicht der Versuchung erliegen, den von den Grünen vorgezeichneten Pfad ins politische Establishment einzuschlagen oder als eine bessere FDP aufzutreten.
hier schon zitiert, aber auch nochmal einen separaten link wert, der „liebens-“ aber auch lesenswerte text des CCC an die 51 tatort-drehbuchautoren.
Sir Arthur Conan Doyle schrieb dazu: »Wenn jeder Autor, der ein Honorar für eine Geschichte erhält, die ihre Entstehung Poe verdankt, den Zehnten für ein Monument des Meisters abgeben müßte, dann ergäbe das eine Pyramide so hoch wie die von Cheops.«
Die Unzufriedenheit der Piratenwähler hat danach keine tagespolitischen, sondern strukturelle Gründe. Die Piraten besetzen, wie übrigens auch die Grünen, ein Feld, das erst in den letzten Jahren entstanden ist, weil erst mit dem Internet eine Kombination aus libertär und kollektivistisch überhaupt gesellschaftlich relevant wurde.
interessante argumentation der gema, man will nicht prozentual an den einnahmen von youtube beteiligt werden, sondern an den einahmen vom gesamtkonzern google, weil google mit den gesammelten benutzerdaten weit mehr verdient, als mit youtube allein. mir kommt das so vor, als wolle die gema bei musikveranstaltungen auch am getränkeumsatz und den toilettenbenutzungsgebühren beteiligt werden. wieder mal ein deutscher sonderweg. auch wenn man das differenziert betrachten sollte; ich finde das irgendwie irre.
Die Piraten bringen einen neuen Politikbegriff in die politische Kultur: Den Hannah Arendts.
leute die seit 1975 verstorben sind, sorgen heute für neue politikbegriffe? na gut. es gibt ja auch leute, die das radio noch heute als neues medium bezeichnen.
(ich bin mir bei den texten von felix neumann nie ganz sicher was ich von ihnen halten soll. auf den ersten rutsch gefallen sie mir fast immer (mindestens ein bisschen). wenn ich sie dann zum verlinken nochmal überfliege, fällt mir auf, wieviel überflüssige intellektuelle butter neumann auf seine texte aufträgt und dass er immer wieder ins pathetische abgleitet. was mich dann aber wieder bis zum nächsten text versöhnt ist sein impressum, in dem er unter anderem als hobby angibt: fritieren.)
kottke hat sich das video viermal angesehen. ich auch. obwohl ich ballet eher doof finde. aber das ist toll. sehen kann man es allerdings nur, wenn man der gema vorgaukelt man sei amerikaner, franzose oder brite. niederländer geht auch. glaub ich.
[ich liebe kottke für solche blogeinträge. echt jetzt.]
wolfgang michal zählt mal die absoluten zahlen nach.
[nachtrag 27.03.2012]
mein einziger regelmässiger kommentator sebastian peitsch findet wolfgang michals berechnungen wahrheitsverdrehend und den link einen „hammer“. möglicherweise hat er recht. ich hatte allerdings keinen mathe-LK, so dass ich weder machals noch peitschs berechnungen kommentiere — aber weiterhin gerne auf beide hinweise.
olaf kolbrück stellt sich mutig gegen den zeitgeist und den gesunden menschenverstand und macht sich sorgen um die staatsautorität. und das ist auch gut so.
das hat mich am wochenende beinahe in den wahnsinn getrieben, die datumsfalschanzeige der fritzbox und des DECT telefons. ich bin sehr minderbegeistert von AVM. sehr.
christian stöcker über anonymität und die paradoxe haltung mancher poltiker dazu:
Dass diese beiden Positionen - einerseits: pseudonyme Meinungsäußerung im Internet hat unschöne Folgen, andererseits: das Sammeln und Veröffentlichen von persönlichen Daten im Internet ist ein Problem - so einträchtig und unverbunden nebeneinander stehen können, ist symptomatisch für die analytische Tiefe, mit der in Deutschland bis heute über das Netz und seine Folgen gesprochen wird.
ich kannte mal einen grafiker, der hat die pläne für seine küche in quark-xpress gezeichnet. geht alles. und mit apples keynote noch viel mehr. offenbar.
oder „Anatol Stefanowitschens Gespür für Schnee“. da ist jemand genervt von anatol stefanowitschs arroganz. sehr unterhaltsam und auch ein bisschen arrogant.
Weiter Streit um das Motiv "Tofu ist schwules Fleisch": Die ach so tolerante Steakhauskette droht nicht etwa den Erfindern von Scholz und Friends mit Unterlassungsansprüchen, sondern Medien, die darüber berichten.
wenn wir uns irgendwann tatsächlich darauf einigen können, dass es a) dem urheberrecht im internet gut geht, dass es b) keine kostenloskultur im internet gibt und c) rechteinhaber nicht immer nur respekt verlangen, sondern ihren kunden auch respekt entgegenbringen wären wir vielleicht schon einen schritt weiter.
Es gibt eine Schlüsselerwartung, dass die neuen Technologien die Gemeinschaft dem Staat überlegen machen. Ok, was brauchen wir für den Umsturz?
ganz grandioser text von peter glaser. ganz. grandios. auch schön:
Als Bernhard von Chartres Ende des 10. Jahrhunderts das erste Mal den Begriff „modern“ verwendete, schrieb er dazu in einem Gleichnis: „Wir sind Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen. Wir können weiter sehen als unsere Ahnen und in dem Maß ist unser Wissen größer als das ihrige - und doch wären wir nichts, würde uns die Summe ihres Wissens nicht den Weg weisen.“
langes undziemlich gutes stück über googles strategische zwickmühlen und wie google an seiner verletzbarsten flanke, dem vertrauen seiner benutzer, an stärke verliert. mat honan:
What Google seems to have forgotten is that we were only willing to give them all that data in the first place because it gave us great products and seemed trustworthy.
Es war nämlich nicht die Musikindustrie, die dafür gesorgt hat, dass heutzutage Künstler im Internet Geld verdienen, es waren Apple, Amazon, Pandora, Spotify und all die anderen Computerfritzen. Genau diese Leute, denen Regener vorwirft, den Künstlern »ins Gesicht zu pinkeln«.
Die Kunst des Jammerns mit einem Becks in der Hand hatte ich in jahrelangem Training perfektioniert, schliesslich ist das eine Art Einstellungskriterium für Berlin.
es geht in dem text um sven regener und nicht um berlin, aber den brüller am ende will ix nicht spoilern.