rp19, dritter tag

felix schwenzel, , in artikel    

erste session am letzten tag war die von luca caracciolo (der für meine kolumne im t3n-magazin zuständig ist), dessen vortrag über hypes und das verständnis neuer technologhien ich auch ohne diese soeben offengelegte verbindung zu ihm gut gefunden hätte. denn:

vergessen habe ich im tweet oben noch, dass sein vortrag auch „selbstkritisch“ war. ich weiss wie schwierig das thema ist, weil ich mich auch schon mehrfach daran abzuarbeiten versucht habe, vor vielen jahren mal auf der republica in der kalkscheune. sein vortrag war gut strukturiert, pragmatisch und hilfreich, um künftig hypes und technologien besser einschätzen zu können. das mit dem „mangelnde witz“ fiel dann vor allem im kontrast zum folgenden vortrag von theobald fuchs auf.

der hatte sich auch ein dankbareres thema ausgesucht, nämlich das ridikülisieren von vergangenen zukunftsvisionen. auch wenn das allgemein schon nicht allzu schwer ist — meistens reicht es einfach nur die zukuntsvisonen zu zeigen um lacher zu bekommen — wies er immer wieder gekonnt auf einzelne details hin, die besonders witzig waren. aber details waren auch theobald fuchs selbst nicht so wichtig, weil er wiederholt die doofheit von elon musk herauszuarbeiten versuchte, der seiner meinung bei seinem hyperloop-projekt wichtige pysikalische details ausser acht liess oder zur späteren lösung verschob. das problem ist allerdings, dass elon musk mit der hyperloop-projekt, bzw. dessen umsetzung so gut wie nichts zu tun hat und die illustrationen die fuchs nutzte ein ganz anderes musk-projekt zeigten.

danach kam felix hartenstein 15 minuten zu spät, um über amazons rolle als städtebauer zu reden. darin erfuhr ich zwar nicht viel neues, aber das nachdenken darüber, wie amazon mit seinem vergangenen und aktuellen agieren städte verändert, wie grossunternehmen städte formen, und ob und wie wir das als gesellschaft mitgestalten oder ertragen wollen, scheint mir wichtiger denn je. von daher: inspirierender vortrag.

felix hartenstein

danach ein vortrag, dessen ankündigung („Klein gedruckt und grob gehackt – Worüber sich Verbraucher*innen in der digitalen Welt ärgern“) sich nach einem lustigen screenshot-ritt anhörte, im prinzip aber die vorstellung und „partner“-veranstaltung der „marktwächter“-initiative der verbraucherzentralen entpuppte. die marktwächter machen und kümmern sich durchaus um sinnvolle und wichtige dinge, witzig war der vortrag aber nicht. immerhin kann ich mir vorstellen, den marktwächtern mal das eigenartige verhalten von o₂ beim DSL-anbieterwechsel vorzustellen, dass ärgerlich und systematisch zu sein scheint. und zu dem sich o2 mir gegenüber nicht äussern will.

sven scharioth

nachdem ich 20 minuten lang leute auf dem hof beobachtete, habe ich vergeblich versucht interesse an einem panel zur digitalisierung und wiederbesiedlung brandenburgs zu entwickeln. das funktionierte aber nicht so recht und ich landete im letzten achtel des vortrags von johan rockström: „Safe Future for Humanity on Earth“. das was er zeigte und auch die anschliessende diskussion war sehr interessant und kenntnisreich und ich werde es mir definitiv später auf youtube in gänze ansehen.

johan rockström

danach blieb ich natürlich sitzen, weil danach die frage „Raumfahrt und Gesellschaft – wohin geht die Reise?“ von alexander gerst und seinem chef diskutiert werden sollte. der chef von gerst, jan wörner, der generaldirektor der european space agency, ist eine ziemlich lustige und manchmal ein bisschen nervige rampensau. im kontrast zu gersts tiefenentspannter art und mit den moderationsversuchen von chiara manfletti wurde das aber zu einer sehr unterhaltsamen und bewegenden veranstaltung. fürs bewegen der raumfahrzeuge sind manfletti und wörner zuständig, fürs herz gerst. und wie letztes mal, als er auf der republica sprach, bewegte mich gerst tief. nicht mit den bildern aus dem nahen erdorbit oder aus der saturn-umlaufbahn (auch), sondern mit der art wie er nachwuchsfürderung praktiziert. seine aufgabe sehe er hauptsächlich darin, jungen menschen, jungen mädchen, frauen und kindern (männer sind mitgemeint) klar zu machen: das was der gerst kann, kann ich schon lange oder besser. diese selbstmarginalisierung seiner leistungen fand ich so sympathisch, so beeindruckend, dass mir kurz (beinahe) die tränen kamen.

alexander gerst, jan wörner, chiara manfletti

am ende wurde mir klar, dass das grösste kompliment, was ix der #rp19 machen kann lautet: dass trotz immer grösser, immer mehr, immer prominenter alles wie immer war.

es ist erstaunlich, wie die republica ständig wächst, dieses jahr auch noch die tincon mit aufnahm, immer diverser wird, im publikum wie auf den bühnen und es doch weiter schafft eine art safespace zu sein, in dem sich alle wohl fühlen, respektiert oder geschätzt fühlen. was sich allerdings verändert hat: auf der republica wird nicht mehr nur das wesen ursprünglich digital entstandener blasen und gemeinschaften gesucht, nicht mehr nur die räume des digitalen exploriert oder versucht die grenzen der digitalen räume zu verschieben. auf der republica versuchen die anwesenden, wir, gemeinsamkeiten und verbindendes zu finden, statt unterschiede oder trennendes zu konstruieren. und das über immer mehr gesellschaftsschichten hinweg.