ohne beine

felix schwenzel, , in wirres.net    

gatter am kottbusser tor

an warmen sommertagen sass an dieser stelle am kottbusser tor immer eine frau ohne beine. bevor dort ein gatter angebracht wurde rollte sie ihren rollstuhl in die nische, sass dort den ganzen tag und las in einem abgelesenem heft dass wie ein arzt-, liebes- oder groschenroman aussah.

ix habe keine ahnung wo sie ihr heft jetzt liest und ob sie den mann ohne beine von der eberswalderstrasse kennt.

dem man ohne beine, der eigentlich ganz sympathisch aussieht (schlank, blonder nicht sonderlich gepflegter bart, volle blonde, leicht stränige haare) dem auch bis auf 3 stumpen fast alle finger fehlen, wollte ich letzte woche morgens an der ubahnhaltestelle eberswalderstrasse, wo er in seinem rollstuhl offenbar eingenickt sass, ein bisschen kleingeld geben (selten bei mir: die initiativ-spende).

nur wohin? er hatte kein schälchen für den geldeinwurf, keine funktionierenden hände und er schien zu schlafen. weil ich morgens eh immer ein bisschen eilig bin habe ich ihm dann eben nichts gegeben. auf der treppe zur ubahn hörte ich dann wie er — offenbar wieder wach — etwas sagte, dass sich wie eine pöbelei anhörte und war kurz dankbar dass er mich nicht angepöbelt hatte. den den pöbelden ton hat er drauf. bei mac donalds sah ich ihn einmal zur theke rollen und dabei laut ausrufen: „achtung hier kommt ein arbeitsloser.“ danach erwischte ich mich beim gaffen, denn cheeseburger fast ohne finger zu essen erfordert einiges an fingerspitzengefühl geschicklichkeit, die er durchaus besitzt. wenn er nur nicht so aggressiv wäre zu sein scheinte.

[im übrigen erinnert er mich mit seinem teilweise attraktivem aussehen und seinem andererseits vollkommenen verwahrlostem auftreten an den vorgesetzten von forest gump, der in vietnam seine beine verlor.]

gatter am kottbusser tor