telefonzelle am hamburger bahnhof

felix schwenzel, , in wirres.net    

telefonzelle am hamburger bahnhof

was haben zwei männer gestern in dieser telefonzelle gemacht? das hier.

seriösere informationen zur vorratsdatenspeicherung, zur abstimmung im bundestag anfang november und zur demo am 6. november hier.

[nachtrag 04.11.2007]
wegen des relaunces bei watch berlin ist das video kurzzeitig verschwunden bzw. wird seine adresse wechseln. solange ist es hier zu sehen.

video

direkt video-link

anbei, mein manuskript für die nummer in der telefonzelle:

wissen sie welchen aufwand die stasi betrieb um die bürger der ddr zu überwachen, festzustellen wer, wann mit wem redete, wo er sich jeweils aufhielt? ich weiss es nicht, aber ich gehe davon aus, dass der aufwand ziemlich gross war.

ich bin mir ziemlich sicher, jeder deutsche politiker den man heute fragt findet das was die stasi damals betrieb verabscheuungswürdig und verurteilenswert.

trotzdem scheinen die praktiken der stasi einen nachhaltigen eindruck bei vielen deutschen politikern hinterlassen zu haben. manche scheinen sich gesagt zu haben: „das wollen wir auch haben.“ nein: „das machen wir besser.“ der kampf gegen den terrorismus hat offenbar die nötigen argumente geliefert.

anfang november wird der deutsche bundestag in 2. und 3. lesung über die Verschärfung der Telekommunikationsüberwachung und die Vorratsdatenspeicherung abstimmen.

das was da beschlossen werden soll würde selbst die stasi vor neid erblassen lassen. der gesetzentwurf sieht vor, sämtliche telekommunikationsdaten aller bürger sechs monate lang von privatunternehmen speichern zu lassen. zugriff auf diese daten sollen polizei und geheimdienste bei schweren straftaten bekommen.

hört sich harmlos an, kaum einer hat davon gehört, aber was bedeutet das eigentlich?

wenn ich beispielsweise jemanden mit meinem festnetztelefon anrufe muss mein telefonanbieter protokollieren wen ich wann angerufen habe und wo derjenige wohnt. wenn ich jemanden mit dem handy anrufe wird ebenfalls der name und die adresse des angerufenen gespeichert, die uhrzeit und der ort an dem ich das gespräch begonnen habe. mit anderen worten, bei jedem gespräch, egal ob mit meiner oma, meinem bewährungshelfer oder drogenberater oder anwalt wird gespeichert wann ich es geführt habe und von wo. bei jeder einwahl ins internet wird die mir zugewiesene ip-adresse gespeichert, so dass man sechs monate problemlos nachvollziehen kann, was ich so im internet getrieben habe. ebenso soll festgehalten werden wann ich wem eine email geschrieben habe oder mit wem ich über das internet telefoniert habe. sechs monate lang. um den terrorsmus zu bekämpfen!

man muss sich das mal vorstellen: wenn ich mit jemandem am alexanderplatz rede dürfen weder polizei noch geheimdienste ohne einen begründeten anfangsverdacht notizen darüber anlegen. wenn ich jemanden anrufe oder eine mail schreibe, soll das jetzt protokolliert werden, egal ob ich unter dem verdacht stehe eine straftat begangen zu haben. und polizei und geheimdienste können sich mehr oder weniger jederzeit zugang zu diesen daten beschaffen.

nur zur erinnerung, das bundesverfassungsgericht hat 1983 anlässlich eines rechtsstreits zur damaligen volkszählung entschieden, dass das recht auf informationelle selbstbestimmung eine ausprägung des allgemeines persönlichkeitsrecht ist. also, aus meinem allgemeinen persönlichkeitsrecht leitet sich ab, dass ich die hoheit über die daten habe die ich erzeuge habe. wenn ich lustig bin kann ich diese hoheit abtreten, beispielsweise an rabattkartenbetreiber die dann detailierte profile von mir und meinem kaufverhalten erstellen können um mich dann besser mit werbung zumüllen zu können und so meine daten in pures gold für ihren säckel verwandeln können. nur — wenn ich will, kann ich diese daten löschen lassen. nachdem ich meine telefonrechnung bekommen habe muss derzeit mein telefonbetreiber alle verbindungsdaten löschen. das nennt man datenschutz, bzw. das recht auf informationelle selbstbestimmung. bislang hat niemand das recht daten gegen meinen willen zu speichern.

jeder der in einem hotel schon mal payTV geguckt hat, weiss wie unangenehm es sein kann wenn daten gespeichert werden und wie froh man ist, wenn die daten gelöscht werden. dass ich verlangen kann, dass daten über mich gelöscht werden hat gar nichts damit zu tun, das ich etwas zu verbergen habe, sondern damit, dass die verfasung mir ein recht auf privatssphäre und eben informationelle selbstbestimmung einräumt. dass das in der praxis noch nicht optimal funktioniert, ist kein grund das recht weiter einzuschränken.

ich würde gerne jeden einzelnen bundestagsabgeordneten der für diesen gesetzentwurf votiert als stasi-schwein beschimpfen. das verstösst allerdings gegen das persönlichkeitsrecht. also lasse ich es.

dafür werde ich am 6. november mit hoffentlich sehr, sehr vielen menschen gegen dieses gesetz auf die strasse gehen.

watchberlin 23.10.2007