usability

felix schwenzel, , in wirres.net    

ich kann mich nicht daran erinnern jemals eine wettervorhersage im fersehen gesehen zu haben und mich danach daran erinnert zu haben, wie das wetter denn nun am nächsten tag wird. die informationen die die wettermenschen einem im fernsehen präsentieren sind meisten komplexer als meine erwartungen ans wetter (kalt/warm, sonnig/bewölkt, regen?). abgesehen davon ist es natürlich gerade im fernsehen interessanter die menschen die das wetter präsentieren anzusehen und zu bewerten als ihren spanisch klingenden ausführungen konzentriert zu folgen.

j sei dank können die mobilgeräte die wir mittlerweile fast alle mit uns herumschleppen ganz gut zusammenfassen wie das wetter ist und wie es werden könnte. aber auch das überfordert mich meist. ich habe mein telefon eben gefragt und es antwortet:

Meist bewölkt mit einem Wind aus West mit 35 km/h. Die Höchsttemperatur wird bei 17° liegen. Heute Nacht: Teilweise bewölkt bei einer Tiefsttemperatur von 7°.

alternativ, nach einem weiteren klick, bietet mir mein telefon eine ansicht die das wetter ganz gut zusammenfasst. damit schaffe ich es meisten auf einen blick zu erkennen, wie das wetter gerade draussen ist. wie das wetter wird, vermag ich nur mit extremer konzentration zu erfassen.

kürzlich, nach einer aufforderung der beifahrerin („regnets heute?“ — „häh? weiss nicht …“ — „google mal wetter berlin!“), habe ich das hier zum ersten mal (bewusst) gesehen:

wetterwidget von google

das ist mal eine zusammenfassung die ich ansehen kann und auf einen blick verstehen. ich finde den kontrast zu, beispielsweise, dieser ansicht bemerkenswert:

wetterwidget von wetter.com

warum ich das alles aufschreibe? weil es ja auch immer wieder diskussionen um die vorherrschaft von google oder anderen anbietern aus übersee geht. aber aus benutzersicht ist das eigentlich ganz gut nachvollziehbar. die benutzbarkeit, die qualität der benutzerführung und der suchergebnisse von google-diensten, stehen regelmässig in starkem kontrast zu bestehenden angeboten. google wird nicht gewählt weil google so ne tolle marke ist, sondern weil es funktioniert. nicht nervt. gut lesbar und gut benutzbar ist. das nur mal am rande zum ewigen gejammer, dass google in allen möglichen bereichen eine „marktbeherrschende“ stellung erreicht. diese vorherrschaft besteht nur so lange, bis auch andere anbieter lernen, dass es sich lohnt, dem benutzer das gefühl zu geben im vordergrund zu stehen. (ob der benutzer bei google wirklich im vordergrund steht, ist ne ganz andere frage.)

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das prinzip erstreckt sich übrigens auch in viele andere lebensbereiche. in vielen deutschen (einzelhandels-) geschäften habe ich das gefühl als kunde ein störfaktor zu sein, der die gespräche des verkaufspersonals oder deren angeregtes rumstehen unterbricht und die geschäftsprozesse durcheinanderwirbelt. kürzlich erst wieder gehört: getränke nur am seitenfenster, essen am vorderfenster und mit dem essen vom vorderfenster dürfen sie dann aber nicht hier sitzen. das ist alles aus der perspektive der geschäfte nachvollziehbar, abrechnungsgründe, organisatorische fragen — nur was interessiert mich das als kunden? als kunde bekomme ich das gefühl einfach nur zu stören.

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kürzlich ne fusswanne bei amazon bestellt. die war lächerlich klein und nur für kinderfüsse benutzbar, was aber online, bei der bestellung, nicht erkennbar war. also hab ich auf der amazon-website eine retoure beantragt. amazon antwortete mir: „danke schön, die 5 euro schreiben wir ihnen gut, die wanne brauchen sie nicht zurückzuschicken.“

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sehr sehenswert fand ich am wochenende den pseudo-dokumentarfilm deutschboden von moritz von uslar. der lief im rahmen der „der film zum wochenende“-reihe auf spiegel-tv. zuende gesehen habe ich ihn nicht, weil ich am wochenende irgendwann zu müde war. weitergucken kann ich aber auch nicht, weil er nach dem wochenende depubliziert wurde. na gut, rechtefragen und so. soll mir recht sein. der entscheidendere, störendere punkt war aber die benutzerführung auf der spiegel-tv-seite. erstmal soll ich flash benutzen. na gut, starte ich halt den alten chrome-browser, der hat noch flash. vorabwerbung — auch ok, auch wenn es natürlich toll wäre, sie überspringbar zu haben. fullscreen geht. leertaste zum pausieren allerdings nicht. obwohl ich mittlerweile (sehr) schnelles internet zuhause habe: der film ruckelt und buffert hin und wieder. kann ich auch mit leben, genauso wie ich damit leben kann, dass sich spiegel-tv nicht die alte abspielposition merkt, wenn ich die filmseite nach einem spaziergang erneut aufrufe. aber alles zusammengenommen ist das genau betrachtet eine usability-katastrophe.

der spiegel-tv-video-player wäre in den 80er jahren sicherlich eine sensation gewesen. aber in zeiten von netflix, das kein flash verlangt, (fast) nie ruckelt, sich meine abspielposition nicht nur an einem gerät, sondern auf allen geräten merkt, ein fluffiges benutzerinterface bietet, das meinen (alten) nutzungsgewohnheiten entgegenkommt, in diesen zeiten kommt man sich von so einer technologie wie sie spiegel-tv online bietet — verarscht vor.

früher™ fiel das nicht weiter ins gewicht. es gab kaum vergleichsmöglichkeiten und wir hatten ja nix. aber heutzutage™, wo das netz mit allen möglichen, überlegenen, besser funktionierenden angeboten überquillt, ist es eigentlich of-the-essence alles dafür zu tun, dass die nutzer sich nicht verkackeiert vorkommen und die eigenen angebote auf einen mindeststandard an benutzerfreundlichkeit anzuheben, damit einem die nutzer nicht weglaufen. das ist nicht einfach, ich weiss, aber das klagen, dass die nutzer alle zur konkurenz aus übersee gehen, ist auch nicht einfach.