vom potsdamer platz zum teufelsberg

felix schwenzel, , in artikel    

potsdamer platz

weil die beifahrerin in der boticelli-ausstellung verabredet war und es eilig hatte, hab ich sie heute zur gemäldegalerie gefahren, den mietwagen dort abgestellt und mich zu fuss auf den weg zum teufelsberg gemacht. auf dem teufelsberg ist diese ehemalige abhörstation mit den kugeln, die man aus film und fernsehen und netzpolitischen interviews kennt. ausserdem ist der teufelsberg quasi ex-berlin. laut wikipedia liegen unter der ex-abhörstation „26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt“. das entspreche „grob einem Drittel der Trümmer zerbombter Berliner Häuser“. tatsächlich sah ich bei meinem aufstieg auf den teufelsberg immer wieder schutt und baumaterial zwischen den pflanzen liegen.

fenster

zuerst kam ich auf meinem weg an dem gebäude vorbei, in dem holtzbrinck vor sieben jahren mit einem nachrichtenportal für junge menschen (zoomer.de) gescheitert ist. genau, ausgewachsene journalisten, die ihre leser duzen und ihnen bunte texte vorwerfen, in der hoffnung, dass sie von der zielgruppe geteilt werden, gibt’s nicht erst seit ze.tt oder bento.de. zoomer ist lediglich sieben jahre früher gescheitert als ze.tt und bento.

damals erklärte man mir bei zommer.de, dass das geduze so sein müsse:

das rumgeduze will die zielgruppe übrigens so haben, liess ich mir erklären. 21 bis 35 jährige sind so. sie wollen auf nachrichtenportalen geduzt werden. marktforschung, doo!

der witz ist, dass bento.de und ze.tt den gleichen quark wie zommer.de damals machen: in artikeln und überschriften wild duzen, aber im impressum und der datenschutzerklärung — why so serious? — wird plötzlich steif gesiezt.

bento:

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ze.tt:

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ein paar häuser weiter gabs das gleiche fassaden-motiv an einem neu gebauten wohnhaus.

balkone

unten in dem haus streiften ein paar sehr junge sicherheits-/wachmänner rum, einer von ihnen sass an einem kleinen tisch und schaute auf einem portablen DVD-spieler filme an. hätte der arme mann nen laptop gehabt, hätte er ein bisschen ze.tt oder bento lesen können.

ein paar blöcke weiter, ich glaube nach dem verteidigungsministerium, war noch ein junger mann zu sehen, auf ein ex-mauerstück gemalt:

weil ich kurz danach pinklen musste, bin ich ins intercontinental aufs klo gegangen. in grossen hotels kann man prima aufs klo gehen. eigentlich sollte das in jedem reiseführer stehen. die toiletten grosser hotels sind immer top gepflegt, bieten gute privatshäre — wo bekommt man die heutzutage sonst noch? — und fast immer ordentliche handtücher. und blumen.

pinkelpause im hotel

selbst in den USA, wo man auf toiletten wegen der grossen spaltmasse der türen quasi im freien sitzt, haben die grossen hotels meist sehr angenehm geschlossene WC-kabinen.

an der hardenberg-/kantstrasse spriessen derzeit die hochhäuser. dort wird so viel gebaut, dass man sich fast in den osten versetzt fühlt. leider muss ich sagen, finde ich das sogar relativ schick.

kleinmanhatten
kleinmanhatten

auch das bikini-einkaufszentrum hat dem viertel gut getan, selbst das zoo-palast-kino sieht wieder vorzeigbar aus. neben dem zoo-palast hat kürzlich ein jim-block-restaurant aufgemacht, wie in hamburg, direkt unter dem vater-restaurant, dem block haus. weil ich jim block mag und ausserdem hunger hatte, hab ich mir dort einen burger gekauft. zum burger gabs einen winzigen gurkensalat aus gurken-würfeln, was ich schade fand, den das coleslaw im jim block war früher überragend gut.

leider konnte ich die kleine schale gurkensalat nicht aufessen, da sie mir nach dem ersten bissen aus der hand glitt. offenbar ist der salat mit viel glitschiger sahne angemacht. der burger (bbq) war leider auch scheisse. roch komisch, schmeckte komisch und die brötchenhälften waren eiskalt. die pommes und die mayonaise waren allerdings super. was mir auch auffiel: das licht dort hat das potenzial einen in den wahnsinn zu treiben; als ich mir das berühmt-berüchtigte block-steak-pfeffer-salz auf die pommes streute, gab es einen optischen effekt wie bei disko stroboskoplicht. man sah die pfefferkörner beim fallen immer nur kurz aufblitzen, dann wurden sie unsichtbar. das müssen irgendwelche interferenz-effekte der LED oder neon-beleuchtung dort gewesen sein.

der steak-pfeffer ist übrigens das einzige was bei jim block umsonst ist, bzw. was es ohne zu fragen gibt. auch nach servietten muss man fragen, von ketchup und mayo gar nicht erst zu sprechen.

* * *

verlässt man den kudamm über die joachimstaler strasse, bzw. bundesallee wird’s wieder typisch westberlinerisch schrottig und abgenutzt. erstaunlich wie ein paar hundert meter fussweg den charakter eines quartiers verändern können. trashig kann man die möbelgeschäfte an der bundesallee übrigens ungestraft nennen:

müll

an den wohnblocks in der gegend kann man aber immerhin immer wieder hübsche schatten- und lichtspiele beobachten:

herbstbäume
herbstbäume

am hohenzollerndamm dann das symbolbild für west-berlin schlechthin:

hohenzollerndamm

weiter nach (ich glaube) zehlendorf. ich glaube dort gibt es viele antroposophische einrichtungen, die architektur bemüht sich dort jedenfalls sehr um die vermeidung von rechten winkeln:

weihnachtsmarkt

auch die adams family hat hier offenbar eine berlin-residenz:

das haus der adams family

zuckersüsse, farbenpralle herbstbilder sind heute wahrscheinlich zehntausende entstanden, ich habe auch einige gemacht. siehe auch oben. hier noch zwei:

herbstbäume

am s-bahnhof grunewald habe ich mir eine flasche frischgepressten orangensaft gekauft und mir vorgenommen den auf dem teufelsberg zu trinken. der bahnhofsvorplatz fühlte sich an wie in der düsseldorfer city. altgewordene, arrivierte popper in segelschuhen, sauberen luxus-SUVs, die mal eben draussen ein sektchen schlürfen gehen, wenn das wetter so prall ist. auf dem bahnhofsvorplatz! ich staunte sehr. den bahhofsvorplatz habe ich nicht fotografiert, dafür aber die unterführung.

gleis 17

hinter dem bahnhof geht’s direkt in den grunewald. alles sehr unspektakulär, wald eben. den teufelsberg liefen neben mir auch sehr viele andere spaziergänger hoch. oben angekommen sah ich, dass die anlage mit den kugeln sehr gewissenhaft umzäunt ist. ich war zu erschöpft um eine runde um die anlage zu drehen, um zu sehen ob es da irgendwo einen einlass gab.

vom teufelsberg runter in die sonne fotografiert

also setzte ich mich auf eine bank in die pralle sonne, fotografierte die sonne, trank meinen orangensaft und instagrammte ein paar bilder. gregor klar kündigte an, dort wo ich sass, auch bald vorbeizukommen, ich war dann aber schon lange wieder auf dem weg zur s-bahn, als er dann da war.

insgesamt war ich heute 16 kilometer und 5 stunden zu fuss unterwegs.