zauberei-let

felix schwenzel, in wirres.net    

das instapaper-bookmarklet war immer schon nicht nur praktisch, sondern auch fazsinierend, weil es auch im google-reader funktionierte. solche bookmarklets sind der grund, warum ich bis heute javascript als „zauberei“ bezeichne.

vor allem habe ich mich immer gefragt, wenn das instapaper bookmarklet das kann, warum kann das kein anderes bookmarklet? ein one-click-pinboard-bookmarklet, das im google reader funktionierte (und vielleicht noch konfigurierbar wäre) hielte mich künftig davon ab den gekillten killerfeatures des readers hinterherzutrauern.

also ich das instapaper-bookmarklet heute benutze, hab ich mich kurz ein bisschen erschrocken. vom 90er-jahre-style, ist das bookmarklet plötzlich in den bonbon-hochglanz-style gewechselt. marco arment hat es aktualisiert und ihm ein neues feature spendiert: es kann jetzt auch arschlochseiten seiten erfassen, die zur klickmehrung auf mehrere seiten verteilt sind. und man muss es nicht neu installieren:

You don’t need to reinstall your Read Later bookmarklet to get this update. It applies automatically to the one you already have.

weil das instapaper-bookmarklet so einfach und idiotensicher funktioniert, erwische ich mich übrigens immer dabei, wie ich es benutze um mal eben urls vom rechner zum iphone (und umgekehrt) zu schicken. obwohl es seit kurzem auch einen anderen eleganten, kostenlosen weg gibt, der aber ein paar klicks mehr erfordert.

ich glaube das reverse engineering des instapaper-bookmarkelt wäre ein super fortgeschrittenen javascript-lehrgang.

deutsche datenschutz paradox-paradoxien

felix schwenzel, in wirres.net    

richard gutjahr wollte ein thema „ins Licht der Öffentlichkeit rücken“, das, wie er sagt, „über die letzten Jahre während der ganzen Internet-Hysterie in den Medien und in der Politik komplett ausgeblendet wurde.“

nein, nicht das schicksal der nacktmulle das seit mindestens fünf jahren aus den augen der (netz)öffentlichkeit verschwunden ist, sondern die sache mit dem adresshandel. ich finde zwar nicht, dass das thema „komplett ausgeblendet“ wurde, wenn selbst ich in den letzten zwei jahren zweimal drüber schrob, muss das als thema irgendwo anderes eingeblendet gewesen sein, damit ich überhaupt drauf komme.

trotzdem ist das thema natürlich interessant, weil es die bigotterie — oder besser zerissenheit — von uns allen zeigt, nicht nur die der medienkonzerne, auf die richard gutjahr nicht ganz zu unrecht und drastisch hinweist:

Neben käuflicher Liebe und Waffenexporten dürfte das Geschäft mit Kundendaten zu den verschwiegensten Branchen überhaupt gehören. Mindestens einmal im Jahr klärt uns der Spiegel über das Böse im Netz auf. Wann aber haben wir zum letzten mal eine Spiegel-Titelstory zum Thema Adresshandel Deutscher Firmen gelesen? Warum bringen deutsche Medien Artikel zu diesem Thema – wenn überhaupt – unter ferner liefen?

Die Antwort ist so primitiv wie einfach: Weil die deutschen Medienhäuser selbst Teil dieses Systems sind. Das Kundenregister des größten Datenhändlers des Landes liest sich wie das Who-is-Who der deutschen Medienszene: Axel Springer, Frankfurter Allgemeine, Financial Times, Gruner und Jahr, Gong Verlag, Handelsblatt, Manager Magazin, Readers Digest, Ringier Verlag, Süddeutsche Zeitung, sky, Der Spiegel, Weltbild. Als (freier) Mitarbeiter des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks möchte ich hierbei ausdrücklich betonen: Auch die GEZ arbeitet mit gehandelten Adressdateien.

in den kommentaren unter richard gutjahrs artikel wird schön herausgearbeitet wo das eigentlich problem liegt könnte. nämlich dass vielleicht nicht die gesammelten und gehandelten daten das problem darstellen, sondern unsere völlige unentschlossenheit was jetzt gutes datensammeln und was schlechtes datensammeln sein könnte. mal lassen wir uns aufs datensammeln ein, sehen es als faires geschäft, wenn unsere daten genutzt, gesammelt und aggregiert werden, verteidigen die datensammler sogar, wenn sie von politik und medien angegriffen werden, mal empören wir uns darüber.

einerseits geben wir irgendwelchen webapplikationen vollen zugriff auf unser facebook-konto, regen uns aber auf, wenn eine webaplikation unser adressbuch mit facebook abgleicht. oder auch nicht. ich habe mich auch schon am briefkasten „informationelle selbstbestimmung“ schreien gehört, wenn mir jemand, den ich nicht kenne einen brief schreibt.

wenn man richard gutjahrs artikels liest regt man sich dann erstmal über „die adresshändler“, „die politik“ und „die medien“ auf, weil die händler mit unseren daten geld verdienen, die medien schweigen und uns aussaugen auch mit unseren daten handeln und die politiker unter lobbydruck listenprivilegien nicht abschaffen mögen.

vermutlich spiegeln die politik und medien aber nur unsere eigene schizophrenie beim thema datenschutz wieder. wir sind einerseits ein volk von datenschutz-hysterikern (siehe zum beispiel google streetview) und gleichzeitig als datenschutz-phlegmatiker bald mehrheitlich bei facebook, twitter und payback. rabattkarten sind super, abowerbung aber scheisse? die facebook-timeline ist schlimm, bei groupon gibts aber super deals?

ich glaube wenn man 3 deutsche zum thema datenschutz befragt, bekommt man 12 diametral entgegengesetzte antworten:

  • „man muss die leute doch vor sich selbst schützen!“
  • „wir wollen nicht bemuttert werden.“
  • „[D]ie Gesetze müssen auch dringend geändert werden.“ (richard gutjahr)
  • „keine neuen gesetze, keine lex google, keine regulierung des internets.“

ich glaube jeff jarvis nennt das das deutsche paradoxon. ich würde dafür den doppelten pseudo-plural wählen: deutsche datenschutz paradox-paradoxien.

richard gutjahrs artikel löst wie die meisten seiner artikel emotionale reaktionen aus. bei mir schafft das fast immer starke aversionen, ich mag das manipulative element von gutjahrs schreibe nicht. dieses mal hat er mich aber gepackt, weil ich mich auch immer irre über leute aufrege, die sich meine adresse besorgen und sich dann an mich ranwanzen*.

was ich aber sagen wollte, man sollte diesen artikel von richard gutjahr aufmerksam und mit ein bisschen skepsis lesen (nicht die kommentare vergessen) und gut drüber nachdenken (ohne das differenzieren zu vergessen). ein paar dinge sind wirklich bedenkenswert.

* * *

*) ich ärgere mich auch über darüber wenn die FAZ mich für blöd verkaufen will und meint ich würde mich von ihren verkackten täuschungsversuchen einlullen lassen, oder der FTD-chefredakteur steffen klusmann mir ohne rot zu werden einen vom pferd erzählt um mir ein abo zu verticken.

ehrlichgesagt ist adresshandel aber immer noch vor allem komisch. ein paar business-kasper oder chefredakteure laden schrotgewehre mit glaskugeln, schiessen damit durch die gegend und freuen sich wenn sie nach 2000 schuss drei deppen gefunden haben die fragen „boah, ham se noch mehr von den glasperlen?“.

eine mimose, ein gauck und das internet

felix schwenzel, in wirres.net    

kürzlich hat sich thomas knüwer „geärgert“. weil jemand gesagt hat, knüwer hätte etwas gesagt, was er aber so gar nicht gesagt habe. sein zitat wurde gekürzt und damit sinnentstellt — oder wie knüwer es unvergleichlich ausdrückt: „Das ist mal geschmeidig die ganz andere Richtung. Und deshalb habe ich mich geärgert.“

sinnentstellend zitieren scheint aber auch ein hobby von thomas knüwer zu sein. aus diesen sätzen von joachim gauck

Das weltweite Internet bietet alle Voraussetzungen, um die in den ersten zehn Artikeln unserer Verfassung verankerten Grundrechte aller Bürger in diesem Land auszuhöhlen. Dies gilt insbesondere für das Recht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit in Artikel Fünf – eine wesentliche Grundlage unserer funktionierenden Demokratie – und es gilt letztlich auch für den Kernsatz unserer Verfassung, den Artikel Eins des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Um solche Gefahren für unser aller Freiheit künftig richtig einschätzen und Vertrauen in das Medium fördern zu können, müssen wir dem Internet und seinen Nutzern mehr Sensibilität, mehr Aufmerksamkeit und Forschung widmen. Dazu verhilft uns eine Institution wie das „Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet“ – und deshalb unterstütze ich die Arbeit dieses Instituts.*

die er im vorwort irgendeiner veröffentlichung (PDF-kurzversion) von irgendwem gefunden hat, klöppelte er diese überschrift:

Das Internet höhlt die Verfassung aus, glaubt Joachim Gauck

hm. trägt das was gauck gesagt hat knüwers überschrift? so wie ich gauck verstehe, sagt gauck, dass das internet das potenzial in sich trägt unser grundgesetz auszuhölen — und nicht, dass es das tue. das hört sich an wie haarspalterei, ist es aber nicht. der unterschied zwischen dem bestehen einer gefahr und dem eintreten einer gefahr ist eminent.

man kann zum beispiel durchaus behaupten, dass die vorratsdatenspeicherung die voraussetzungen für eine umfassende und anlasslose überwachung aller bürger schaffe (und damit eine potenzielle gefahr beschreiben). wenn knüwer dann aber schröbe

deutschland ist ein überwachungsstaat, glaubt irgendjemand

dann ist das genauso verdreht und unredlich wie das was thomas knüwer hier macht.

* * *

ich finde den oben zitierten absatz von joachim gaucks vorwort unnötig. denn genau betrachtet ist das was er schrob einer aufgeblasene selbstverständlichkeit. ja, die welt, die politik, die wirtschaft, die menschen, das internet sind potenziell gefährlich, unberechenbar, egoistisch, gierig oder gemein — und deshalb ist es ganz gut, in einer demokratisch legitimierten form des rechtsstaats zu leben, der diese gefahren abfedert, denen uns die welt aussetzt. und dieser rechtsstaat muss sich selbstverstädnlich neuen gefahren und bedrohungen stellen und ja, es lohnt sich ihn verteidigen. das war aber bereits vor dem internet genauso. deshalb gibt es das grundgesetz und den rechtsstaat — um uns grundrechte zu garantieren und uns vor den gefahren der welt zu schützen — so gut es geht. und die gefahr, dass diese rechte ausgehöhlt werden ist nun wirklich nichts neues oder speziell internettiges.

kurz: das internet ist scheisse, weil die welt scheisse ist (nicht etwa umgekehrt). und wenn man dieser logik folgend gaucks zitat einmal ändert und die Worte „Internet“ und „Welt“ tauscht, erkennt man einerseits die harmlosigkeit und andererseits auch die platitüdenhaftigkeit seines vorwortes:

Die weltweite Welt bietet alle Voraussetzungen, um die in den ersten zehn Artikeln unserer Verfassung verankerten Grundrechte aller Bürger in diesem Land auszuhöhlen. Dies gilt insbesondere für das Recht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit in Artikel Fünf – eine wesentliche Grundlage unserer funktionierenden Demokratie – und es gilt letztlich auch für den Kernsatz unserer Verfassung, den Artikel Eins des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Um solche Gefahren für unser aller Freiheit künftig richtig einschätzen und Vertrauen in die Welt fördern zu können, müssen wir der Welt und ihren Nutzern mehr Sensibilität, mehr Aufmerksamkeit und Forschung widmen. Dazu verhilft uns eine Institution wie das „Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit in die Welt“ – und deshalb unterstütze ich die Arbeit dieses Instituts.

OK, das wirkt jetzt albern.

aber die gefahren die in dieser welt und gerade in deutschland zum beispiel für die menschenwürde lauern, sind nicht zu übersehen. wenn beispielsweise menschen die hier aufgewachsen sind, einfach in ihre angeblichen heimatländer „abgeschoben“ werden können, wenn man mal mit harz IV-empfängern über ihre erfahrungen mit den arbeitsagenturen redet oder mal den fernseher anmacht, dann wäre mein erster impuls jetzt nicht darüber nachzudenken wie man im internet die menschenwürde schützt, sondern wie man sie überall schützt.

dass auch im internet gefahren lauern, weiss, zumindest im internet, jeder: apps die persönliche adressbücher nach hause schicken, suchmaschinen die nutzerdaten aggregiert auswerten, porno- und webseiten die nutzerdaten nicht ordentlich schützen, monopolgefahren im ebooksektor, bombig gut ausgebildete verfassungsschützer die emails mitlesen, kommunikationsplattformen und computerhersteller die keine tittenbilder auf ihren plattformen sehen wollen — die gefahren — oder besser probleme — die joachim gauck beschreibt sind doch vorhanden? wir beschäftigen und diskutieren sie täglich.

aber wenn ein technisch etwas hilflos wirkender, alter mann auf diese gefahren hinweist, dann findet thomas knüwer das „unfassbar“ und „zum kotzen“? thomas knüwer:

Ich halte Gaucks Aussagen für unfassbar, erst recht, weil es nicht irgendwelche frei gesprochenen Aussagen sind – sie sind schriftlich festgehalten. Verzeihen Sie die Formulierung: Ich finde diese Sätze zum kotzen.

weil thomas knüwer ja ganz gerne austeilt, bei kritik an ihm selbst aber leicht in den empörten mimosen-modus schaltet, beschimpfe ich thomas knüwer heute mal, auch wenn das etwas unentspannt wirkt, in seinen eigenen worten:
Ich halte Knüwers Blogartikel für unfassbar, erst recht, weil es nicht irgendwelche frei gesprochenen Aussagen sind – sie sind schriftlich festgehalten. Verzeihen Sie die Formulierung: Ich finde diesen Artikel zum kotzen.

oder um es (dann doch lieber) in meinen worten zu sagen: ich finde es schade, dass thimas knüwer lieber kotzt, als argumentiert oder streitet. ich ahne aber woran das liegt, knüwer deutet es bereits selbst an. er findet die aussagen gaucks „unfassbar“. mit anderen worten: er versteht sie nicht.

* * *

auch diese worte von joachim gauck wirken auf mich wie platitüden, ich schaffe es aber auch mit gewalt nicht, mich drüber aufzuregen, drüber zu „kotzen“ oder belege dafür zu finden, dass gauck fände, dass das internet die vertfassung aushöhle.

* * *

*) der zweite absatz steht in gaucks vorwort, wurde aber nicht direkt von knüwer zitiert. ich fand ihn aber wichtig um den zusammenhang zu erkennen.

philip king

felix schwenzel, in wirres.net    

ich hab gerade nichts zu tun und hab mir die breitband-sendung angesehen und angehört in der sich philip banse, johnny haeusler und wolfgang michal über irgendwas mit medien unterhalten. ziemlich unerträglich weil alle 3 minuten eine werbespot eingeblendet wird. früher war das im nachtfernsehen anders, da lief nachts mitunter eine ganze sendung frasier im privatfernsehen ohne einen einzigen werbeclip durch.

mir fiel auf jedenfall auf, dass die haltung von philip banse mich an jemanden erinnerte.

philip king

ABC über apples produktionsbedingungen

felix schwenzel, in wirres.net    

ABC nightline special über die produktionsbedingungen von apple (und vielen anderen high-tech firmen) in china. angeblich ist das das erste mal, dass journalisten die fabriken von foxconn von innen betreten durften und fragen durften was und wen sie wollten.

leider nur mit einer amerikanischen IP-adresse zu sehen, man braucht also irgendeinen einen VPN-zugang. /via

[besonders gut hat mir die disclosure des reporters am anfang des specials gefallen.]

* * *

[nachtrag 23.02.2012]
ups, vergessen mal auf youtube zu schauen. danke „gast“ in den kommentaren, hier ist die youtube-version.

amigos

felix schwenzel, in wirres.net    

faszinierend der bild-zeitung quasi live beim faktendrehen und (harmlosen) rumdenunzieren zuzusehen. bei einer veranstaltung dabei sein (war ix) und danach darüber in der bild-zeitung zu lesen (hab ix), lässt durchaus den schluss auf eine art parallel-universum zu. in diesem universum herrschen immerhin kurze sätze vor. aber es scheint dort auch ziemlich trübe zu sein.

beim GAL-chef von hamburg-mitte, michael osterburg, bin ich mir noch nicht ganz sicher was ich von ihm halten soll. es ist ja durchaus legitim für ein bauprojekt zu sein und fest auf der seite eines investors zu stehen, vor allem wenn dabei ein paar sozialwohnungen für den bezirk abfallen. aber deshalb auf extrem sachliche kritik von anwohnern pampig reagieren, lässt mich dann schon stark an der eignung als volksvertreter zweifeln. sind die grünen in hamburg alle so abgehoben?

thierry chervel über geistiges eigentum

felix schwenzel, in wirres.net    

ronnie grob:

2. „Diesen Kuss der ganzen Welt“
(perlentaucher.de, Thierry Chervel)
Thierry Chervel zeigt auf, wie die deutschen Verlage den Begriff „geistiges Eigentum“ deuten und nutzen. „Eigentum bezeichnet die Verfügungsgewalt über eine Sache, also eigentlich das Recht, sie zu zerstören. Den Stuhl, den ich besitze, kann ich auch zerhacken und verheizen. Nicht einmal der Urheber eines Werkes aber hat diese Gewaltoption und dieses Recht, zumindest wenn das Werk veröffentlicht ist. Ist ein Werk in der Welt, gehört es ihr auch. Thomas Mann kann nicht in die Nationalbibliothek gehen und auf die Herausgabe des 'Zauberbergs' drängen, weil er den Schluss überarbeiten will.“

felix schwenzel:

ganz grossartig. unbedingt lesen.