ich finde nicht dass es martenstein in der diskussion um falsch liegen oder richtig liegen geht, also um das bekennen zu fehlern. damit haben beide, martenstein und niggemeier, glaube ich wenig probleme.

martenstein macht aber deutlich, dass es ihm nicht wichtig ist ob seine positionen richtig oder falsch sind, ob sie missverständlich oder verletztend sind, sondern dass es ihm eben (vor allem) um meinungspluralismus gehe. ich halte das durchaus für eine rationalisierung um fragen nach moral und reflektion über die wirkung der eigenen worte aus dem weg zu gehen.

meine einschätzung von martenstein ist übrigens eher, dass er wirklich naiv an die themen rangeht, unbelastet von vordiskussionen, forschungsergebnissen oder anderen meinungen. er geht mit dem mal-schauen und hier-ist-was-ich-mir-dazu-gedacht-habe-prinzip an seine kolumnen ran. das ist früher seine grosse stärke gewesen, finde ich, und jetzt, wo er sich der politik zughewendet hat seine grösste schwäche. „gesunder menschenverstand“ funktioniert oft sehr schlecht, wenn er von hohen tellerrändern begrenzt wird.

mir fehlt oft der mut positionen zu veröffentlichen, hinter denen ich nicht stehe. diskussionen oder der debatte würde das sicher dienen, im sinnes eines advocatus diaboli. wenn ich sportlich oder auf randale getrimmt bin oder bock auf ausufernde diskussionen habe, dann veröffentliche ich gelegentlich auch positionen hinter denen ich gerade mal so halb stehe.

allgemein möchte ich positionen aber nicht sportlich vertreten, sondern auf überzeugungsbasis oder als ergebnis von abwägungsprozessen. das ist auch mühsam, aber weniger anstrengend als das provozieren um des provozieren willen. und deshalb wäre es hier wohl auch verständlicher gewesen von sportlichen ehrgeiz, als von mut zu sprechen.