angesagt bin ich offenbar nicht, hab aber trotzdem ein highlicht

felix schwenzel, , in artikel    

digitalzimmer.de hat angesagte Blogger-Kollegen gefragt, welche Produkte oder Trends sie in den vergangenen zwölf Monaten besonders beeindruckt haben.

ich wurde nicht gefragt, bin also in der digitalzimmerwelt nicht angesagt. das hat den vorteil, dass ich ohne einschränkungen trotzdem meinen senf abgeben kann und mich vor allem nicht wie die „blogger-kollegen“ an „highlights“ und „trends“ halten muss, die man einfach im laden kaufen kann. meine highlights bestehen nämlich (quasi) aus bausätzen.

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felix schwenzel

felix schwenzel ist gründer des kraut- und rüben-blogs wirres.net. vor zwei jahren hat er begonnen funksteckdosen zu vernetzen und funksensoren zu bauen. auf der suche nach wegen seine vernetzten geräte zu automatisieren, stiess er auf home-assistant und verwaltet damit jetzt fast alle leuchten in seiner wohnung, um die 50 sensoren und gefühlt 600 automatisierungen.

vor einem jahr habe ich mit amazons alexa die freuden der sprachsteuerung entdeckt. meine wirklich grosse freude über funktionierende spracherkennung und die möglichkeit sowohl unsinn als auch sinnvolles per sprache zu steuern, wurde allerdings dadurch getrübt, dass es unglaublich viele restriktionen bei der anpassung an unsere bedürfnisse gab und gibt. weder ich noch die beifahrerin können uns die teils komplizierten, erforderlichen satzkonstruktionen merken („öffne bring und füge joghurt zur einkaufliste hinzu“). die mangelnde kontrolle, das nagende unwohlsein einen lauschsprecher in der küche zu haben, der alle möglichen daten und audioschnipsel in amazons silos speichert, hat schliesslich dazu geführt, dass ich mit snips experimentieren wollte.

das experiment stellte sich als arbeitsintensiv, aber für meine bedürfnisse besser geeignet als de amazon-cloud-lösung heraus. snips ist deshalb mein highlight des jahres 2018, weil ich endlich natürlich und personalisiert mit meinen vernetzten lichtern, aktoren und sensoren reden kann. um szenen zu aktivieren brauche ich nicht zu sagen „aktiviere entspannung“, sondern kann sätze sagen wie: „ich möchte fernsehen“ (dimmt das licht im aktuellen raum), „katia möchte im kinderzimmer lesen“ (aktiviert die szene „lesen“ im kinderzimmer), „katia möchte fernsehen“ (erkennt dass es sich um den raum „stube“ handelt und schaltet neben gedimmten licht auch gleich den fernseher ein). den „küchentisch“ kann ich beliebig dimmen (indem ich prozentzahlen sage, „hell“, „dunkel“, „heller“, „dunkler“ sage), farben anpassen („gelbweiss“, „blauweiss“, „tageslichtweiss“), aber auch alltagssätze wie „es ist zu dunkel“, „es ist dunkel wie im bärenarsch“ oder „katia ist da“ verändern das licht entsprechend (die beifahrerin möchte es in der küche immer hell haben, ich eher gedimmt, weshalb „katia ist da“ oder „katia ist wieder weg“ entsprechend die lichtstimmung steuern und das ganze mit blöden sprüchen komplettieren). vor allem kann ich die küchentischbeleuchtung auch „tisch“, „esstisch“ oder „deckenlampe“ nennen — und wäre ich lustig mir auch beliebig viele andere synonyme ausdenken.

ich kann den vorhang mit einfachen sätzen steuern („vorhang auf“, „vorhang schliessen“, „kannst du den vorhang auf machen?“), was mir mit alexa nur auf umwegen gelungen ist („schalte den vorhang ein“). wenn ich in der küche sage, dass das essen fertig sei, ruft snips die beifahrerin und dimmt das licht (mittelhell, so wie die beifahrerin es gerade noch aushält). timer und wecker kann ich nicht nur (wie mit alexa) auf zuruf stellen, sondern auch anzeigen. geräusche, umgebungsgeräusche (ambient sounds) kann ich mit sätzen wie „meeresrauschen im bad“ oder „pups mal im flur“ auf unsere audio-systeme schicken (musik steuern wir (momentan noch) lieber per mobiltelefon, wo spotify-connect sie dann auf ein paar raspberries oder einem yamaha verstärker in beliebigen räumen abspielt).

der vorteil von snips ist gleichzeitig der nachteil von snips: man muss/kann alles selbst machen. welche sätze snips versteht bestimme ich, nicht ein amazon-ingenieur. die arbeit die mir hunderte oder gar tausende amazon-ingenieure abnehmen, wenn ich einen echo-lauschsprecher nutze, muss ich zum grossen teil selbst erledigen. wobei snips einem da wirklich sehr viel arbeit abnimmt. und auch wenn snips noch nicht alle quellen ofengelegt hat, sind doch immerhin alle schnittstelen offen und dokumentiert und das basteln, das selber bauen, das tinkern und rumprobieren wird von den entwicklern und einer recht aktiven community unterstützt.

die sprachassistenten von amazon, apple oder google haben alle eine rudimentäre persönlichkeit. mit snips kann man die persönlichkeit seines assistenten selbst formen. wie er oder sie antwortet, auf was er oder sie wie reagiert, das alles habe ich mit snips selbst in der hand. das macht grossen spass.

und der lackmustest den jedes konsumentenfreundliche gerät bestehen sollte: snips lässt sich auch einfach abschalten.