besoffen rezensieren

felix schwenzel, , in wirres.net    

darf man das, ein buch rezensieren was man noch nicht ganz gelesen hat und das auch noch unter alkoholeinfluss? ich denke schon:

nie selten bin ich so gerne u-bahn gefahren wie eben; vom görlitzer bahnhof über das gleisdreieck zur schönhauser allee. ich hatte das blogs!-buch dabei und wäre fast bis zur endhaltestelle durchgefahren um weiter im buche lesen zu können. und wieder zurück. ich war nur zu müde.

das buch ist wunderbar, es funktioniert. es funktioniert nonlinear, es funktioniert linear. man kann es aufschlagen und einzelne einträge lesen, man kann es durchsurfenblättern, quer oder gerade, wie man mag. es funktioniert sogar im geschlossenen zustand, man hat ein gutes gefühl wenn es einem auf dem schoss liegt. vor allem funktioniert es aber weil es einem die lust am lesen, die lust am schreiben, die lust am text wiederschenkt. neidisch bin ich nicht nur, weil ich nicht an diesem buch beteiligt bin, sondern weil die paar texte die ich bis jetzt (wieder) gelesen habe so geil sind - und machen. dieses buch hat soviel mit dem internet zu tun wie berlin mit liebe. nämlich gar nichts und doch alles. ohne internet, ohne dieses blogdings wäre das buch viellicht nicht möglich gewesen, und doch ist es eine ganz klassische textsammlung von hervorragenden texten - und autoren - wie es sie seit der erfindung des buchdrucks gibt (oder geben sollte). internet hin. blogs her.

ich lese darin zum teil texte die ich schon online gelesen habe, aber sie wirken im buch anders. unmittelbarer, glaubhafter, sorgfältiger, gesetzter. ich weiss es nicht. die filmkritik von „punch-drunk love“ von anke gröner liess mich, als ich sie online las, die DVD ausleihen, als ich sie im buch las, trieb sie mir tränen in die augen; anke gröner skizziert den film nach und bewirft mich zärtlich mit der essenz, den ingredienzien des films, so dass mich der film, die bilder des films erneut bewegen, der film in der u-bahn wiederaufersteht.

von dirk hesse werden genau die texte aus dem archiv gezerrt die es sich dort besonders gemütlich gemacht hattten und von meiner oberflächlichen art weblogs (online) zu konsumieren nie mein auge erreicht hätten, allein „menschen, märkte, sensationen“ rechtfertigt den kauf des buches. ich könnte weiter lobhuddeln und hätte viele weitere gute gründe dafür, ich bin jetzt aber wirklich zu müde (und getrunken habe ich auch, merkt man das?) und freue mich aufs u-bahn fahren morgen.

eins noch. das buch sollte man sofort kaufen, lesen oder verschenken kann man es aber auch noch guten gewissens zu weihnachten, ja selbst zu weihnachten 2005 oder 2006, denn die texte sind stark genug diese zeit zu überdauern. sie sind nicht, wie man befürchten könnte, flüchtig, mit verfallsdatum oder aktualitätszwang versehen. das buch wird auch in 2 jahren noch ein gutes buch sein. respekt.

p.s.: gut riechen tuts auch, das buch.