elfenbeintümmler

felix schwenzel, , in wirres.net    

ich bin so müde. von diesen ganzen klugscheissern die nicht nur etwas meinen, sondern auch gleich mitbegründen warum man das so finden müsse. klar sind lesungen doof. man kann sich dort zu tode langweilen aber eben auch köstlich amüsieren. man kann sogar etwas lernen. menschen kennenlernen, unbekannte texte, unbekannte gesichter.

ganz besonders doof sind lesungen und öffentliche auftritte natürlich, wenn man eine gestörte psyche hat und über andere nur hinter ihrem rücken oder im eigenen blog lästern kann, aber nicht den mum hat seinen gegnern ins gesicht zu schauen und die in sein eigenes gesicht schauen zu lassen. wenn man meint, eine lesung böte keine möglichkeit zu kommentieren, weil man zu feige ist zu sprechen oder zwischenzurufen und sich nur traut verschämt im schutze der anonymität seine meinung zum besten zu geben. wenn man so ein soziophobes wrack ist und sich nicht unter leute traut, dann ist es klar, dass lesungen keinen mehrwert bieten, im gegenteil, gefahr bedeuten, die man natürlich unter allen umständen vermeiden muss. im elfenbeinturm lebt es sich deshalb so angenehhm, weil man eben nicht kommunizieren und streiten muss, man kann einfach rummeinen und das was einem nicht in den kram passt, einfach löschen und ignorieren.

ich hatte auch so meine phasen in dennen ich meinte frauen hätten keinen mehrwert und mich mit meinen pornos in meine kleine welt einschloss, wild wichsend, aber die kontrolle in der hand haltend. beim wichsen im elfenbeinturm passiert einem nichts, da wird einem nicht der spiralblock weggenommen, da passiert einem nichts überraschendes, da wird man einfach und sicher alt und klug. und redet dann auch so.

konzerte mag ich auch nicht, ich höre musik lieber im stillen kämmerlein, mit ner fernbedienung mit skip-funktion und lautstärkenreglung inner hand, aber immerhin habe ich es immer wieder probiert, ob an konzerten nicht doch was dran ist, hab mir viele konzerte angeschaut — und sie nicht selten doof und unbefriedigend gefunden. sich aber hinzustellen und von dingen die man noch nie erlebt hat zu sagen die böten ja keinen „mehrwert“, die seien für doofe, ist erbärmlich. diese wurst die sich nach dem mupppet-charakter „statler“ nennt, der ja bekanntlich in einem theater sitzt und den vortragenden ständig blöde kommentare um die ohren haut sitzt lieber in einem elfenbeinturm, mit deckadresse in barcelona, als in einem theater, konsumiert das leben lieber als konserve, als daran teilzunehmen. konfrontation lehnt er ab, weil man arg anspruchslos sein müsse um so etwas interessant zu finden, erblödet sich aber nicht, über jeden furz von don alphonso einen umfangreichen blogeintrag zu verfassen. ein klassischer, soziophober, feiger schreibtischtäter.

wenn man nie auf lesungen geht sieht man natürlich nicht, wie burnster pogo tanzt, verpasst den strudel von meks stimme und rollendem r, sieht niemals die tränen von frau frank, wenn sie liest und wird nie von der existenz eines irren namens „benjamin maak“ erfahren und ihn seine irren texte vorlesen hören (ich habe ihn freitag in hamburg auf der lesung der betrunkenen autoren gehört, irre, ein dutrchgeknalltes milchgesicht mit unglaublichen texten, hier ist ein anderer text von ihm), er wird nie von andreas münzners gebrochenen texten aus seinem eigenen munde erfahren, nie von einer frau namens johanna wack erfahren die aussieht wie eine frische abiturientin, aber die saftigsten texte die ich seit langem hörte verfasst. helge schneider liest so jemand ausschliesslich, ihn live zu sehen, wo helge schneider erst richtig abgeht, unterfordert seinen elfenbeingeschulten, liberalen autismus.

wer nichts riskiert, kann auch nix verlieren, wer nix sieht findet sein spiegelbild geil. sich als eine rampensau namens „statler“ zu verkleiden sollte so einem öden langweiler verboten werden.

(wobei statler natürlich auch lügt. natürlich guckt er sich vorlesungen an und hört sich vorträge an. aber dann ganz still und leise, unter einer kapuze, in der hintersten reihe. stumm.)