halbes vergessen

felix schwenzel, , in wirres.net    

ich glaube es war herr paulsen der vor ein paar jahren oder monaten mal die idee formulierte, dass alte artikel in seinem dings einfach verschwinden, sich in luft auflösen (leider finde ich den artikel nicht mehr hier ist der artikel). der hintergrund war, glaube ich, der gedanke, dass eine restaurantkritik nach einem jahr oder längerer lagerung im weblog-keller nicht nur an aktualität verliert, sondern auch an wahrheit. das was da steht, muss eigentlich gar nicht mehr stimmen, erscheint bei den suchmaschinen-ergebnissen aber genauso gewichtig wie aktuelles. das dilemma kenn jeder, der ins internet schreibt. man schreibt etwas, vergisst es nach wochen, monaten oder jahren, das geschriebene ist nicht mehr wirklich relevant oder wichtig, aber es liegt taufrisch, wie am ersten tag im archiv, dank suchmaschinen nur einen klick von jedem unbeteiligten oder vollhorst weit entfernt.

und jeder der ins internet schreibt hat wahrscheinlich auch schonmal erlebt, dass irgendwer der gerade das ego-googlen für sich entdeckt hat einen anschreibt und sagt: „machen sie das weg!“, „das stimmt nicht (mehr).“ oder „das ist rufschädigend“. plötzlich ist ein artikel, den seit jahren niemand mehr gelesen hat, für den sich kein mensch mehr interessiert wieder im fokus.

bis auf einen leichten trotzreflex hänge ich meist nicht an alten artikeln und entferne, korrigiere oder modifiziere sie, wenn es mir schlüssig erscheint. vor kurzem hab ich post von einem anwalt bekommen, dessen mandatin es schmerzen bereitet das bild einer werbe-anzeige auf der sie zu sehen ist im internet zu finden. ich habe kein problem damit, so ein bild zu löschen. kürzlich bekam ich post von einer agentin, deren klientin angeblich vor dem „internationalen durchbruch als schauspielern“ stehe und die in ein paar zitaten die ich vor fünf jahren aus der welt, dem spiegel, der bz und ein paar anderen blättern zusammentrug eine „rufschädigung“ ihrer klientin zu erkennen glaubte.

abgesehen davon dass die vorwürfe und die wortwahl von leuten die sich bei einem wegen solcher dinge melden, oft völlig absurd und abwegig sind, frage ich mich: wozu soll der olle scheiss überhaupt findbar, für jeden deppen zugänglich sein? „planetopia lügt“, hiess es mal vor ein paar jahren in allen möglichen blogs. wen interessiert das nach 3 jahren noch? stimmts überhaupt noch? ist die sendung immer noch so scheisse? sollte man das regelmässig nachprüfen?

nein, alte artikel automatisch zu löschen ist mir etwas zu radikal. schliesslich schreibe ich auch, um meinem löchrigen gedächnis auf die sprünge zu helfen, mich zu errinnern, was ich vor 5 jahren gedacht oder gemacht habe. aber muss das jeder können, in meinen erinnerungen, alten, oft überholten gedanken per kinderleicht zu bedienender suchmaschine stöbern? leute die meine art zu schreiben nicht verstehen, verstehen wollen oder können — wozu sollen die meine texte finden können?

ich glaube ich habe vor ein paar tagen eine idee gehabt, die eine lösung für dieses dilemma sein könnte: alle artikel die älter als zwei oder drei jahre sind, sperre ich mit einer meta name=“ROBOTS“ content=“NOINDEX“-anweisung vor der aufnahme in suchmaschinen. so sind die seiten noch vorhanden, links von anderen seiten funktionieren nach wie vor, die seiten sind aber nicht mehr ohne weiteres oder spezielles know-how zu finden.

man könnte so allerhand anwalts- und honk-post vermeiden (sicher nicht alles), verschwände aber nicht völlig vom suchmaschinen-radar, was ja, zumindest für aktuellere sachen, auch die wenigsten wollen. also ich zumindest nicht. oder hab ich irgendwas wichtges übersehen? kann man da auch völlig anders drüber denken?

[nachtrag 27.07.2008]
ich habe dank herrn paulsen hinweis den link zu seinem artikel nachgetragen und mittlerweile alle artikel die älter als drei jahre auf “noindex“ gesetzt. mal schaun ob und wann das durchschlägt.