der niedergang der zeitungen

felix schwenzel, , in wirres.net    

zeitungen werden nicht wegen dem internet oder der wirtschaftskrise oder wegen dem boulevardesquen schrott mit dem sie ihre leser langweilen untergehen. sie werden untergehen, weil sie — oder genauer ihre macher — ihre leser tief im inneren für dumm halten und ihnen das auf eine zwar verlogen-verdeckte art, aber doch mit einem colgate-lächeln direkt ins gesicht sagen.

sie schreiben ihren lesern briefe, auf denen aussen steht: „ihre meinung ist uns wichtig“ und innen ein als fragebogen getarntes abo-angebot steht. oder sie schicken all denen derer adressen sie habhaft werden konnten suggestiv formulierte emails, in denen steht, das man „ausgewählt“ wurde an einer wichtigen umfrage teilnehmen könne und dass man auch noch ein handy oder ein „reiseset“ geschenkt bekommen könnte. und auch das ist, bei genauerem lesen, wieder nichts anders als abo-werbung.

immer das gleiche motto: persönliche anrede, schmieriges, anbiederndes bild des chefredakteurs (samt unterschrift), ekliges anschleimen mit worten wie „wichtig“, „ausgewählter personenkreis“ oder gespielter wertschätzung, geschickte formulierungen, die vorteile oder geschenke suggerieren — alles um am ende nur ein abo zu verticken.

heute zum beispiel in meinem postfach:

Umfrage Financial Times Deutschland: Mitmachen und Probeabo mit 33% Preisvorteil sichern

nicht nur das grinsebacken-bild nervt, vor allem der unvollständige und fehlleitende satzbau:

Als Dankeschön bieten wir Ihnen die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND 6 Wochen lang mit 33% Ersparnis!

Zusätzlich schenken wir Ihnen ein LG KP100 CallYa Prepaid-Handy
oder ein 3-teiliges Reiseset.

klar erkennbar, dass es die geschenke nur mit abschluss des papier-abos gibt, ist es aus der formulierung nicht. is ja auch eigentlich nicht weiter schlimm, von gegelten vertrieblern und verkäufern an der haustür ist es ja bekannt, dass man deren angebote und versprechen mindestens eine nacht überschlafen sollte oder am besten mit einem anwalt besprechen sollte, dass sie einem vor dem kauf das blaue vom himmel vorschwärmen und danach nicht mehr zu sprechen sind.

nur warum gibt sich jemand für solche halbseidenen werbeversuche her, der sich journalist oder „chefredakteur“ nennt, ein beruf dem es — so dachte ich naiverweise lange — auf glaubwürdigkeit ankommt, darauf, dass die leser ihm vertrauen schenken? warum unterschreibt so jemand ein anschreiben, dass ganz offensichtlich auf die dummheit des lesers baut oder ihm zumindest falsche intentionen vorspielt (exklusivität, interesse, bereitschaft etwas zu verschenken)?

auch wenn ich pauschalisieren fast so scheisse finde wie anschleimen, manchmal habe ich den eindruck, dass journalisten noch verlogener sind als politiker und autopolitur-verkäufer.