joachim huber bellt das internet an

felix schwenzel, , in wirres.net    

muss man sich über solche artikel eigentlich noch aufregen? joachim huber, leiter des medienressorts des tagesspiegels nimmt das abschneiden der piratenpartei zum anlass, irgendwas über das internet zu schreiben. das ergebnis liest sich wie popel, so als ob sich huber einen ganzen nachmittag alles dessen er habhaft werden konnte aus der nase zog und aufschrob. und die popel aus hubers nase gleichen den ollen popeln die uns die zeit und der tagesspiegel in den letzten wochen versuchen aufzutischen ganz frappierend. hier meine lieblingspopel:

„Es gibt kein Menschenrecht auf kostenloses Internet.“
„[…] das Programm der Piratenpartei [ist] schmal: ein minimal reglementiertes Internet mit dem Recht auf kostenlose Downloads.“
„Der Urheber ist rechtlos in einem rechtsfreien Raum.“
„Was einmal produziert und bezahlt worden ist, darf immer wieder reproduziert und muss niemals bezahlt werden, sagt der Nutzer.“

nachdem ich den scheiss eben kostenlos in der tram auf meinem handy gelesen habe, hab ich mich tatsächlich geärgert. auf dem fussweg zu meinem ersten morgenkaffee hab ich mich dann gefragt, warum ich mich eigentlich über die selbstbewusst vorgetragene ahnungslosigkeit eines promovierten theaterwissenschaftlers aufregen soll. zumal die redaktion des tagesspiegels (oder deren spin-offs) es ja auch witzig findet eine magere topmodel-kandidatin fussball-zeug kommentieren zu lassen und manch einer in der redaktion es sicher auch auch witzig fände einen tennisspieler plattenkritiken schreiben zu lassen oder einen wissenschaftsredakteur mal dazu zu verdonnern in die oper zu gehen. soll der theaterwissenschaftler mal schön was zusammen-polemisieren, damit sich die „nutzer“ und „downloader“ oder „netz-piraten“ mal wieder so richtig aufregen.

also hab ich mich entschlossen mich nicht aufzuregen. man muss ja nicht auf jeder provokation antworten.

was mich aber wundert ist, dass huber hier behauptet, das internet sei ein rechtsfreier raum („Es herrscht das Regime des Nutzers. Wer klickt, hat recht, wer angeklickt, downgeloaded, kopiert wird, der hat Pech. Der Urheber ist rechtlos in einem rechtsfreien Raum.“). hier behauptet er aber das gegenteil: „Der Räuber geistigen oder jedweden anderen Eigentums wird auf der Erde, zu Wasser und in der Luft dafür belangt. Also auch im Netz.“ huch? doch kein rechtsfreier raum?

im dezember 2007 meint huber also, das internet „hat das Rechtsbewusstsein an einigen Stellen erodieren lassen“, im juni 2009 meint er der „nutzer“ fordere „kostenloses internet“ und das recht bezahlte inhalte „immer wieder“ zu reproduzieren und runterzuladen. ich wüsste ja mal gerne welche „nutzer“ das behaupten oder in welcher version des programms der piratenpartei das steht. und ich frage mich welche dieser „nutzer“ das wohl sind, die für die milliarden-dollar-umsätze im itunes music store verantwortlich sind (3,34 milliarden dollar umsatz in 2008), wer sind die „nutzer“ die geld ablatzen an xing, partnerbörsen, stayfriends und co und diesen firmen im internet satte gewinne beschweren? welcher „nutzer“ ist das eigentlich, der niemals bezahlen möchte? hat herr huber mal so einen gesprochen? ich kenne keinen.

ich kenne allerdings einige, die für den scheiss der manchmal im tagesspiegel steht nix bezahlen wollen.

[nachtrag 15.06.2009]

  • dieser artikel wurde ursprünglich am 10.06.2009 veröffentlich und hat sich für eine weile von dieser webseite entfernt. ich weiss nicht warum. jetzt isser wieder da, allerdings mit neuem veröffentlichungsdatum. technik!
  • mercedes bunz vom tagesspiegel online hat joachim huber im oder auf dem tagesspiegel geantwortet.