nochmal nachgedacht

felix schwenzel, , in wirres.net    

noch ein nachgedanke zu meinen leider etwas wirren erklärungsversuchen vor ein paar tagen, wie ich zu werbung stehe. ich sprach ja davon, dass man nicht umhin könne, eine gewisse haltung zur werbung die bei einem erscheint einzunehmen. jetzt plant spex mit einem italienischen nudelhersteller einen deal, bei dem der nudelhersteller spex eine tonne pasta für die kantine stellt und spex dem nudelhersteller für ein jahr einen platz im impressum gibt. „Ein Product-Placement in der Unabhängigkeitserklärung der Zeitschrift“, wie der chefredakteur max dax sagt:

Ganz klar: Die Aktion bringt [den Nudelhersteller] ins Gespräch und langfristig könnten wir uns zum Beispiel vorstellen, dass De Cecco mit seinen Michelin-Vertragsköchen das Catering bei unseren Berghain-Festivals übernimmt. Es war uns wichtig, einen Partner zu finden, der zu uns passt, aber branchenfremd ist. Unternehmen, mit denen wir im Heft zu tun haben, wären nicht in Frage gekommen, weil es uns ja gerade darum geht, den Stellenwert von Unabhängigkeit im Journalismus zu betonen und nicht diesen Wert aufzugeben. (taz)

den punkt mit dem brachenfremden hersteller finde ich wichtig. er erlaubt der spex eine glaubwürdige haltung zur nudelwerbung einzunehmen — und noch wichtiger: die spex steht zu dieser haltung.

und noch ein anderer nachgedanke. meine zugegebenermassen etwas „arschige“ übersetzung von nico lummas semi-privater, halbherzigen rechtfertigungsarie seiner arbeit bei scholz und freunden, ist heute von einem werbefuzzi kommentiert worden und mir sind dabei ein, zwei sachen aufgefallen. im kommentar schriebt „mainbube“ unter anderem:

Es gibt nun einmal die werbetreibende Industrie und weitere Zweige die sich mit der Monetarisierung von Medien beschäftigen. Wir können auch alle mit Kritik leben, aber bestimmte Dinge sollten auf einer fachlichen und sachlichen Ebene diskutiert werden. Deine Polemik ist das Gegenteil davon.

ich frage mich, warum man einer branche die zu weiten teilen mit psychologischen tricks, dem schüren von emotionen und eleganten (aber sich rechtlich stets sich am rande der legalität bewegenden) lügen arbeitet, warum man mit einer solchen branche ausschliesslich auf einer „fachlichen und sachlichen Ebene“ diskutieren sollte?

die werber kämpfen mit dem klappmesser, ziehen an den haaren und reizen die zielgruppe mit arsch und titten und photoshop unter der gürtellinie und wenn man solch ein rücksichtsloses, profitorientiertes und verantwortungsloses berserkertum kritisiert, soll man sich gefälligst zivilisiert und anständig verhalten?

natürlich funktioniert es, wenn man die lügen der branche sachlich kritisiert, wenn man auf die lüge „gesund“, „überdosis zucker“ antwortet, wenn man auf „günstig“ „verwirrend und teuer“ antwortet. es funktioniert, wenn man sachlich die lügen und die realität nebeneinander abbildet. teilweise ist sachlichkeit sogar ziemlich schockierend [via].

nur warum man beim versuch den eiertanz, die lügen und das zurechtbiegen der wirklichkeit der werber zu entlarven auf polemik und überzeichnung, von mir aus auch „arschigkeit“ verzichten soll, das ist mir wirklich nicht klar. aber vielleicht kann es mir ja jemand erklären. bevorzugt jemand der mit lügen sein geld verdient.