joachim huber fordert mehr ungerechtigkeit und willkür im internet

felix schwenzel, , in wirres.net    

joachim huber hat wieder irgendwas über das internet geschrieben. nachdem er im dezember 2007 feststellte, dass urheberrechtsverletzer „auf der Erde, zu Wasser, […] in der Luft“ und „im netz“ „belangt“ würden, stelte er im juni 2009 fest, dass das internet ein rechtsfreier raum sei. jetzt, im oktober 2009, findet er es „eine gute idee“, dass die neue regierung „gegen piraterie“ im internet vorgehen will, was die gesetzeslage laut 2007er-huber zwar schon lange erlaubt, den 2009er huber aber nicht weiter juckt.

joachim huber meint:

Der Begriff vom fremden geistigen Eigentum, der steht in Rede, soll gestärkt werden. Er bedeutet die Umkehrung einer gesellschaftlichen Mentalität.

weil weder ich noch (wahrscheinlich) irgendwer anders versteht, was er damit meint, bemüht huber eine sensationelle und entlarvende analogie:

Anders: Wenn in Deutschland die unrechtmäßige Mitnahme von kalt gewordenen Maultauschen ein Kündigungsgrund ist, dann kann das illegale Downloaden von kostenpflichtigen Maultaschenrezepten nicht übergangen werden.

huber fordert also, dass bagatell-delikte im internet übermässig hart und unnachgiebig bestraft werden, genauso wie das hin und wieder im offline-bereich geschieht. aber warum benutzt huber gerade eine kündigung als beispiel, die quer durch die gesellschaft „empörung“ und „verständnislosigkeit“ ausgelöst hat, die als „fatales signal“ wahrgenommen wird oder von den gewerkschaften als „schändlich“ bezeichnet wird? will sich huber wirklich dafür einsetzen, das im internet im grossen stile bagatell-delikte verfolgt werden? will er erreichen, dass künftig mehr als ungerecht und willkürlich empfundene urteile gefällt werden, insbesondere im zusammenhang mit dem internet? soll der download von urheberrechtlich geschützen dateien genauso drakonisch bestraft werden wie in hubers beispiel, nämlich mit dem entzug der wirtschaftlichen exitstenzgrundlage?

ich fürchte tatsächlich, dass huber das genauso meint und zwar vor allem in dem sinne, dass urheberrechtsfragen keinesfalls etwas sind, über das demokratisch entschieden oder diskutiert werden sollte. hier geht es um einzel- und eigeninteressen, da sollen mehrheiten, gesellschaftliche strömungen oder normale menschen nicht mitreden oder mitbestimmen.

huber möchte nicht wahrhaben, dass das konzept des angeblichen „geistigen eigentums“ in einer wissensgesellschaft ständigen transformationen und diskussionen ausgesetzt ist. das maultaschenbeispiel zeigt, dass huber sich durchaus bewusst ist, dass die verschärfung des urheberrechts, die einführung eines leistungsschutzrechts und die privilegierung von „werkvermittlern“ und deren ökonomischen interessen von den meisten menschen als überzogen, unfair, ungerecht und empörend empfunden werden wird. seine analogie illustriert das wunderbar. kann natürlich auch sein, dass sich huber aus versehen in den fuss analogiert geschossen hat.

[apropos maultaschen-kündigung: hier kann man nachlesen wie joachim huber seinen job nicht verlor.]