pluralis journalistis

felix schwenzel, , in wirres.net    

aus unerfindlichen gründen mögen journalisten nicht das wort „ich“ benutzen. faz-journalisten blasen ihr ich oft auf, indem sie statt „sagte mir“ die variante „sagte gegenüber dieser zeitung“ wählen. das soll sich wohl professionell und objektiv anhören.

manche journalisten (oder chefredakteure) meinen, dass ein „ich“ unschicklich, ein „wir“ aber voll OK sei. ich finde es hört sich vor allem überheblich und arrogant an. aber vielleicht ist ja auch genau das die intention. oder das „wir“ soll zum ausdruck bringen, dass der artikel keine einzelleistung, sondern eine teamleistung ist. so oder so, das journalisten-„wir“ wirkt gekünstelt und albern.

rainer ruthe hat dem journalisten-wir jetzt auch noch eine polygamie-komponente hinzugefügt. im autoteil des tagesspiegels am samstag schrob er:

Das Gepäckraumabdeckrollo schnappt auf Handdruck mit Getöse nach hinten. Der Ausbau der Rollokassette ist nichts für zarte Frauenhände. Wir haben es mit unserer Partnerin ausprobiert.

das hört sich so an, als habe die ganze redaktion „es“ mit seiner „partnerin“ ausprobiert — und gleichzeitig scheint auch die ganze redaktion mit ruthes partnerin verpartnert zu sein. was für ein absurder, trauriger satz: „Wir haben es mit unserer Partnerin ausprobiert.“

abgesehen davon ist „partnerin“ natürlich auch so ein wort. meine „partnerin“ haut mir auf den kopf, wenn ich das wort im zusammenhang mit ihr verwende. sie sagt, sie sei meine frau — auch als wir noch nicht verheiratet waren. und ich muss ihr zugestehen, sie hat recht.

wenn man sich das wort „partnerin“ auf der zunge zergehen lässt, bemerkt man, dass es einen ähnlichen nachgeschmack wie das wort „geschlechtsverkehr“ hat — es ist irgendwie korrekt, aber eben auch ziemlich daneben.

was ich mich noch frage, meinte rainer ruthe eigentlich folgendes?

Der Ausbau der Rollokassette ist nichts für motorisch Minderbemittelte. Ich habe es mit meiner Frau ausprobiert. Sie hats nicht geschnallt.