mediatheksehen

felix schwenzel, , in wirres.net    

ich habe die sendung vom sonntag von peter hahne in der 2DF-mediathek gesehen, weil sascha lobo sie mir empfohlen hat. thema bei peter hahne war diesmal die deutsche sprache und das es erschreckend sei, „was aus dem Deutsch von Goethe und Schiller geworden“ sei. peter hahne beklagte sich im eröffnungsmonolog bitterlich darüber, das die deutsche sprache von fiesen grosskonzernen wie der bahn, die ihr info-schalter „service point“ nennen, verhunzt würde. dass der grosskonzern 2DF seine sendung in eine mediathek statt ein sendungsarchiv stecken würde, ahnte er da natürlich noch nicht, weil er nicht so weit vorausdenken kann.

gäste waren bastian sick und sascha lobo, die beide für ihre neuen bücher warben und über die deutsche sprache sprachen. sascha lobo eröffnete wie immer seinen wortbeitrag mit einem witz über sich selbst, bzw. seine frisur, während bastian sick in der ganzen sendung keinen schimmer von selbstironie oder knuddeligkeit produzieren konnte.

trotzdem, so schlimm wie ich es mir vorgestellt hatte, war sick dann doch nicht. ein unerträglicher klugscheisser, klar, aber einer der mit der fähigkeit gesegnet ist, auch mal zu sascha lobos gar nicht mal sooo steilen thesen „ja stimmt“ zu sagen.

unerträglich altbacken und verstockt natürlich peter hahne, wobei seine unerträglichkeit wie ein katalysator für das gespräch wirkte. witzigerweise stellte peter hahne bastian sick und sascha lobo, obwohl sie beide eine spiegel-online kolumne füllen, nicht als spon-kollegen vor.

auch weils so schön kurz ist, sehr sehenswert.

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obwohl ich mir nach der ersten sendung von günther jauch geschworen hatte, nie mehr diesen müll anzusehen, sah ich mich gezwungen mir die sendung vom sonntag anzusehen, weil ich erfahren hatte, das michalis pantelouris als gast dabei gewesen sei und „ein paar kluge sachen“ gesagt hätte. das stimmt, rechtfertigt allerdings kaum eine ganze stunde dieses quatsch-formates anzusehen.

aber irgendwie, so unsympathisch mir alle anwesenden gäste (ausser michalis) waren (ursula von der leyen, gregor gysi, anja kohl und max otte, der eine andere meinung als alle anderen vertrat), gefiel mir die sendung. nach einer halben stunde legte günther jauch sogar seine stichwort-karten zur seite und wachte auf. er hat die karten leider nicht wie craig fergusson zerissen und hinter sich geworfen, warf sich aber tatsächlich in so was wie ein echtes gespräch. kurzzeitig, bis er sich wieder seine karten griff.

das eigenartige an der sendung war, dass es nicht mal den ansatz eines konsens oder eines gemeinsamen nenners gab und dass die sendung trotzdem — oder gerade deshalb — so befriedigend war. mehr noch, die argumente wurden von allen anwesenden irre überzeugend, differenziert und nachvollziehbar vorgetragen, ich konnte jedem einzelnen in seiner argumentation folgen und zustimmen — obwohl sie alle ziemlich unterschiedlicher meinung waren.

die ersten paar male als gregor gysi sprach, notierte ich mir: „gysi ist einer der letzten grosser rhetoriker“. als ursula von der leyen sprach, oh schreck, fand ich ihre differenziertheit und leicht übertriebene und pathetische emotionale argumentation auch überzeugend. patelouris sowieso. und selbst das was die zeitweise etwas biestig und altklug wirkende anja kohl sagte animierte mich hin und wieder zum nicken. sogar das, was der bräsig grinsnde max otte, der dafür war griechenland aus der EU dem euro-raum auszuschliessen, sagte, war nachvollziehbar und nickbar.

ich glaube der trick mit den talkshows ist der gleiche wie bei hollywood-filmen. ein happy end oder ein konsens sollte nicht das ziel sein, sowas macht uns faul und bequem. wenn der film oder die talkshow nur ein paar gute zitate, dialoge und argumente bringt, reicht das. der weg ist das ziel. nicht das ende. eine stunde lang, aber sehenswert.