risse am holocaust-denkmal

felix schwenzel, , in wirres.net    

offenbar haben fast alle stelen des holocaust denkmals risse. so stehts in der zeitung und der wikipedia. tatsächlich kann ich mich an die ersten diskussionen dazu bereits zwei jahre nach der eröffnung erinnern.

der geschäftsführer der holocaust-mahnmals-stiftung uwe neumärker sagte damals laut taz:

„Im Eisenman’schen Verständnis könnte man mit der Verwitterung leben“, sagt Neumärker. Die öffentliche Meinung indes tut sich damit schwer.

einige der stelen werden jetzt von stahlmanschetten zusammengehalten.

stelenmanschette aus stahl

ausser der öffentlichen meinung, scheint es keinen klaren grund zu geben, warum die manschetten angebracht wurden. peter eisenman, der architekt des stelenfeldes, findet sie jedenfalls nicht gut und geht vor allem nicht davon aus, dass „die Situation“ gefährlich sei.

ich sehe das eigentlich wie vor sieben jahren: warum soll am stelenfeld nicht auch der zahn der zeit nagen? eigentlich altert beton ja durchaus in würde. er ist, soweit ich weiss, durchgefärbt und die stelen sind massiv, also durch und durch aus armiertem beton gebaut. das heisst theoretisch, dass wegen der armierung nur kleinere stücke rausbrechen können.

welche gewalt man anwenden muss, um grössere stücke aus armiertem beton rauszubrechen, konnte man wunderbar beim abriss des palast der republik oder einem anderen stelenfeld sehen.

westwall

CC-BY-3.0, peter tritthart

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[nachtrag]
in der wikipedia steht:

Die Stelen sind hohl, um die Herstellungskosten und das Gewicht gering zu halten. Ihre Wandstärke beträgt rund 15 cm. Außerdem wurde bei Stelen, die bis zwei Meter hoch sind, im Vertrauen auf die gewählte Betonrezeptur auf eine innere Stahlbewehrung verzichtet.

das hört sich in meinen ohren nicht besonders klug an. bei einer bauweise ohne armierung könnten einige stelen dann wohl doch auseinanderbrechen (statt nur zu bröckeln). irre.
[nachtrag ende]

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einer der wenigen sprüche die ich mir aus der materialkunde beim architekturstudium gemerkt habe, ist der von materialien die in würde altern und solchen die es nicht tun. massivholz ist da mein lieblingsbeispiel. ein massivholztisch sieht auch nach ein, zwei schlägen mit einer axt noch gut aus, ein furnierter spanplattentisch oder ein LACK-tisch von ikea, der im prizip aus lackierter pappe besteht, sieht danach nicht mehr würdevoll aus.

deshalb finde ich, dass man das stelenfeld — oder zumindest den beton — seinem schicksal überlassen sollte. ich finde die intakten stelen zwar auch wunderschön, die scharfen kanten, die glatte oberfläche, aber genauso schön finde ich die risse.

riss und reparatur an einer stele

auf dem bild sieht man auch wie hilflos und naiv die gut gemeinten reparaturversuche aussehen. abgesehen davon vermute ich übrigens auch, dass verwitterungsbeständige stelen aus beton ein ding der unmöglichkeit sind. um zu verhindern dass wasser in den beton eindringt — und dann bei frost sprengt — müsste man die stelen mit kunstharz oder lack überziehen, den man dann aber auch regelmässig erneuern müsste. das wäre bestimmt nicht im sinne des erfinders.

was ich übrigens viel schlimmer als rissige stelen oder hilflose stelenmanschetten aus stahl finde, sind details wie dieses am eingang zum besucherzentrum.

platiskkisten am eingang zum besucherzentrum

sowas haben wir früher „geschenke an den architekten“ genannt und ich bin sicher, peter eisenman würde implodieren, wenn er die blaue plastikkiste dort sehen würde.