TTIP
felix schwenzel, , in wirres.net
spiegel.de: Freihandelsabkommen TTIP: BDI räumt falsche Angaben ein #
die wirtschaftverbände und die regierung lobbyieren gerade massiv für TTIP. das geplante handelsabkommen ist stark umstritten und auf beiden seiten, den befürwortern und den gegnern, wird aus meiner sicht nicht immer besonders sauber argumentiert. beide seiten versuchen ängste zu erzeugen, die einen vor dem niedergang der europäischen wirtschaft falls das abkommen nicht kommt, die anderen vor der demokratieapokalypse falls es kommen sollte.
was mir bisher bei all der berichterstattung über TTIP nicht gelingen will, ist mir eine einigermassen ausgewogene meinung zu bilden. eine art faktencheck, eine gegenüberstellung der positionen der befürworter und der gegner und ihrer argumente. die berichterstattung in den medien die mir bisher zu gesicht gekommen ist, beschränkt sich meistens darauf zu wiederholen was diese oder jene partei über TTIP gesagt hat oder meint. es mangelt auch nicht an verfahrenskritik: die verhandlungen finden hinter geschlossenen türen statt und offenbar haben industrievertreter besseren zugang zu den unterhändlern und inhalten als parlamentarier, NGOs oder TTIP-gegner.
was fehlt ist eine bewertung der konkreten vorhaben, der studien dazu und die einschätzung von neutralen experten. in dem oben verlinkten text geht es ja darum, dass der BDI falsch aus einer studie zitiert hat. worum es nicht geht: wie verlässlich sind die zahlen in der studie eigentlich? wer hat die studie erstellt? auf basis welcher daten?
bei der südeutschen zeitung beschäftigte sich die redaktion monatelang mit geleakten steuerunterlagen um am ende herauszufinden, was ohnehin schon jeder weiss: viele unternehmen sparen steuern indem sie elaborierte steuersparmodelle am rande der legalität errichten. aber welche redaktion hat sich bisher in dieser ausführlichkeit mit den TTIP vorhaben und unterlagen (die bekannt sind) auseinandergesetzt? habe ich da was verpasst?
oder nochmal andersrum gefragt: wenn die gesetzgeber in europa es nicht schaffen steuergesetze so zu gestalten und zu formulieren, dass unternehmen nicht mehr ohne weiteres der besteuerung ihrer profite aus dem weg gehen können, welche lücken, schlupflöcher werden sie in TTIP einbauen? ob diese lücken nun absichtsvoll eingebaut werden oder weil unsere vertreter von intelligenteren verhandlungspartnern oder lobbyisten über den tisch gezogen werden ist eher sekundär. die frage wäre doch eher: kann überhaupt jemand die folgen von TTIP und den dort vereinbarten regeln einschätzen?
(sorry für den postillon-link oben)
carta.info: TTIP: „Konzerne gewinnen an Macht“ #
einen ansatz für einigermassen ausgewogene TTIP-berichterstattung verfolgt offenbar carta. dieses kurze interview mit dem kanadische juraprofessor gus van harten ist zwar nicht ausgewogen, sondern, wie alle einzel-interviews zu einem thema, eher meinungslastig, aber carta hat offenbar vor mit mitteln der rudolf augstein stiftung aus diesem thema eine längere reihe zu machen. bisher ist neben dem interview mit van harten noch ein weiterer (linkreicher) artikel von eric bonse erschienen, der die grundkonstellation zu TTIP ganz gut erklärt: „TTIP: Freihandel oder Demokratie“
als krautreporter-mitglied, bzw. unterstützer frage ich mich natürlich: und die krautreporter? machen die auch was zu TTIP? bisher konnte ich dazu auf krautreporter.de noch nichts finden (was aber auch an der website-technik liegen kann) und alexander von streit hat meine frage danach noch nicht beantwortet.
youtube.com: Last Week Tonight with John Oliver: Tobacco (HBO) #
john oliver hat sich in dieser sendung mit den praktiken von tabak-konzernen beschäftigt. auch wenn mir john olivers präsentation mittlerweile etwas zu bemüht vorkommt, ist das was er hier zeigt (mal wieder) ziemlich gut recherchiert. denn er zeigt welche methoden milliardenschwere, internationale konzerne bereits jetzt anwenden, um ihren investitionsschutz und ihre markenrechte durchzusetzen: sie biegen sich die wahrheit zurecht und drohen rücksichtslos kleinen und grossen staaten, tricksen am rande des anstands — und das mit allen mitteln die ihnen zur verfügung stehen. in diesem licht erscheint der durch TTIP angestrebte „investitionsschutz durch schiedsgerichte“ (ISDS) umso absurder. wenn konzerne staaten vor intransparenten, geschlossenen schiedsgerichten verklagen können, ist zu befürchten, dass das ähnlich absurde folgen haben wird, wie das was john oliver zeigt.
oder wie gus van harten mahnt:
Es findet ein Transfer von Souveränität statt – zu Lasten der Staaten, zugunsten der Konzerne.