gehören selfies ins blog?

felix schwenzel, , in wirres.net    

damals™

daniel peter hat meinen vortrag auf der nebenan bei den netzpiloten zusammengefasst:

Zu Beginn seines Vortrags, räumt Felix Schwenzel gleich ein, dass der gewählte Titel eigentlich totaler Quatsch sei, da er im Rahmen seines Vortrags eigentlich zeigen möchte, warum das Indiweb seiner Meinung nach die Zukunft ist.

besonders hat mir die stelle gefallen, in der er über meine kleine demonstration schreibt, von der ich dachte, dass jeder der sie sieht laut aha rufen würde:

Für Leute die nicht gerade tief in der [Indieweb-] Materie stecken, ist es in dieser kurzen Zeit so gut wie unmöglich, einen Durchblick zu erlangen.

Als Beispiel für die guten Aspekte der Plattformen, macht Schwenzel ein Selfie und postet es auf Instagram. Durch eine Funktion wird der Post anschließend sowohl bei Facebook, als auch auf Twitter geteilt. Allerdings passiert das Ganze so schnell, dass man weder versteht wie es funktioniert, noch worin der Sinn bzw. der Bedarf dahinter liegt. [link von mir hinzugefügt]

gute frage, auch wenn er vergessen hat den entscheidenden punkt zu erwähnen: der selfie landete hier im blog.

ich hol mal aus. als flickr vor vielen, vielen jahren neu war, war das der total heisse scheiss. 2006 hatte ich eine presseakkreditierung für die bambi-verleihung (danach wurde ich witzigerweise nie wieder eingeladen) und habe zwei akku-ladungen lang am roten teppich gestanden und sehr viel mit meinem nokia n70 fotografiert — und die bilder zu flickr geladen. das ging damals per e-mail und fühlte sich damals ultramodern und super benutzerfreundlich an. gebloggt hbe ich auch von der veranstaltung (mehrere „live“-artikel und einen nachgeschobenes fazit, ich verlinke aber nur diesen hier), aber ein grossteil der bilder wanderte ausschliesslich auf flickr. als flickr ein paar jahre später an yahoo verkauft wurde und vor allem wegen dumpfbackiger management-entscheidungen unerträglich, unsexy und unvereinbar mit meinem gewissen wurde, habe ich mein flickr-konto gelöscht.

die bilder konnte man damals zwar mit ein paar tricks und scripten sichern (runterladen), aber der grossteil meiner bilder verschwand damit aus dem netz. irgendwo habe ich die sicherung bestimmt noch als archiv auf einer meiner festplatten und ein paar sind auch noch in meinem blog, nämlich genau die, die ich verbloggt habe. alle anderen sind aber de-fakto weg.

war die kontolöschung bei flickr damals meine eigene entscheidung, gibt es auch einige beispiele von web-diensten die abgeschaltet oder umgewidmet wurden. erinnert sich noch jemand an studiVZ? uboot? geocities? myspace? twitpic? oder gar watchberlin? es ist ein mythos, dass das internet nicht vergisst. so vieles was ich auf anderen seiten als meinem blog gepostet habe, ist verschwunden oder nicht mehr auffindbar.

selbst bei diensten denen es gut geht, von facebook, über instagram oder twitter, sind meine inhalte keineswegs sicher. sollte sich facebook — aus welchen gründen auch immer — entscheiden dass ich gegen deren richtlinien verstossen hätte, könnten sie mich von einem tag auf den anderen sperren oder rausschmeissen. instagram und facebook sind dafür bekannt inhalte die ihnen nicht in den kram passen zu löschen. alle meine mühsam mit metadaten, bildunterschriften oder blöden witzchen versehenen bilder (oder texte) in diesen privatsilos, könnten von einem tag auf den anderen mit alles likes oder benutzerkommentaren verschwunden sein — wenn facebook das wollte. deshalb versuche ich spätestens seit dem flickr-desaster alles was mir wichtig ist auch auf meinem blog zu posten — und erst dann auf twitter, facebook oder sonstwo. das funktioniert natürlich nicht immer.

essensbilder? unwichtig, fand ich noch vor ein paar monaten, und stellte sie ausschliesslich auf facebook ein. wenn ich aber ein bestimmtes rezept suche, werde ich meistens nur dann fündig, wenn ich mir die mühe gemacht habe das rezept zu bloggen. suchen und finden auf facebook oder instagram? ha! twitter hatte jahrelang nur eine völlig verkorkste suchfunktion (die von flickr hingegen war immer schon ganz gut, aber was nützt einem das, wenn man seine bilder gelöscht hat?

und das ist der grund, warum ich von der möglichkeit ein instagrambild mit sämtlichen metadaten, automatisch auf mein blog zu syndizieren begeistert bin. auf instagram mag das bild sein publikum und likes finden, auf meinem blog findet es seine heimat (sorry für den pathos). und wenn das bild erstmal bei mir im blog ist, kann ich machen was ich will damit: es per RSS weiterverteilen, es zu facebook und twitter weitersyndizieren, wenn ich wollte auch zu flickr und wenn google es wollte, auch zu googleplus.

bei twitter tauchen die bilder auch gleich unterm tweet auf, ohne dass der geneigte betrachter sich erst zu instagram durchklicken müsste oder einen spezielle twitter-app nutzen müsste, die das instagram direkt unter dem tweet anzeigt.

das bedeutet für mich kontrolle über meine eigenen daten: nicht dass ich den daten restriktionen anlegen wollte, sondern dass ich mit meinen daten machen kann was ich will — und sie im zweifelsfall auch wiederfinden kann.

dass unter den instragram-bildern, die ich auf mein blog gezogen habe, auch die kommentare, likes oder retweets anderer erscheinen (beispiel) finde ich in diesem zusammenhang auch folgerichtig, auch wenn das genaugenommen gar nicht meine daten sind. aber weil ich diese daten auch kontrolliere, kann ich sie, bei bedarf, auch (selektiv) ausblenden, löschen oder anders präsentieren.

* * *

das schöne ist aber auch, dass ich theoretisch auch stille artikel (oder bilder) veröffentlichen kann, die nur auf meinem blog erscheinen. ben werdmüller hat das kürzlich so formuliert:

One reason to publish on the web is to make a name for yourself, and create an audience for your content or services. But that's not the only reason, or even the best one. I think structured self-reflection is more valuable - with or without feedback.

We've been trained to worry about audience and analytics for our posts. How many people read a piece about X vs a piece about Y? Is it better to post at 2pm on a Thursday or 10pm on a Sunday? Which demographic segments are most interested?

That's fine and dandy if you're a brand, but not all of us need to be brands. Not every piece of content needs to be a performance. If we unduly worry about audience, we run the risk of diluting our work in order to appeal to a perceived segment. Sometimes the audience is you, and that's enough.

nochmal: die kontrolle habe ich. ich kann machen was ich will. und im moment will ich vor allem eins: das blog zuerst, aber auf die reichweite der netzwerke, die möglichkeit menschen ausserhalb meiner filterblase zu erreichen, möchte ich (momentan) nicht verzichten. ausser manchmal.