better call saul s02e01 (switch)

felix schwenzel, , in gesehen    

better call saul s02

eine ganze folge in der fast nichts passiert und trotzdem habe ich mich keine sekunde gelangeweilt. ich habe mich eben, als ich die erste folge better call saul der zweiten staffel gesehen habe, dabei beobachtet, dass ich versuche auf jedes noch so kleine detail zu achten. jahreslanges ansehen von vince-gilligan-serien hat mich offensichtlich darauf trainert, das genau so zu machen. das spannende an dieser erzählweise ist, dass die einführung in die handlung mehr fragen aufwirft, als sie beantwortet. normalerweise ist das andersrum: am anfang von serien werden die figuren vorgestellt, und spätestens am ende der ersten folge, hat man eine vorstellung davon, was in ihrem köpfen vorgeht, wie sie ticken, was sie im rahmen der serie (oder des films) für ziele verfolgen und wer ihr gegner sein wird.

nach 47 minuten better call saul hat man nichts als ahnungen was passieren könnte oder wem etwas zustossen könnte — mehr nicht.

es ist offensichtlich, dass jimmy mcgill (alias saul goodman) in der gegenwart, die ausschliesslich schwarz/weiss gezeichnet ist, vor irgendetwas oder irgendwem auf der flucht ist — aber das wurde auch schon in der ersten folge der ersten staffel angedeutet — und dann die ganze staffel über nicht mehr thematisiert. genauso offensichtlich ist es, dass jimmy mcgill die fähigkeit hat, leute zu überraschen und ständig schwer nachvollziehbare entscheidungen zu treffen. im laufe der folge konnte man dem gesicht von jimmy mcgill mehrfach entnehmen, dass er einen einschneidenden einfall hatte, der sein leben verändern würde — aber genauso oft konnte man seinem gesicht dann weniger später wieder die totale ratlosigkeit ansehen, mit der er sich in der welt bewegt. ganz besonders schön wurde diese planlosigkeit am ende der folge illustriert, als jimmy mcgill sich nicht davon abbringen konnte einen schalter, auf dem stand „do not turn off“, auszuschalten. dieser lichtschalter symbolisiert — ganz offensichtlich — jimmy mcgills herangehensweise ans leben.

„Do NOT turn OFF!“

das kann man alles furchtbar langweilig finden oder, auf eine sehr spezielle art, spannend. ich würde sagar so weit gehen und behaupten, dass gilligan das publikum mit seiner extrem ruhigen erzählart vor sich her treibt. mich zumindest. die kleine miniatur am anfang der folge, die vor-blende in die gegenwart, zeigt das exemplarisch. es passiert gerade so viel, dass die handlung eigentlich in einen tweet passen würde — und doch erzählt die fast sechs minuten lange szene viel mehr. interessanterweise fand die beifahrerin diese erste szene „genial“, den rest hingegen langweilig. dabei ist die ganze folge exakt wie diese erste szene gestrickt: wir sehen ausschnitte aus einer handlung, die sich in den nächsten paar folgen (wahrscheinlich) zu einer grösseren geschichte zusammensetzen werden — aber wir sehen nie das ganze bild. wir wissen nie wo wir dran sind, die gezeigten fragmente sind (noch) undurchschaubar. und weil das so wunderbar ruhig und detailiert erzählt wird, schaue ich es mir völlig ungelangweilt und begeistert an.

ich gehe davon aus, dass das tempo in den nächsten folgen anziehen wird, aber wenn das tempo genau so bleibt, wäre ich auch zufrieden.

(auf netflix gesehen)

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alle weiteren besprechungen der folgen der zweiten staffel von better call saul: