spotlight

felix schwenzel, , in gesehen    

spotlight

ich habe einen fehler gemacht. ich habe, bevor ich diese rezension geschrieben habe, eine andere gelesen. die von dominik bruns, auf coffeeandtv. mir bleibt jetzt nichts anderes übrig, als mich der kritik von dominik bruns vollumfänglich anzuschliessen, ausser, natürlich, beim eingebetteten, deutsch synchronisierten trailer.

spotlight ist ein überlanger spielfilm, der ruhig und unaufgeregt die geschichte um die aufdeckung der systematischen vertuschung von missbrauchsfällen in und um die katholische kirche in boston nacherzählt. dieser wikipedia-artikel fasst die geschichte relativ gut und erschütternd zusammen. statt des films, kann man also — wie immer — auch den wikipedia-artikel lesen. was wirklich angenehm an spotlight ist, ist die unaufgeregtheit, mit der die geschichte erzählt wird und dass die macher sich vor den typischen hollywood-fallen hüten. dominik bruns:

Das Script umschifft dabei erfreulicherweise diverse typische Hollywood-Fallen. Viele Drehbuchschreiber wären sicherlich der Versuchung erlegen, das Team auf weniger Leute runter zu brechen — und denen idealerweise noch eine Lovestory anzudichten. Stattdessen wird „Spotlight“ schon fast eher zu einem Ensemble-Film, der sehr viele Charaktere unter einen Hut bekommt. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum niemand aus dem Cast eine Oscar-Nominierung für eine Hauptrolle erhalten hat, weil diese eher schwierig auszumachen ist.

Das Drehbuch bleibt über die guten zwei Stunden Laufzeit strikt fokussiert, kaum wird auf Nebenkriegsschauplätze wie die Finanzierungssituation des Investivativ-Teams eingegangen.
Regisseur Tom McCarthy inszeniert im Dienste des faktenlastigen Script ohne großen Pomp. Eine der intensivsten Momente des Films zeigt schlicht drei Leute, die um ein Telefon versammelt sitzen. Optisch alles andere als bombastisch, hat dieser Moment doch gewaltige Schlagkraft, weil sich hier die schiere Größe des Skandals entfaltet.

was den reiz des films ausmacht ist unter anderem auch, dass man darin ein paar leute sieht die einfach ihre arbeit sorgfältig und gewissenhaft machen. nicht nur zu einer zeit, in der offensichtliche vollspacken und merkbefreite idioten politische ämter anstreben und und teilweise auch schon besetzen, ist das im kern die triebfeder vieler hollywood-produktionen. als kontrast zur wahrgenommenen wirklichkeit, ist es offenbar ein vergnügen oder entspannend, wenigstens in film oder fernsehen, menschen zu sehen, die wissen was sie tun und die sich bemühen, ihrem gewissen zu folgen. ich scheue mich ein wenig das wort „exzellenz“ zu benutzen, weil es sich so neoliberal anhört. aber im prinzip geht es auch in jedem superhelden-film genau darum. superhelden haben nicht nur spezialbegabungen (exzellenz), sondern wenden sie in der regel auch für den versuch an, die welt ein bisschen besser zu machen.

unsere (gefühlte) lebenswirklichkeit sieht anders aus. hochbegabte kreative verschwenden ihre fähigkeiten in werbeagenturen, um andere leute zum kauf zu manipulieren. begabte programmierer verschwenden ihre besten jahre um mauern um datensilos und filterblasen zu verstärken oder erpressungssoftware zu schreiben. tausende hochbegabte ingenieure tüfteln an technlogien, um verbrennungsmotoren zu bauen oder prüfverfahren auszuhebeln. talentierte journalisten und autoren verwenden ihr ganze ernergie darauf, clickbaits möglichst manipulativ zu formulieren oder suchmaschinenoptimiert zu schreiben. wenn wir, statt uns in unseren frustrierenden filterblasen umzuschauen, in denen nichts richtig zu funktionieren scheint und die angeblich besten manager deutschlands es noch nichtmal schaffen einen flughafen zu bauen, wenn wir dann also einen film sehen, in dem die menschen etwas auf die reihe bekommen, wenn wir menschen sehen, die talentiert sind und gleichzeitig versuchen eine beule ins universum zu schlagen, dann schöpfen wir hoffnung.

dieses prinzip war und ist der treibstoff für serien wie star-trek oder serien wie the last ship oder JAG. auf den ersten blick wirken, zumindest die beiden zuletzt genannten serien, wie amerikanischer hurra-patriotismus, aber eigentlich sollen sie zeigen, dass auch in bürokratischen oder verknöcherten, streng hierarchischen systemen, exzellenz und moralisches handeln möglich sind.

und genau danach sehnen wir uns. wir sehnen uns nach menschen, die es, trotz aller widrigkeiten im system, schaffen gute arbeit abzuliefern, die fleissig sind, begabt und vor allem moralisch gefestigt. solche menschen in film und fersehen zu betrachten macht uns spass und erleichtert uns den alltag zu ertragen, der uns (vermeintlich) täglich das gegenteil beweist. und wenn das, wie bei spotlight, unaufgeregt inszeniert ist und gleichzeitig mit dem eingeständis verbunden ist, dass auch die scheinbaren helden nicht frei von fehlern sind, dann macht das besonders viel spass und hoffnung.

mit den letzten drei absätzen habe ich meine interpretation von spotlight jetzt eigentlich etwas überdehnt und überfrachtet. spotlight will einfach nur eine geschichte erzählen, die zeigt, dass man mit fleiss, geduld und einem klaren ziel vor augen, auch unerfreulche ereignisse zu einem relativ frohen ende führen kann. schade ist allerdings, dass solche geschichten stets in der vergangenheit oder fernen zukunft spielen. die gegenwart ist für solche aufmunternden geschichten einfach zu kompliziert.