ansichtssache perspective daily

felix schwenzel, , in artikel    

perspective daily

von perspective daily (PD) habe ich zuerst bei schulz und böhmermann gehört, als nora schirner dort davon schwärmte und das projekt als „ganzheitlichen journalismus“ beschrieb. was ganzheitlicher journalismus sein solle verstand ich damals nicht und verstehe ich auch heute nicht, aber immerhin fand ich das wort auf der selbstbeschreibungsseite von perspective daily nicht. so richtig klar, was perspective daily machen will, wurde mir auch beim durchlesen der seite nicht. dort steht jetzt (und vermutlich auch schon vor zwei monaten, als ich zuerst dort war):

Wir wollen Nachrichten anders machen:
Artikel mit Blick nach vorn, die nicht nur über Probleme sprechen, sondern auch fragen: Wie kann es besser werden?

wie das, was man vorhat, konkret aussehen könnte, kann man meiner meinung nach am besten zeigen, wenn man es macht, statt es nur anzukündigen — und dankenswerterweise, hat perspective daily am 7. märz diesen beispieltext von der mitgründerin maren urner online gestellt:

Ignorieren wir Probleme oder ignorieren wir Fortschritte?

der text ist OK und relativ konkret, aber immer noch ziemlich stark durchzogen von der idee, was perspective daily machen will, statt zu zeigen, wie perspective daily sein wird. ja, ich glaube auch, dass wir positiven, konstruktiven journalismus gebrauchen können, dass wir zu wenig augenmerk auf die positiven entwicklungen werfen, dass wir uns mehr gedanken um probleme, als um lösungen machen.

um ein projekt zu unterstützen, schadet es natürlich nichts über die intentionen zu erfahren. aber besser finde ich es immer, nicht nur die intentionen erkennen zu können, sondern auch (möglichst viele) konkrete arbeitsproben zu sehen. ich sehe einen unterschied zwischen werbung für etwas machen und werbung mit etwas machen, im technologiesektor ist das der unterschied zwischen dampfware und einem konkreten produkt.

ich schliesse in der regel kein jahresabo auf basis von eigenwerbung ab, sondern schaue mir das produkt (das heft, die zeitung, den streaming-service) erstmal genau an, bevor ich mich auf ein längerfristiges engagement einlasse. bei den krautreportern war das (etwas) einfacher, da gab es neben dem unterstützenswerten ziel, namen auf der autorenliste, die ich kannte und schätze. ich konnte mir zumindest vorstellen, was mich in einem jahr krautreporter erwarten würde (konnte ich natürlich nicht, der überraschungseffekt war grösser als der erwartungseffekt).

auf der autorenliste von perspective daily finden sich ein name, den ich kenne und schätze, raúl krauthausen. es findet sich auch ein name, den ich kenne und nicht schätze, eckart von hirschhausen. eckhart von hirschhausen ist zwar ein „Künstler, der sich ausschließlich über sein berufliches Wirken definiert“, aber ich kann sein berufliches wirken nicht leiden. apropos berufliches wirken, dass ich nicht leiden kann mit dem ich nichts anfangen kann. klaas heufer-umlauf als testimonial finde ich weder witzig noch konstruktiv.

und wo ich gerade dabei bin zu mäkeln, nach allem was ich auf perspective-daily.de gelesen und verstanden habe, wird perspective daily die artikel hinter einer mitgliederwand verschwinden lassen und es zahlenden mitgliedern erlauben, diese „mit interessierten“ zu teilen. so ganz schlau wird man aus dem FAQ nicht:

Für wen sind die Inhalte von Perspective Daily zugänglich?

Unsere Inhalte sind in erster Linie für unsere Mitglieder zugänglich. Sie haben Zugriff auf alle Beiträge, die Kommentarfunktion und weitere Funktionen von Perspective Daily. Die Erfahrung aus anderen Projekten zeigt, dass dies gerade im Kommentarbereich die Diskussionskultur positiv beeinflusst. Einzelne Beiträge können auch an Nicht-Mitglieder weitergegeben werden: Durch Kopieren des Weblinks eines Artikels können Mitglieder und Autoren diesen via E-Mail oder Soziale Netzwerke an Interessierte weiterleiten. Dieses System hat sich beim niederländischen De Correspondent sehr bewährt und stößt auch bei den Mitgliedern auf große Resonanz.

auch wenn es perspective daily in den letzten monaten dreimal geschafft hat, meine aufmerksamkeit zu erregen (tschirner bei schulz und böhmermann, minihype um das video mit klaas heufer-umlauf und jetzt der funding-endspurt mit entsprechender medienpräsenz), hat mich perspective daily nicht überzeugen können. alles zu vage, zu luftig oder unverständlich. monatelanges crowdfunding und trommeln, aber nur ein konkretes arbeitsbeispiel, das aber eigentlich auch eher ein letter of intent ist. aber vor ein paar tagen funkte mich johannes „sankt“ korten an, den ich sehr schätzte, und liess mich wissen, dass er die „macher_innen persönlich“ kenne und sehr schätze. deshalb, nicht wegen der irritierenden und für mich grösstenteils unverständlichen eigenwerbung, unterstütze ich perspective daily für ein jahr (für €42).

das crowdfunding läuft noch 3 tage, also bis zum ostermontag. noch fehlen ungefähr 1000 mitglieder, um das ziel von 12tausend zahlenden mitgliedern zu erreichen. hier kann man mitglied werden.