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felix schwenzel

sehr le­sens­wer­ter ar­ti­kel von jens wein­reich über die fi­nan­zie­rung von jour­na­lis­mus und jens wein­reich. ich weiss zwar nicht ob jens wein­reich ein­ver­stan­den ist, wenn ich den ar­ti­kel wie folgt zu­sam­men­damp­fe, aber ich glau­be es könn­te pas­sen:

er hat das ge­fühl, dass er mehr von sei­nen le­sern zu­rück­be­kommt und dass es dem ar­ti­kel bes­ser tut, wenn er ihn in sei­nem blog ver­öf­fent­licht, als bei ei­ner zei­tung oder ei­nem por­tal wie spie­gel-on­line. und auch wenn es so aus­sieht, als ver­schen­ke er sei­ne ar­beit oder ver­sen­ke sie in ei­nem end­los tie­fen brun­nen, sieht er das blog­gen als den (fast) ein­zi­gen weg, jour­na­lis­mus zu be­trei­ben, weil er ein­fach viel mehr zu­rück­be­kommt, als auf dem her­kömm­li­chen weg. mit ei­nem ent­schei­den­den un­ter­schied: die fi­nan­zie­rung lässt sich so nicht ohne wei­te­res si­chern. nur beim print ist das nicht an­ders:

Zu­dem, sei­en wir ehr­lich, das ist oft ge­nug be­schrie­ben, man schaue sich nur hier um, die Um­sät­ze frei­er Jour­na­lis­ten nä­hern sich ra­sant der Null­mar­ke, vor al­lem im Print­ge­schäft, je­der weiß das.

ob die lö­sung der fi­nan­zie­rungs­fra­ge nun in wer­bung, flattr, kas­hingle, spen­den, stif­tun­gen oder ganz wo­an­ders liegt, kön­nen der­zeit we­der jens wein­reich, noch sa­scha lobo, chris­toph kee­se, ich oder sonst­wer be­ant­wor­ten. ob­wohl, ich für mei­nen teil habe eine vor­läu­fi­ge lö­sung ge­fun­den. ne­ben den 20-40 euro, die ich für ge­druck­ten jour­na­lis­mus im mo­nat un­ge­fähr aus­ge­be, wer­de ich künf­tig min­des­tens 20-30 euro im mo­nat per flattr für nicht ge­druck­ten jour­na­lis­mus aus­ge­ben.

dass ich in den letz­ten bei­den mo­na­ten über flattr mehr ein­ge­nom­men habe als ich aus­ge­ge­ben habe, ist ein net­ter ne­ben­ef­fekt, der aber nach mei­ner ein­schät­zung kei­nen be­stand ha­ben muss (und wird). ich wer­de es si­cher nicht schaf­fen, je­den mo­nat 4-5 ar­ti­kel zu schrei­ben die so kräf­tig ge­ret­weetet wer­den (oder so viel auf­merk­sam­keit er­zeu­gen kön­nen), dass eine nen­nens­wer­te um­wand­lung von auf­merk­sam­keit in flat­trs (oder wer­be­ein­nah­men) statt­fin­den wird. ab­ge­se­hen da­von, dass ich mich auch durch ei­nen voll­zeit-job ge­gen­fi­nan­zie­re und mit dem schrei­ben kein geld ver­die­nen muss.

aber, wie ich schon ein paar mal ge­sagt habe, ich sehe in flattr we­ni­ger die mög­lich­keit geld ein­zu­neh­men (was trotz­dem ein net­ter ne­ben­ef­fekt ist), son­dern als die der­zeit bes­te und sinn­volls­te mög­lich­keit gu­ten jour­na­lis­mus zu be­loh­nen und (mit) zu fi­nan­zie­ren. und mit „jour­na­lis­mus“ mei­ne ich kei­nes­falls nur das was jour­na­lis­ten pro­du­zie­ren, son­dern das was mir an ge­schrie­be­nen tex­ten un­ter­kommt und von de­nen ich ler­ne, die mich un­ter­hal­ten, auf neue sicht­wei­sen brin­gen, zu neu­en er­kennt­nis­sen oder auf den letz­ten stand brin­gen. oder wie jens wein­reich „jour­na­lis­mus“ auf eine wei­se be­schreibt, dass ich das wort erst­mals seit lan­ger zeit nicht als ar­ro­gan­ten oder ver­zwei­fel­ten ver­such der ab­gren­zung ver­ste­he:

Jour­na­lis­mus heißt für mich: Dia­log. Dis­ku­tie­ren. Ler­nen. Ver­net­zen. Feh­ler ein­ge­ste­hen und kor­ri­gie­ren. Quel­len of­fen­le­gen, so­lan­ge nicht Quel­len­schutz ge­währ­leis­tet wer­den muss, weil Hin­weis­ge­ber sonst Pro­ble­me be­kom­men. Jour­na­lis­mus heißt für mich: Wis­sen wei­ter­ge­ben. Ver­lin­ken. Do­ku­men­te zur Dis­kus­si­on stel­len. Ein­ord­nen. Er­klä­ren. Ana­ly­sie­ren. Kom­men­tie­ren. Be­rich­ten. Re­cher­chie­ren. Dran­blei­ben. Bei­ßen. Oder es we­nigs­tens ver­su­chen.
Jour­na­lis­mus heißt: Den Ar­beits­pro­zess trans­pa­rent ge­stal­ten. Den Le­ser/Hö­rer/Zu­schau­er/Dis­kus­si­ons­part­ner/Ex­per­ten mit neh­men auf die Rei­se und im­mer auch er­klä­ren, wie ein Pro­dukt ent­stan­den ist. Ich lie­be und lebe das.
Es heißt auch, mit ei­ner Fach­kom­pe­tenz, die man sich er­ar­bei­ten kann, den Lot­sen zu spie­len, den Mo­de­ra­to­ren.

mit die­ser de­fi­ni­ti­on von jour­na­lis­mus, wür­de ich mich tat­säch­lich auch nicht mehr be­lei­digt füh­len, nann­te mich mal wie­der je­mand „jour­na­list“. wis­sen, er­fah­run­gen, er­kennt­nis­se wei­ter­ge­ben, un­ter­hal­ten, be­rich­ten, ein­ord­nen, es ver­su­chen, sich pla­gen. das sind die din­ge, die ich auch als mei­ne ma­xi­men für das was ich hier tue be­schrei­ben wür­de. mit dem er­klä­ren und mo­de­rie­ren und der fach­kom­pe­tenz ha­perts bei mir noch ein biss­chen — und des­halb wür­de ich mich auch nach die­ser de­fi­ni­ti­on wei­ter­hin nicht „jour­na­list“ nen­nen.

was ich aber ei­gent­lich sa­gen woll­te: war­um re­den alle dar­über, ob und wie man mit flattr oder kas­hingle geld ver­die­nen kann und nicht dar­über was für eine gross­ar­ti­ge, ein­fa­che, ge­rech­te und ziel­ge­rich­te­te mög­lich­keit flattr ist, um gu­ter ar­beit an­er­ken­nung zu schen­ken? oder kurz ge­sagt: geht hin und flat­tert, heu­te vor al­lem jens wein­reich.


aprops jour­na­lis­mus. frank schmie­chen kann man nicht flat­tern, wür­de ich auch nicht tun, aber nach­dem ich ihn heu­te beim bo­cki­gen zu­rück­ru­dern be­ob­ach­tet habe, hab ich ihm spon­tan für sei­nen schluss­satz ei­nen tweet ge­schenkt.


sor­ry für die be­scheu­er­te über­schrift.