faire nutzung

felix schwenzel

die schwei­zer zei­tung der bund, schreibt in ei­nem info-kas­ten zu die­sem ar­ti­kel un­ter an­de­rem:

Aufgrund der unklaren Rechtslage ist es in der Medienbranche jedoch Standard, dass Fotografen für ihre Bilder entschädigt werden, unabhängig davon, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt oder nicht.

von der über­schrift des ar­ti­kels, „SVP kämpft mit ge­stoh­le­nem Bild ge­gen Chao­ten“, könn­te man auch dar­auf schlies­sen, dass ein teil der re­dak­ti­on des bun­des der mei­nung ist, dass die un­li­zen­sier­te nut­zung ei­nes bil­des dieb­stahl ist. ich sehe das aus ver­schie­de­nen grün­den an­ders und hal­te be­grif­fe wie dieb­stahl oder ei­gen­tum im zu­sam­men­hang mit im­ma­te­ri­el­len gü­tern für kampf­be­grif­fe (mehr dazu wei­ter un­ten).

trotz­dem fin­de ich, soll­te man sich an sei­nen ei­ge­nen wor­ten mes­sen las­sen.

die­se mes­sung fiel beim bund sehr ent­täu­schend aus.

vor vier wo­chen ent­deck­te die bei­fah­rein auf ei­ner sei­te des bund ein foto das sie vor 5 jah­ren auf­ge­nom­men und ver­öf­fent­licht hat­te. das foto war we­der mit ei­nem hin­weis auf die ur­he­be­rin, noch mit ei­nem link auf die quel­le ver­öf­fent­lich wor­den. aus­ser­dem wur­de in das bild noch das logo des fuss­ball­blogs der zei­tung mon­tiert.

weil ich neu­gie­rig war, wie der bund die­se bild­nut­zung mit den stan­dards der me­di­en­bran­che, von de­nen er sei­ne re­dak­teu­re schwa­dro­nie­ren lässt, in ein­klang brin­gen möch­te, schrieb ich ei­nen mit­tel­freund­li­chen brief:

Von: felix schwenzel
Gesendet: Montag, 17. Februar 2014 23:08
An: Redaktion
Cc: Katia Kelm
Betreff: ungefragte bildnutzung und gratismenatlität beim „zum runden leder“

hallo,

auf einem ihrer blogs nutzen sie ein bild meiner frau katia kelm zur illustration eines ihrer beiträge http://blog.derbund.ch/zumrundenleder/blog/2011/10/03/bedenkliche-blogger/
http://katiakelm.de/blog/2009/06/14/arbeitsplatzinferno/

das bild wurde beim „zumrundenleder“ ungefragt, ohne quellenhinweis und ohne link zur quelle seit 2011 genutzt. zudem wurde das logo des fussballblogs hineinegphotoshopped. irritierenderweise steht unter dem artikel vollmundig: „© Tamedia AG 2010 Alle Rechte vorbehalten“

ich wollte mal fragen ob das in ihrem haus üblich ist, fotos aus dem internet einfach zu nutzen, ohne den urheber davon in kenntnis zu setzen und das eigene copyright drunter zu flanschen oder ob sie sich an die standards der medienbranche halten, von denen sie in einem ihrer artikel schwadronieren:

http://www.derbund.ch/bern/nachrichten/SVP-kaempft-mit-gestohlenem-Bild-gegen-Chaoten/story/24431630

Aufgrund der unklaren Rechtslage ist es in der Medienbranche jedoch Standard, dass Fotografen für ihre Bilder entschädigt werden, unabhängig davon, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt oder nicht.

im impressum der seite seite meiner frau stehen die nutzungsbedingungen eigentlich unmissverständlich:

http://katiakelm.de/impressum/

Die Fotos sind von verschiedenen Leuten gemacht worden. Von wem steht in den jeweiligen Einträgen. Für die meisten bin ich Inhaberin des Urheberrechts, für diese gilt: bei Namensnennung und Verlinkung meiner Seite dürfen sie die Bilder gerne kopieren und verbreiten. Es darf sich dabei allerdings nicht um einen kommerziellen Zweck handeln und die Bilder dürfen nicht verändert werden.
Bilder deren Urheberrecht ich nicht habe sind im Text gekennzeichnet. Die dürfen sie nicht kopieren.

soweit ich erkennen kann, verfolgt ihr verlag durchaus kommerzielle ziele, sie verstossen also eindeutig gegen die eigentlich recht liberalen nutzungsbedingungen die meine frau für ihre bilder vergibt.

wir würden uns sehr darüber freuen, wenn sie uns die frage beantworten würden, ob sie sich an die standards der medienbranche halten wollen, oder ausnahmen davon machen, wenn keine gegenwehr zu erwarten ist.

ich bin kein freund davon, die unberechtigte nutzung von urheberrechtlich geschützten werken als „diebstahl“ zu bezeichnen, aber witzigerweise sehen sie oder teile ihrer redaktion das offenbar anders, wie sie hier nachlesen können:
http://www.derbund.ch/bern/nachrichten/SVP-kaempft-mit-gestohlenem-Bild-gegen-Chaoten/story/24431630

gruss, felix schwenzel und katia kelm

in­ter­es­sant fand ich, dass in der ant­wort, die ei­nen tag spä­ter an­kam, nicht mit ei­nem wort auf das voll­mun­di­ge ver­spre­chen ein­ge­gan­gen wur­de, dass fo­to­gra­fen von ver­la­gen die sich an me­di­en­stan­dards hal­ten stets „für ihre Bil­der ent­schä­digt“ wür­den:

Sehr geehrter Herr Schwenzel,

Besten Dank für Ihr Mail. Ich möchte mich bei Ihnen und bei Ihrer Frau für die Urheberrechtsverletzung entschuldigen, die so natürlich nie hätte stattfinden dürfen. Dieses Vorgehen ist in unserem Medienhaus selbstverständlich nicht üblich, und ich werde alles veranlassen, damit dies auch in unseren Blogs, die zum grossen Teil auf freiwilliger Basis geschrieben werden, so gehandhabt wird.

Gerne werde ich die Löschung des Beitragbildes veranlassen, und möchte mich noch einmal nachdrücklich bei Ihnen entschuldigen.

auch heu­te, knapp vier wo­chen nach der an­kün­di­gung al­les mög­li­che zu ver­an­las­sen, ist das bild noch on­line. mir und der bei­fah­re­rin ist das ei­gent­lich ziem­lich egal, aber es zeigt doch ziem­lich deut­lich, was man von den äus­se­run­gen, be­teue­run­gen und he­ren grund­sät­zen von re­dak­tio­nen, re­dak­teu­ren und ver­la­gen hal­ten kann: zum gros­sen teil sind das lee­re, be­deu­tungs­lo­se wort­hül­sen, die kläg­lich am all­tag schei­tern.


es ist na­tür­lich kom­pli­ziert. im in­ter­net kann ei­nen nicht nur die nicht li­zen­sier­te bild­nut­zung, son­dern theo­re­tisch auch schon das ein­bet­ten von you­tube-vi­de­os, tweets oder an­de­ren in­hal­ten in ur­he­ber­rechts­fal­len tap­pen las­sen. das pos­ten von links auf face­book führt fast im­mer dazu, dass sich face­book ein vor­schau­bild von der ver­link­ten sei­te holt und mal klein, mal grös­ser auf der ei­ge­nen face­book­sei­te an­zeigt. selbst ein so ele­men­ta­rer be­stand­teil des di­gi­ta­len le­bens wie das ver­lin­ken von web­sei­ten, liegt in ei­nem für lai­en völ­lig un­durch­schau­ba­ren rechts­ge­strüpp. noch kom­pli­zier­ter wirds wenn man die­se vor­schau­bil­der selbst, von apps oder an­de­ren web­diens­ten aus­wer­ten lässt. nur ein bei­spiel: die ak­tu­el­le top­mel­dung auf spie­gel.de zeigt ein bild der DPA. die­ses bild wird im quell­text der sei­te auch als open graph bild an­ge­bo­ten:

da­mit bie­tet spie­gel.de das bild der DPA ex­pli­zit für die ver­wen­dung in so­zia­len netz­wer­ken an. diens­te wie twit­ter, pi­ne­rest, goog­le-plus und ei­ni­ge an­de­re wer­ten die­se in­for­ma­ti­on teil­wei­se eben­falls aus und nut­zen die­se vor­schau­bil­der. die rechts­la­ge da­für ist völ­lig un­ge­klärt, wie man auch beim bei­spiel spie­gel sieht. ei­ner­seits sagt spie­gel on­line „nehmt die­ses vor­schau­bild!“, an­de­rer­seits sagt spie­gel on­line klipp und klar:

SPIEGEL ONLINE arbeitet mit den allgemeinen Bildagenturen zusammen und kauft Bilder nur für das eigene Angebot. Die Rechte der Fotos bleiben bei den Bildagenturen und können nicht an Dritte übertragen werden. Bitte wenden Sie sich an die entsprechende Presse- oder Bildagentur, die unten rechts in der Ecke des Fotos genannt wird.

das in­ter­net ist ein ur­he­ber­recht­li­ches mi­nen­feld. mein per­sön­li­cher weg da­durch ist zu­min­dest zu ver­su­chen fair zu sein. schon klar, das ist ein sehr dehn­ba­rer be­griff. ei­ner­seits kann je­der mei­ne bil­der und tex­te nut­zen und än­dern, auch kom­mer­zi­ell, wenn er mei­nen na­men nennt und das neue werk un­ter der glei­chen li­zenz ver­öf­fent­licht (li­zenz ist im fuss der sei­te ver­linkt). an­de­rer­seits ver­su­che ich bei nut­zung frem­der wer­ke bild­quel­len im­mer zu nen­nen und, wo nö­tig, die li­zenz an­zu­ge­ben. bei ur­he­bern (fo­to­gra­fen, zeich­nern) ver­su­che ich mög­lichst im­mer di­rekt nach­zu­fra­gen ob ich das bild nut­zen darf (bis­her ist die­se fra­ge nie mit nein be­ant­wor­tet wor­den). wenn ich mir un­klar über die li­zenz oder den ur­he­ber bin, ver­su­che ich ei­nen teaser zu bau­en, der nicht das gan­ze bild zeigt und aufs ori­gi­nal ver­weist.

aber so­gar selbst fo­to­gra­fier­te bil­der ber­gen ur­he­ber­recht­li­che pro­ble­me: ein foto kann kunst ent­hal­ten, für de­ren ab­bil­dung man der vg bild-kunst ge­büh­ren zah­len müss­te. per­so­nen ab­zu­bil­den birgt noch mehr po­ten­zi­el­le pro­ble­me.

ja, es ist kom­pli­ziert, aber ich glau­be (ich wie­der­ho­le mich, ich weiss) ent­schei­dend ist im­mer ab­zu­wä­gen und zu ver­su­chen sich fair zu ver­hal­ten. wie heisst fair ei­gent­lich auf schwei­ze­risch?


[nach­trag 17.03.2014, 15:50 h]
die drei sei­ten mit dem blog­bei­trag (eins, zwei, drei) mit dem ent­spre­chen­den bild sind jetzt ge­löscht, bzw. 404. vom ver­lag oder dem ent­schul­di­gungs­re­dak­teur ha­ben wir bis jetzt nichts neu­es ge­hört.