du bist destruktiv

felix schwenzel

mi­cha­el traut­mann ist ei­ner der mit­in­itia­to­ren der kam­pa­gne „du bist deutsch­land“ für die die wer­be­wirt­schaft an­geb­lich 30 mil­lio­nen euro sprin­gen lässt, auf ho­no­ra­re ver­zich­tet und 30 mil­lio­nä­re pro­mi­nen­te ein ma­ni­fest vor­spre­chen lässt, das wie die gan­ze ak­ti­on „gute lau­ne ma­chen“ und „das land vor­an­brin­gen“ soll.

mi­cha­el traut­mann fin­det web­logs sei­en „im­mer de­struk­tiv“. das sagt er weil ein paar men­schen (die auch auch web­logs füh­ren) die ak­ti­on „du bist deutsch­land“ kri­ti­sie­ren, par­odie­ren, sich dar­über lus­tig ma­chen oder ein­fach fra­gen stel­len und dis­ku­tie­ren. mi­cha­el traut­mann hat da­mit ge­rech­net, mit der detruk­ti­vi­tät der web­logs. weil die ja im­mer de­struk­tiv sind.

aber was wäre denn eine „kon­struk­ti­ve“, an­ge­mes­se­ne re­ak­ti­on? das ma­ni­fest nach­zu­plap­pern („du bist die hand!“, „du stehst mit dem rü­cken zur wand“)? auf die flas­his­ti­ge, text­gi­fi­ge und bar­rie­re­vol­le web­sei­te lin­ken? kom­men­tar­los fres­sen und schwei­gen? dan­kes­brie­fe ver­fas­sen? mei­ne adress­da­ten, mein foto und ei­nen spruch auf der web­sei­te hin­ter­las­sen? wäre das „kon­struk­tiv“?

der wer­ber mi­cha­el traut­mann traut sich auf sei­ner web­sei­te noch nicht et­was zu sa­gen. des­halb könn­te man mal eben bei den kol­le­gen von jung und matt nach­gu­cken, was denn so die leit­sät­ze der mit­in­itia­to­ren der ak­ti­on sind:

* wir glauben an die kraft von kommunikation (kommunikation ist ein starker arm und seine kreativität sein muskel)
* wir kommunizieren auf augenhöhe (wir betrachten auftraggeber nicht als vorgesetze, lieferanten nicht als untergebene und konsumenten nicht als manipulierbare masse, sondern alle als partner)

so so. auf au­gen­hö­he kom­mu­ni­zie­ren (sprich do­zie­ren, denn an dia­log, dis­kus­si­on be­steht ja of­fen­bar kein be­darf) und wenn das ge­gen­über nicht nickt, mit dem knüp­pel drauf­schla­gen. des­halb ist au­gen­hö­he wich­tig, da trifft man mit dem knüp­pel bes­ser.

na gut. es ist nicht über­ra­schend, dass die wer­be­bran­che ver­lo­gen und bi­gott ist. aus­ser­dem wich­sen wer­ber, ge­nau wie die meis­ten blog­ger, vor dem spie­gel aufs ei­ge­ne spie­gel­bild, weil sie sich selbst so geil fin­den.

trotz­dem.

was will die ak­ti­on denn kon­struk­ti­ves er­ri­chen? mehr mö­gig­keit für deutsch­land? na­tio­nal­stolz? po­si­ti­ves den­ken? deutsch­land gei­ler fin­den? mir er­schliesst sich die ziel­set­zung nicht ganz. ich sehe nicht all­zu­viel sinn dar­in sich für über­be­grif­fe oder abs­trak­te ideen zu eu­pho­ri­sie­ren. soll ich mich hin­stel­len und sa­gen: „ich fin­de die lie­be eine ganz tol­le sa­che. ich bin stolz auf die lie­be.“ meis­ten ist die eu­pho­rie, die freu­de überf die lie­be an ganz kon­kre­te er­eig­nis­se ge­knüpft. so sehe ich das auch mit der abs­trak­ten idee der na­ti­on. es gibt vie­les was mir an die­sem land ge­fällt. aber ei­nen blan­ko­scheck stel­le ich grund­sätz­lich nicht aus. nennt man das „de­struk­tiv“? wann wird das wohl „staats­feind­lich“ nicht mit­zu­ju­beln und mö­gig zu sein?

apro­pos kon­kre­te er­eig­nis­se und stim­mungs­auf­hel­lung. ei­ner der in­itia­to­ren der „du bist deutsch­land“ ak­ti­on zur be­en­di­gung des pro­le­ta­ri­schen jam­merns und ver­meh­rung der schrö­d­eu­pho­rie, die sie­mens ag (bzw. ihr auf­sichts­rat­vor­sit­zen­der), kün­dig­te zur stim­mungs­auf­hel­lung ei­nen tag nach der bun­des­tags­wahl den ab­bau von 10000 ar­beits­plät­zen an. eine an­de­re­re an­ti­jam­mer­ak­ti­on kam eine wo­che nach der wahl, als vw den „kos­ten­po­ker“ um neue mo­del­le zu­spitz­te und 1000 ar­beits­plät­ze zur dis­po­si­ti­on stelll­te. mer­ce­des woll­te dem nicht nach­ste­hen und teil­te eine wo­che nach der wahl mit, 8000 ar­beits­plät­ze ab­bau­en zu wol­len.

ohne die kon­struk­ti­ve ak­ti­on der „in­itia­ti­ve in­no­va­tio­nen für deutsch­land“ hät­ten wir das alle rich­tig scheis­se ge­fun­den. jetzt rei­chen wir uns die hän­de und fin­den deutsch­land wie­der toll.