wos4.2

felix schwenzel

nach dem 20 uhr pa­nel mit dem sau­blö­den ti­tel „in­for­ma­ti­on free­dom ru­les“ war ich ziem­lich voll. un­er­war­tet und schon lan­ge nicht mehr er­fah­ren, voll mit eu­pho­rie. und mit me­than­ver­bin­dun­gen. letz­te­re wa­ren der grund war­um ich mich nach den vor­trä­gen nach draus­sen setz­te und mir die an­schlies­sen­de dis­kus­si­on schenk­te. aber die vor­trä­ge, ins­be­son­de­re der von yochai ben­kler hat­ten mei­ne auf­nah­me­fä­hig­keit eh bis ans li­mit er­schöpft.

der vor­trag von ris­hab ayer ghosh mit sei­nen „coo­king pots“ war sehr ein­leuch­tend und in sei­ner ein­fach­heit fast in­fan­til und doch bei­na­he ge­ni­al. kurz, im in­ter­net ge­ben blog­ger, open-source pro­gram­mie­rer, kul­tur­schaf­fen­de und ähn­li­che ihre ar­beit nicht ein­fach um­sonst weg, sie tau­schen — und fast alle glau­ben mehr von der ge­mein­schaft zu pro­fi­tie­ren als sie ihr ge­ben. schön wa­ren ins­be­son­de­re die zeich­nun­gen von ghosh, ich ver­mu­te er hat sie alle mit dem mund ge­zeich­net.

hal r. va­ri­an hat nicht nur den vor­na­men von hal fa­ber, son­dern auch die lie­be zu sich selbst und sei­ner ver­gan­gen­heit. sein vor­trag be­stand aus ei­nem rück­blick auf ein zehn jah­re al­tes buch von ihm („[ama­zon-wer­be­link] in­for­ma­ti­on ru­les“). er be­trieb ein biss­chen selbst­kri­tik und ein biss­chen ei­gen­lob und war nicht ganz so lang­wei­lig wie hal fa­ber und mehr als zu­stim­mend ni­cken konn­te man wäh­rend des vor­tra­ges auch nicht; der mann sag­te nix fal­sches und man­ches sehr rich­ti­ges.

nach dem also auf der büh­ne ein smar­ter in­der und pro­to­typ des ame­ri­ka­ni­schen wis­sen­schaft­lers stan­den schien als drit­ter ein en­ga­gier­ter um­welt­schüt­zer mit zu­ge­wach­se­nem ge­sicht auf die büh­ne zu kom­men. yochai ben­kler ist aber ju­rist, bzw. lehrt an der yale law school. huch. ein öko-ju­rist? wäh­rend sei­nes vor­tra­ges der auch haupt­säch­lich auf ei­nem buch von ihm ba­sier­te („the wealth of net­works“) wur­de ich dann, wie er­wähnt, leicht eu­pho­risch und frag­te mich ob er dass durch eine per­fi­de tech­nik mit der er mei­ne vor­stel­lun­gen und vor­ur­tei­le von netz­wer­ken ge­schickt be­stä­tig­te oder ob an dem was er sag­te wirk­lich et­was dran sei.

er sprach von zwei ar­ten wie in­for­ma­tio­nen in netz­wer­ken ent­ste­hen. ei­ner­seits auf ei­ner „com­mons“-ba­sis, also kol­la­bo­ra­tiv, wie bei der wi­ki­pe­dia und per „peer pro­duc­tion“ also von ein­zel­nen, wie blog­gern. die­se me­cha­nis­men hät­ten mitt­ler­wei­le eine enor­me he­bel­kraft ent­wi­ckelt und wich­ti­ger noch, be­wie­sen, dass sie funk­tio­nier­ten. als bei­spie­le nann­te er die open source soft­ware apa­che, die ab­so­lu­ter markt­füh­rer bei web­ser­ver tech­no­lo­gie sei und da­mit be­wei­se, dass open source nicht nur zu­ver­läs­sig und be­last­bar funk­tio­nie­re, son­dern auch kom­mer­zi­el­le pro­duk­te über­flü­geln kön­ne. eben­so hät­te wi­ki­pe­dia be­wie­sen, dass kol­la­bo­ra­ti­ve, nicht hier­ar­chi­sche in­for­ma­ti­ons­samm­lung funk­tio­nie­ren kann. wer hät­te vor 5 jah­ren ge­dacht, als jim­my wales an­fing, dass das an­ge­se­he­ne wis­sen­schafts­ma­ga­zin „na­tu­re“ die wi­ki­pe­dia auf eine stu­fe mit der en­zy­klo­pe­die bri­ta­ni­ca stel­len wür­de und von bei­den beh­haup­ten wür­de, dass sie bei na­tur­wis­sen­schaft­li­chen the­men „crap­py“ work ab­lie­fern wür­den? eben nie­mand.

in der „peer­pro­duc­tion“, mein­te ben­kler wür­den sich fol­gen­de me­cha­nis­men ab­zeich­nen: es bil­den sich „com­mu­ni­ties“, die re­le­vanz, die in­for­ma­tio­nen wür­den „self sel­ec­ted“ und nicht von ir­gend­ei­ner hö­he­ren in­stanz aus­ge­wählt, es fän­den me­cha­nis­men der „trust con­s­truc­tion“, „norm crea­ti­on“ und stän­dig ver­bes­ser­te „trans­pa­ren­cy“ statt. „mo­ni­to­ring“ durch „peer re­view“ wür­de eta­bliert und vor al­lem funk­tio­nie­ren. statt kraft der ei­ge­nen au­to­ri­tät din­ge zu be­haup­ten, wür­de eher das mot­to „see for yours­elf“ vor­herr­schen, eben trans­pa­renz und ver­lin­kung im sin­ne of­fe­ner quel­len. das al­les füh­re zu qua­si selbst­or­ga­ni­sie­ren­der dis­zi­plin und „fair­ness“. und noch ein schö­ner satz der im lau­fe des vor­tra­ges fiel: „stuff will flow out of con­nec­ted peo­p­le“. wenn man ben­kler sich in rage re­den hört, glaubt man tat­säch­lich, dass die­ses gan­ze in­ter­net­dings, die ver­net­zung, das blog­dings, und die­se gan­zen din­ge die sich da mo­men­tan tun un­ge­heu­res po­ten­zi­al be­sit­zen, bzw. schon lan­ge ent­fal­tet ha­ben. ein we­nig eso­te­ri­sche stim­mung kam zu­ge­ge­be­ner­mas­sen ne­ben der eu­pho­rie auf, aber das mit den netz­wer­ken, das mei­ne ich mal beim the­ma neu­ro­na­le net­ze ge­lernt zu ha­ben, ist halt uns li­ne­ar und se­quen­ti­ell den­ken­den we­sen auch schwer vor­stell­bar. nur, es gibt le­ben­di­ge be­wei­se (im in­ter­net) zu be­stau­nen. na­tür­lich schränk­te auch ben­kler ein, dass jetzt nicht plötz­lich je­der ein be­gan­de­ter pam­phlet-schrei­ber wer­den wür­de (sie­he auch die 99% schrott the­se von von blu­men­cro­nen­spon), aber die ver­net­zen men­schen sei­en eben auch nicht alle in­tel­lek­tu­el­le lem­min­ge. sein buch (oben schon kurz ver­linkt) „the wealth of net­works“ steht üb­ri­gens un­ter ei­ner crea­ti­ve com­mons li­zenz frei ver­füg­bar im netz („aus­dru­cken!“).