rinder, brot, spiele und unterschriften

felix schwenzel

be­mer­kens­wert was in den letz­ten ta­gen so pas­siert ist. da stellt ein du­bio­ser lob­by-ver­ein eine um­fra­ge vor, de­ren er­geb­nis­se fol­gen­der­mas­sen zu­sam­men­ge­fasst wer­den: „92 Pro­zent für In­ter­net­sper­ren ge­gen Kin­der­por­no­gra­phie“. in der frank­fur­ter rund­schau wun­dert sich pa­trick beuth nicht über das er­geb­nis: „Dass hier 92 Pro­zent für eine Sper­re stimm­ten, ver­wun­dert nicht, denn die Fra­ge­stel­lung ist ma­ni­pu­la­tiv.

zwei tage spä­ter stellt „der klei­ne Ver­ein“ MO­GIS eine um­fra­ge des glei­chen mei­nungs­for­schungs­in­sti­tuts vor, nur lau­tet das er­geb­nis dies­mal: „Mehr als 90 Pro­zent ge­gen Sper­run­gen im In­ter­net“. hei­se er­kennt dass „Kon­trä­re Um­fra­ge­er­geb­nis­se zu Kin­der­por­no-Sper­ren“ vor­lie­gen. in­fra­test di­map-chef ri­chard hil­mer ist hin­ge­gen sieht „in den Er­geb­nis­sen kei­nen Ge­gen­satz“.

und wäh­rend man­che zu fuss un­ter­schrif­ten sam­meln, die epe­ti­ti­on „In­ter­net - Kei­ne In­di­zie­rung und Sper­rung von In­ter­net­sei­ten vom 22.04.2009wei­ter ge­zeich­net wird, su­chen ein paar geg­ner der epe­ti­on be­zahl­te (!) un­ter­schrif­ten­samm­ler, die bei fuss­ball­spie­len (!) für 50 euro pro tag (!) un­ter­schrif­ten sam­meln sol­len. bei fuss­ball­spie­len!

be­mer­kens­wert fin­de ix das al­les, weil ich be­mer­ke wie sich bei mir ers­te ekel-re­ak­tio­nen auf die po­li­tik breit­ma­chen. pol­tik-ekel als nach­fol­ger von po­li­tik-mü­dig­keit.

wäh­rend der letz­ten wo­chen bin ich zu der über­zeu­gung ge­kom­men, dass po­li­ti­ker die wäh­ler nicht nur für doof hal­ten, son­dern sie wahr­haf­tig ver­ach­ten. wie ver­klebt im kopf muss man sein, um auf die idee zu kom­men, im vor­bei­ge­hen un­ter­schrif­ten von be­sof­fe­nen, gröh­len­den fuss­ball­fans auf­zu­klau­ben und sie da­nach als ein vo­tum für oder ge­gen ire­nd­et­was zu prä­sen­tie­ren? für sym­bol­po­li­tik sym­bo­li­sche, nichts­sa­gen­de un­ter­schrif­ten­lis­ten prä­sen­tie­ren, um­fra­gen prä­sen­tie­ren, die zu­stim­mung sym­bo­li­sie­ren sol­len - die da­men und her­ren in den ver­bän­den, mi­nis­te­ri­en, aus­schüs­sen, der re­gie­rung, aber oft auch den re­dak­ti­ons­stu­ben glau­ben wirk­lich ei­ner her­de blöd glot­zen­der rin­der ge­gen­über­zu­ste­hen, die zu­frie­den sind, so­lan­ge die wie­se grün aus­sieht. der po­li­tik, so scheint es, geht es nur noch dar­um gut aus­zu­se­hen. zu­ver­sicht aus­zu­strah­len. si­cher­heit zu ge­ben. freund­lich zu wir­ken.

das ul­ti­ma­ti­ve sym­bol für die­se sym­bol-po­li­tik ist üb­ri­gens ur­su­la von der ley­en und ihr auf­ge­setz­tes, flet­schi­ges sym­bol-lä­cheln. seit 4 jah­ren jagt mir die­ses lä­cheln kal­te schau­er über den rü­cken. ur­su­la von der ley­en lä­chelt nicht, sie stellt eine po­li­ti­ke­rin dar, die lä­chelt.

bald bin ich so weit po­li­ti­ker im glei­chen mas­se zu ver­ach­ten, wie sie mich ver­ach­ten.

[nach­trag 16:02h]
jens scholz:

Diese Verachtung gegenüber uns Wählern, die da offenbar wird, ist ein guter Motivator. Sie verhindert die übliche Resignation, indem sie so wütend macht, daß man einfach was tun muss.

[nach­trag 21:12h (via)]
jörg tauss:

Es ist eine primitiv- populistische Symbol- Politik, die entschlossenes Handeln vorgaukeln soll und die Beschraenkung von Freiheitsrechten billigend (teilweise absichtsvoll) in Kauf nimmt, um auch von Versagen und den eigentlichen Problemen abzulenken. […] Insofern lohnt sich der Widerstand gegen von der Leyen & Co als ein Akt der Staerkung von Freiheit und Demokratie. Um nichts anderes geht es bei der Auseinandersetzung.