„ekel­haft“

felix schwenzel

mi­cha­el spreng:

Und im Rück­tritt ver­such­te [Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg] noch ein­mal die un­zu­läs­si­ge Ver­qui­ckung des töd­li­chen Schick­sals deut­scher Sol­da­ten mit sei­nem ei­ge­nen, selbst­ver­schul­de­ten po­li­ti­schen Schick­sal. Sie er­neut als Ent­schul­di­gung für sein Zau­dern, für sein Fest­hal­ten an dem Amt, vor­zu­schie­ben, ist ein­fach nur ekel­haft.

an­de­re für die ei­ge­nen zwe­cke zu in­stru­men­ta­li­sie­ren ist ab­stos­send. mi­cha­el spreng er­klärt auf den punkt ge­nau war­um der ver­weis auf tote deut­sche sol­da­ten in karl-theo­dor zu gut­ten­bergs ver­tei­di­gungs­re­den im­mer wie­der bit­ter auf­stösst. aber das in­stru­men­ta­li­sie­ren von op­fern für die ei­ge­nen zwe­cke hat of­fen­bar sys­tem im hau­se gut­ten­berg.

als till schwei­ger kürz­lich aus­till­te [sic!] [/via] und „se­xu­al­straf­tä­tern“ ihre men­schen­rech­te ab­spre­chen woll­te, lob­te ste­pha­nie zu gut­ten­berg till schwei­ger per SMS und BILD für sei­nen ein­satz für ein vor­sinn­flut­li­ches, bar­ba­ri­sches rechts­sys­tem (bzw. sei­nen „mut“, sol­chen schwach­sinn zu re­den). auf­klä­rung, prä­ven­ti­on, har­te stra­fen für kri­mi­nel­le, wer soll­te et­was da­ge­gen ha­ben? aber die er­run­gen­schaf­ten ei­nes mo­der­nen rechts­sys­tems ein­fach mal so aus­zu­he­beln — weil es um un­se­re kin­der geht, oder weil schwei­ger eine über­bor­den­de phan­ta­sie hat oder zu hys­te­rie neigt, wo­hin soll das füh­ren? sol­len ver­ur­teil­te se­xu­al­straf­tä­ter nach gut­dün­ken ver­prü­gelt wer­den dür­fen, im knast anal­ver­kehr von an­de­ren ge­fäng­nis­s­in­sas­sen ver­ab­reicht be­kom­men oder bei le­ben­di­gem leib or­ga­ne ent­nom­men wer­den dür­fen? oder sol­len sie doch noch das eine oder an­de­re (men­schen-) recht be­hal­ten, wie zum bei­spiel das recht nah­rung zu sich neh­men zu dür­fen?

das per­fi­de und ekel­haf­te an die­sen ar­gu­men­ta­ti­ons­mus­tern, die ger­ne als „wach­rüt­teln“ oder „an die op­fer den­ken“ ver­kauft wer­den, ist ja ge­ra­de das aus­spie­len der op­fer ge­gen alle an­de­ren um den ei­ge­nen ab­stru­sen po­li­ti­schen for­de­run­gen ge­wicht zu ver­lei­hen. en pas­sant er­reicht man mit sol­chen ar­gu­men­ta­ti­ons­me­tho­den auch, dass alle, die nicht die glei­chen ra­di­ka­len for­de­run­gen er­he­ben, blöd in ei­nem op­fer­feind­li­chem licht da­ste­hen.

die gu­ten­bergs ha­ben of­fen­bar eine nei­gung sich pa­the­tisch und laut­stark auf die sei­te der op­fer zu stel­len um ihre (fern­seh-, po­lit- oder ver­eins-) kar­rie­re zu be­för­dern, ge­wicht und tot­schlag­ar­gu­men­te für ihre nicht un­um­strit­te­nen po­li­ti­schen for­de­run­gen zu ge­ne­rie­ren und alle an­ders­den­ken­den zu dis­kre­di­tie­ren. selbst wenn sie der op­fer we­gen auf der op­fer-sei­te stün­den, ek­lig wirds ge­nau dann wenn sie die op­fer auf ein schutz­schild he­ben und das schild dann zur selbst­ver­tei­di­gung nut­zen:

  • in af­gha­ni­stan ster­ben deut­sche sol­da­ten und ihr kri­ti­siert mich we­gen la­pa­li­en?
  • im/durch/we­gen des in­ter­net wer­den täg­lich x kin­der miss­braucht und ihr re­det über die men­schen­wür­de von tä­tern?

die­se ar­gu­men­ta­ti­ons­mus­ter sind kein zu­fall oder ver­se­hen, da­hin­ter steckt be­rech­nung. und das ist das ei­gent­lich ekel­haf­te, weil da­hin­ter vor al­lem die (lei­der be­rech­tig­te) hoff­nung steht, bei we­ni­ger rhe­to­rik- oder stra­te­gie­be­gab­ten men­schen an po­pu­la­ri­tät zu ge­win­nen. die im bes­ten fal­le ur­sprüng­lich vor­han­de­ne in­ten­ti­on zu hel­fen wird zweit­ran­gig, die ver­häl­nissmäs­sig­keit bleibt auf der stre­cke.

noch­mal: ein ge­schmäck­le bleibt nicht wenn man sich für eine gute sa­che ein­setzt, son­dern wenn man sich für eine gute sa­che ein­setzt, um da­mit et­was ganz an­de­res zu er­rei­chen und sich selbst in ein gu­tes licht zu tau­chen. de­mut beim hel­fen? nicht mit den gut­ten­bergs. hel­fen, nächs­ten­lie­be ist für die gut­ten­bergs eine laut­star­ke, markt­schreie­ri­sche show, kein „un­ei­gen­nüt­zi­ges Wohl­wol­len“ oder ge­leb­te „Barm­her­zig­keit“.

[nach­trag 09.03.2011]
su­per gu­ter und su­per lan­ger ar­ti­kel von vol­ker zas­trow in der FAS zum the­ma. zas­trow holt weit aus und be­trach­tet das phä­no­men gut­ten­berg von al­len sei­ten. un­be­ding­te le­se­emp­feh­lung.