next12, tag1

felix schwenzel, , in wirres.net    

die station, der vorplatz, alles leer. zumindest auf den ersten und zweiten blick.

station, next version
station, next version

der „affenfelsen“ wurde nach der rp12 gegen einen affenkäfig ausgetauscht.

affenkäfig

auch wenn es nicht so voll war wie auf der republica, relativ voll wars insgesamt auch.

der „keynote“-track, also der netx12-hauptsaal, war allerdings von 11 bis 12:30 sehr spärlich mit publikum besetzt. thema war „the networked world“ oder genauer das internet der dinge und 3D-drucken. der ganze track war eine eigentümliche mischung aus grunzlangweilig, achnaja und ganz interessant. klar, dieses 3D-drucken von digitalen objekten ist das nächste grosse ding und aus dem rapid prototyping dass ich vor 13 jahren während des architektur-studiums kennen gelernt habe, ist mittlerweile rapid-manufacturing geworden, die technik ist weiter verbreitet, besser, günstiger als damals und teilweise kann man (mit HP-druckern) bereits auf dem schreibtisch 3D-drucken. auch die materialien in die gedruckt werden kann sind vielfältiger und interessanter geworden.

rapid manufacturing

aber angesichts des irren potenzials das in der technologie steckt, konnten mich die vorträge irgendwie nicht angemessen euphorisieren. was schade ist, denn die möglichkeiten sind faszinierend: alles was am computer kontruiert werden kann, kann kostengünstig gebaut und individuell angepasst werden. die urheberrechtsfragen, die gestaltungsfragen, die weitere verschränkung von digital und analog — die vielen möglichkeiten des 3D-druckens haben gänsehaut- und konflikt-potenzial. davon kam, wie oft auch auf der republica, zu wenig rüber.

obwohl die technologie des 3D-druckens alles andere als neu ist, zeigte die „demonstration“ am ende des „networked world“-tracks, wie sehr wir paralysiert vor dem potenzial der technologie rumsitzen und nicht so recht wissen, was wir damit anfangen sollen: die demo bestand aus einem ständchen auf einer 3D-gedruckten geige, das von einem sehr haarigen geiger vorgespielt wurde und mich fragend zurückliess:
warum muss eine geige die mit einer technologie hergestellt wurde, die es erlaubt das ding beliebig zu gestalten und klangoptimieren, in der gleichen form hergestellt werden wie die holz-geigen der letzten 500 jahre? und warum hörte sich das so schrecklich an?

3D-gedruckte geige

beim auftritt von christopher von deylen war dann meine toleranzschwelle für schreckliche töne überschritten und ich verliess den saal um mir auf der toilette angenehmere klänge anzuhören.

ich weiss nach wie vor nicht, ob die entscheidung auf englisch als next-konferenz-sprache zu setzen eine kluge entscheidung war. denn es ist nicht nur eine qual vielen deutschen beim englisch-stolpern reden zuzuhören, sondern offenbar auch für die sprecher selbst. möglicherweise hängt das unvermögen der meisten deutschen sprecher einigermassen schmerzfrei englisch zu sprechen auch tatsächlich mit der unsitte der filmsynchronisierung in deutschland zusammen. denn der schwede alexander bard, der den track „robots and humans“ mit einer betrachtung des internets als „revolution“ abschloss (ohne über roboter zu sprechen), sprach tadelloses und sehr aufweckendes englisch. er hatte allerdings auch kurze hosen an und benutzte statt powerpoint eine schultafel. johannes kleske fand seinen vortrag mittreissend (bzw. „mind-blowing“), ich fand ihn immerhin wachhaltend, aber für meinen geschmack etwas zu steil rummeinend. einerseits ritt bard im galopp auf allgemeinplätzen rum (der meister der „Gemeinplatzveredelung“ bin schliesslich ix!), andererseits fand ich viele seiner als fakten vorgetragenen meinungen etwas arg krude.

bis hierhin fand ich die #next12 ziemlich langweilig. das essen war tatsächlich mal wieder das next-highlight: vorspeisen-tellerchen mit rohem lachs, huhn, salätchen und köstlichen gebratenen spargelscheibchen, irgendeinen fisch auf einem perfektem spargelrisotto, pesto-gnochi-gemüse und köstliches, weichgequältes rindfleisch. bis 15:30 fasste dieser tweet meine meinung zur next ganz gut zusammen:

bis jetzt ist die #next12 etwas für kämpfer. kämpfen am buffet und gegen den schlaf.
@diplix
felix schwenzel

nicht alle gewannen den kampf.

next12-schläfer

gegen halb vier riss dann aber kyle mcdonald das ruder herum.

nach einer bereits sehr sympathisch und interessanten einführung von jeremy abbett über das machen, das bauen von dingen (jeremy abbet baut und hält wirklich schöne presentationen), sprach kyle mcdonald über ein paar seiner projekte und warum man irre viel zurückbekommt, wenn man ideen und werkzeuge kostenlos weitergibt quelloffen veröffentlicht.

kyle mcdonald

bemerkenswert fand ich vor allem seine art der präsentation. während er ruhig und angenehm lauter kluge und sympathische sachen aussprach, hatte er ein finder-fenster offen und zeigte bilder, aber vor allem filme in kleinen quickview-fenstern, die mal grösser, mal fullscreen zeigte, manchmal vor und zurücksprang, aber offenbar nie den überblick verlor. ich fand das sehr beeindruckend, was aber auch daran lag, dass er wirklich schöne sachen gemacht hat. wichtiger noch, er zeigte sachen, die alle möglichen leute mit seinen sachen, seinen werkzeugen gemacht haben. beispielsweise hat er eine open source gesichterkennungssoftware geschrieben die offenbar einfach zu installieren, zu benutzen und zu erweitern ist.

ix mit gesichtserkennung

einige demos sind auf dieser vimeo-seite verlinkt. kyle mcdonald zeigte dann eine unzahl an projekten die andere leute mit seiner software angestellt haben, aber auch einige dinge die er ausprobiert hat und die etwas unheimlich scheinen — aber auch live auf der bühne funktionierten.

ein bemerkenswertes zitat (von ursula k. le guin) hat er mir auch ins hirn gebrannt:

The creative adult is the child who has survived.

meine leicht euphorisierte und inspirierte stimmung versaute dann kate hartman mit einer ein bisschen ichigen und leierigen präsentation darüber, was sie so macht, was ihre vorlieben sind. das wäre total unerträgich gewesen, wenn sie nicht auch ein paar ihrer projekte und lehrveranstaltungen vorgestellt hätte die tatsächlich ganz interessant waren. von der twitterden topfpflanze hatte ich zum beispiel vor ein paar jahren (oder monaten?) schon mal gehört. ihre etwas, äh, grenzpeinliche und -anstrengende art wird bereits in den ersten 2 minuten dieses TED-auftritts deutlich. der talk auf der next enthielt übrigens (mehr oder weniger) den kompletten TED-talk plus 20 minuten technik-gedöns.

ganz unerträglich und mit viel heisser luft präsentiert war dann franziska von lewinskis gemeinplatz-präsentation darüber, wie digitale technologien unsere fernsehgewohnheiten verändern. meine lieblingszitate (wortstellungsfehler (möglicherweise) von franziska von lewinski übernommen):

how can actually advertisers use the internet to deepen the brand-experience?

i like the old spice guy, but don’t tell my husband.

i brought one wish. please all creatives. please all advertisers. [hier habe ich aufgehört mitzuschreiben, sie sagte dann aber, dass bitte alle kampagnen wie die old-spice-kampagne machen sollen, die sich über verschiedene medienkanäle erstrecken.]

dankenswerter weise zeigte sie am ende noch einen film, der die heisse luft die sie auf der bühne abliess nochmal mit bunten bildern und buzzwords anreicherte (auch hier zu sehen).

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das sound-design ist ziemlich bombastisch. aber nicht im guten sinne, sondern im sinne von angeberisch. aber vielleicht bin ich auch noch vom rp12-sounddesign verironisiert.

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das wlan funktioniert, man muss sich allerdings mit einem QR-code (auf der umhänge-namenskarte) anmelden. auch wenn man kabelnetz benutzt.

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schöne eröffnung von matthias schrader in der faz (gefunden bei turi2):

Wenn Sie sich heute föhnen, sagen Sie ja auch nicht: Liebling, ich verbinde mich jetzt mit dem weltweiten Stromnetz.

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viele startupgründer scheint neben dem geld vor allem eins zu treiben: es dem vater zeigen. deshalb sind schwanzvergleiche bei jungen unternehmern noch beliebter als bei bloggern. vermute ich mal.