black mir­ror s01e01 (the na­tio­nal an­them)

felix schwenzel in gesehen

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black mir­ror ist eine bri­ti­sche sci­ence-fic­tion-se­rie, die im de­zem­ber 2011 erst­mals in gross­bri­ta­ni­en aus­ge­strahlt wur­de. al­ler­dings spielt die ers­te fol­ge nicht wirk­lich in der zu­kunft, son­dern im jetzt. das „ver­damm­te“ in­ter­net (zi­tat des fik­ti­ven bri­ti­schen pre­mier­mi­nis­ters mi­cha­el cal­low) funk­tio­niert in der ers­ten fol­ge be­reits so wie heu­te, näm­lich als hoch­ef­fek­ti­ve brut­zel­le von kon­troll­ver­lust. die­se fol­ge, de­ren ge­schich­te nach 43 mi­nu­ten spiel­zeit ei­nen ab­schluss fin­det, zeigt ei­nen mög­li­chen um­gang mit die­sem kon­troll­ver­lust. zu­min­dest ist das eine in­ter­pre­ta­ti­ons­wei­se.

ohne zu viel über die ers­te fol­ge zu ver­ra­ten, kann man die ge­schich­te kurz mit den wor­ten der wi­ki­pe­dia zu­sam­men­fas­sen (den wi­ki­pe­dia-link nicht kli­cken, dort herrscht spoi­ler-alarm):

Der Pre­mier­mi­nis­ter Groß­bri­tan­ni­ens, Mi­cha­el Cal­low, [ge­rät in ein Di­le­ma], als die Prin­zes­sin Su­san­nah […], ent­führt wird. Als Be­din­gung für die Frei­las­sung, wird vom Pre­mier­mi­nis­ter Sex mit ei­nem Schwein im na­tio­na­len Fern­se­hen ge­for­dert.

was die­se ers­te fol­ge wirk­lich gut hin­be­kommt, vor al­lem wenn man be­denkt, dass sie be­reits vier jah­re alt ist, ist ein­dring­lich zu zei­gen, wel­che fol­gen das in­ter­net auf macht­me­cha­nis­men hat. durch die gren­zen­lo­sig­keit und re­la­ti­ve un­kon­trol­lier­bar­keit des in­ter­nets — und folg­lich auch der me­di­en, die in den sog des net­zes ge­ra­ten — en­ste­hen nicht nur macht­ver­schie­bun­gen, son­dern auch neue (an­de­re) öf­fent­lich­kei­ten und mei­nungs­bil­dungs­struk­tu­ren, die mit her­kömm­li­chen in­stru­men­ta­ri­en nicht mehr ein­fach zu kon­trol­lie­ren sind. aber mit an­ge­pass­ten werk­zeu­gen dann eben doch, auch wenn das mit­un­ter mit ho­hen kos­ten ver­bun­den ist.

die­se fol­ge von black mir­ror ist ein wirk­lich in­ter­es­san­tes, her­vor­ra­gend dar­ge­stell­tes ge­dan­ken­ex­pe­ri­ment, das mich sehr zum nach­den­ken an­reg­te. ganz be­son­ders in­ter­es­sant sind die be­zü­ge zur me­di­en- und wahr­neh­mungs­kri­se, von der zur zeit ja so vie­le re­den. auch wenn es über­in­ter­pre­tiert er­schei­nen mag, gibt es auch ei­nen (in­di­rek­ten) be­zug zu do­nald trump, für den ich ein biss­chen aus­ho­len muss. ge­ra­de heu­te habe ich näm­lich die­ses vi­deo von ezra klein ge­se­hen (bei ste­fan nig­ge­mei­er ge­fun­den), in dem er un­ter an­de­rem sagt, dass do­nald trump je­der sinn für scham fehlt:

et­was aus­führ­li­cher hat ezra klein dazu auf vox ge­schrie­ben:

Trump’s other gift — the one that gets less at­ten­ti­on but is per­haps more im­portant — is his com­ple­te lack of shame. It’s easy to un­de­re­sti­ma­te how im­portant shame is in Ame­ri­can po­li­tics. But shame is our most powerful res­traint on po­li­ti­ci­ans who would find suc­cess th­rough dem­ago­guery. Most peo­p­le feel shame when they’re ex­po­sed as li­ars, when they’re seen as un­in­for­med, when their be­ha­vi­or is thought cruel, when re­spec­ted fi­gu­res in their par­ty con­demn their ac­tions, when ex­perts dis­miss their pro­po­sals, when they are mo­cked and bo­oed and pro­tes­ted.

Trump doesn’t. He has the rea­li­ty te­le­vi­si­on star’s abili­ty to ope­ra­te en­ti­re­ly wi­t­hout shame, and that per­mits him to ope­ra­te en­ti­re­ly wi­t­hout res­traint. It is the sin­gle sca­riest fa­cet of his per­so­na­li­ty. It is the one that al­lows him to go whe­re others won’t, to say what others can’t, to do what others wouldn’t.

wie ge­sagt, der ver­gleich zur ers­ten fol­ge black mir­ror ist mög­li­cher­wei­se et­was weit her­ge­holt, aber in die­ser fol­ge geht es eben auch ums the­ma scham und dass die über­win­dung von scham ei­nes der werk­zeu­ge ist, mit dem mäch­ti­ge, trotz kon­troll­ver­lust, ihre macht aus­bau­en oder fes­ti­gen kön­nen.

die er­zähl­wei­se und in­sze­nie­rung von black mir­ror ist nicht be­son­ders fes­selnd. ich habe nach zwan­zig mi­nu­ten eine kur­ze pau­se ein­ge­legt, um un­se­ren neu­en dru­cker zu in­stal­lie­ren und kon­fi­gu­rie­ren*, aber so­bald die ge­schich­te zu­en­de er­zählt war, schlug sie wie eine bom­be in mei­nem kopf ein. nicht die in­sze­nie­rung ist krass, son­dern die ge­schich­te. das ist sehr viel­ver­spre­chend für die künf­ti­gen fol­gen, auf die ich jetzt, nach die­ser er­öff­nung, wirk­lich ge­spannt bin. vom hö­ren­sa­gen weiss ich, dass die­se ers­te fol­ge eine der schwä­che­ren der se­rie sein soll — auch das er­scheint mir sehr viel­ver­spre­chend.

die in­sze­nie­rung der ge­schich­te er­in­ner­te mich üb­ri­gens in wei­ten tei­len an ma­rio six­tus’ ope­ra­ti­on na­ked, auch wenn six­tus’ film for­mal sehr viel kon­se­quen­ter war. auch black mir­ror (zu­min­dest die­se fol­ge) wird zum gros­sen teil von nach­rich­ten­men­schen er­zählt, auch black mir­ror zeigt er­eig­nis­se, die der­zeit so­wohl un­vor­stell­bar, als auch vor­stell­bar sind.

ich gebe 5 ster­ne, weil mich die­se fol­ge sehr be­ein­druckt hat, trotz ei­ni­ger, klei­ne­rer in­sze­na­to­ri­scher schwä­chen und ge­le­gent­li­cher un­er­träg­lich­keit. und ich bin ge­spannt auf die wei­te­ren fol­gen und hof­fent­lich ge­nau­so klug er­zähl­ten ge­schich­ten.

(un­ter an­de­rem auf net­flix deutsch­land zu se­hen, trai­ler der ers­ten staf­fel)


*) er­staun­lich was dru­cker für 140 euro kauf­preis heut­zu­ta­ge al­les kön­nen. und da­mit mei­ne ich noch nicht­mal die fä­hig­keit dop­pel­sei­tig zu dru­cken, scan­vor­la­gen selbst­tä­tig ein­zu­zie­hen und druck­auf­trä­ge von han­dies an­zu­neh­men, be­son­ders be­ein­druckt bin ich von der fä­hig­keit des neu­en dru­ckers, scans di­rekt (als PDF) auf ein netz­werk­lauf­werk zu spei­chern.