sackgasse

felix schwenzel

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die stras­se in der ich im prenz­lau­er­berg woh­ne ist eine sack­gas­se. sie en­det an ei­nem sehr tie­fen gra­ben in dem die ber­li­ner s-bahn hin und her und im kreis fährt. weil der gra­ben so tief ist, hört man die s-bahn so gut wie nie. we­der auf der stras­se, noch bei mir zu­hau­se. über­haupt ist die stras­se sehr ru­hig, kon­struk­ti­ons­be­dingt hat man kaum durch­gangs­ver­kehr. manch­mal kann man ta­xi­fah­rer und LKW-fah­rer bei der kunst des rück­wärts­fah­rens be­ob­ach­ten, aber das is­ses dann auch schon ver­kehrs­mäs­sig. im hin­ter­hof bei mir höre ich, wenn über­haupt, nur ver­kehr ohne fahr­zeu­ge. das aber auch nur ein­mal bis­her. auch nicht wit­zig.

sonn­tag abend kam ich et­was übel­lau­nig und hung­rig in mei­ne sack­gas­se. ich hat­te um ca. 18 uhr heiss­hun­ger auf „cur­ry­wurst“ be­kom­men und war är­ger­li­cher­wei­se un­fä­hig am sonn­tag eine göff­ne­te würst­chen­bu­de zu fin­den. und das in der „haupt­stadt der wurst“, wie der WDR alle 3 mo­na­te durch live-re­por­ta­gen aus ber­lin im ARD mor­gen­ma­ga­zin zu be­le­gen ver­sucht. ich war so wurst­geil, ich hät­te mir so­gar eine do­sen-cur­ry­wurst rein­ge­zo­gen. die fin­det man beim plus di­rekt ne­ben dem hun­de­fut­ter.

mir kam in mei­ner sack­gas­se ein sehr se­riö­ses pär­chen ent­ge­gen. un­ge­wöhn­lich; wenn über­haupt kom­men mir dort ab­ge­ris­se­ne ge­stal­ten, stu­den­ten oder fahr­rad­fah­rer (oft in per­so­nal­uni­on) die in der sack­gas­se woh­nen ent­ge­gen. die frau kam mir be­kannt vor: schlank, rot­ar­ti­ge haa­re, run­ter­ge­zo­ge­ne mund­win­kel und rand­lo­se, recht­ecki­ge bril­le. „bri­git­te zy­pris!“ dach­te ich und lob­te mich in­ner­lich für mein her­vorr­ga­ne­des po­li­ti­ker-na­mens­ge­däch­nis. die dings-mi­nis­te­rin. ich nahm mir noch wäh­rend ich sie so un­auf­fäl­lig wie mög­lich an­glotz­te vor, sie gleich am nächs­ten tag durch­zu­goo­geln. sie be­merk­te mein glot­zen und er­wi­der­te es. ich glot­ze weg und wie­der hin, ich woll­te ja si­cher ge­hen. die ecki­ge, rand­lo­se bril­le und eine war­zi­ge haut­wöl­bung am run­ter­ge­zo­ge­nen mund­win­kel ver­such­te ich in mein löch­ri­ges ge­däch­nis ein­zu­bren­nen.

am mon­tag ver­riet mir goog­le, dass bri­git­te zy­pris nicht be­son­ders schlank und dun­kel­haa­rig sei. die sei­te bun­des­re­gie­rung.de veriet mir aber, dass es noch eine an­de­re bun­des­mi­nis­te­rin gab die kein mensch kennt: edel­gard bul­mahn. al­les was ich in mei­ner sack­gas­se ge­se­hen hat­te pass­te, nur die bril­le war auf al­len bil­dern zwar rand­los, aber rund statt eckig. auf edel­gard-bul­mahn.de fand ich dann aber doch noch ein bild von edel­gard bul­mahn mit ecki­ger bril­le, auch die mund­win­kel wa­ren auf dem bild trotz lä­chelns run­ter­ge­zo­gen. pass­te also, ich hat­te edel­gard bul­mahn bei mir in der sack­gas­se ge­se­hen.

die fra­ge was sie dort ge­macht ha­ben könn­te über­for­dert mich. paar­the­ra­peu­ten ha­ben wahr­schein­lich wie die cur­ry­wurst­bu­den sonn­tags ge­schlos­sen. dass die mi­nis­te­rin dort thier­se­mäs­sig wohnt kann ich mir nicht vor­stel­len. viel­leicht hat sie mit ih­rer be­glei­tung s-bah­nen be­ob­ach­tet oder ge­zählt. graf­fi­ti und dope kau­fen schlies­se ich aus, kei­ner von bei­den hat­te ne base­cap an.

das bes­te an der ge­schich­te ist; ich weiss gar nicht ob sie stimmt oder ob ich sie nur ge­träumt habe als ich ges­tern bei anke en­gel­ke ihre fern­seh­sen­dung ins lan­ge­wei­le be­ding­te koma ge­fal­len bin. aber ich glau­be sie stimmt. die ge­schich­te.