her­bertz

felix schwenzel

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schwa­ben lie­ben das „sch“. das tut mit­un­ter weh, ganz be­son­ders wenn die schwa­ben vom zwei­ten früh­stück oder frü­hen abend­essen re­den; dann sa­gen sie „vesch­pern“. „ver­sper“ ist schon an sich kein son­der­lich schö­nes wort, aber mit dem „sch“ ge­streckt ist es un­er­träg­lich. vor vie­len jah­ren pro­fes­sio­na­li­sier­te ein um­trie­bi­ger schwa­be, her­bert oko­low­ski, das ver­s­pern im stutt­gar­ter sü­den und grün­de­te ei­nen „ves­per­dienst“. der ves­per­dienst be­stand aus ei­nem bol­ler­wa­gen (mit der auf­schrift „her­bertz ver­sper­dienst“) ge­füllt mit hun­der­ten selbst­ge­schmier­ten bröt­chen die er an die im stutt­gar­ter heusteig­vier­tel lie­gen­den bü­ros ver­kauf­te, zum ves­pern. aus die­sem ves­per­dienst ent­stand ir­gend­wann ein klei­nes steh­ca­fé, das her­bertz, den „ves­per­dienst“ im­mer noch in der zwei­ten zei­le und dem brief­pa­pier tra­gend.

das her­bertz war ge­nau­so ein­ge­rich­tet wie ca­fés oder eck­knei­pen die ich mei­de: ein ein­zi­ger ego­trip, mit bil­dern, pla­ka­ten und ge­mäl­den des be­sit­zers de­ko­riert, die ein­rich­tung selbst­ge­macht und die hand­werk­li­che be­ga­bung des be­sit­zers de­mo­s­trie­rend. äs­the­tisch nicht ge­ra­de aus ei­nem guss. der be­sit­zer de­mons­trier­te auch in sei­nem ge­sicht hand­werk­li­che fä­hig­kei­ten: ein rie­si­ger, mor­gend­lich ge­stuz­ter voll­bart, de­ko­riert mit ei­nem gi­gan­ti­schem an zwei sei­ten auf­ge­roll­tem schnur­bart. dar­über eine früh-mor­gend­lich glatt­ra­sier­te glat­ze, de­ko­riert mit täg­lich wech­seln­der kopf­be­de­ckung.

aber der kaf­fee! ge­zapft aus ei­ner gi­gan­ti­schen, gol­de­nen elek­tra es­pres­so-ma­schi­ne mit ei­ner cre­ma die 2 löf­fel zu­cker zu hal­ten im­stan­de war. die kaf­fee­müh­le wur­de je­den tag, je nach luft­feuch­tig­keit jus­tiert, der kaf­fee täg­lich frisch aus ei­ner klei­nen rös­te­rei be­zo­gen. pro­fes­sio­nel­ler kaf­fee!

jah­re­lang ging ich mor­gens zu her­bertz um dort eine „me­lan­ge“ zu trin­ken, ei­nen ex­tra-star­ken cap­puc­ci­no mit we­nig schaum, der die es­pres­so-cre­ma an den rän­dern nach oben drück­te und auch ohne ka­kao-deko de­ko­riert aus­sah. mit­tags sah sich mein ma­gen auch im­stan­de den kaf­fee un­ver­fälscht, als es­pres­so zu trin­ken.

an­ge­nehm auch die un­schwä­bi­sche art das „an­schrei­ben“ für stamm­kun­den zu er­lau­ben und so auch mit ge­le­gent­li­chen fi­nan­zi­el­len eng­päs­sen täg­lich pro­fes­sio­nell zu­be­rei­te­ten kaf­fee trin­ken zu kön­nen.

im lau­fe der jah­re ge­wöhn­te ich mich an die deko, der kunst­vol­le bart des be­sit­zers fiel und auf der glat­ze wuch­sen wie­der haa­re. die äs­the­ti­sche qua­li­tät der ein­rich­tung ver­bes­ser­te sich eben­falls im lau­fe di­ver­ser er­wei­te­run­gen und um­bau­ten des la­dens. denn ei­nes kann man schwa­ben nicht vor­wer­fen: sie sind nicht be­ra­tungs­re­si­tent. nur das „sch“ wird man ih­nen nie ab­ge­wöh­nen kön­nen.

her­bertz
im­menho­fer stras­se 13
70180 stutt­gart
tel: 0711/60 43 94

mo - fr: 7:00 - 17:00
sa: 8:00 - 14:00 Uhr
sonn­tag ru­he­tag

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