ord­nung muss sein

felix schwenzel

den kern der deut­schen see­le er­kann­te ich 2002 in stutt­gart, in der ubahn. vor mir ein fet­ter, be­sof­fe­ner schwa­be. sehr be­sof­fen. er hielt sich mit zwei hän­den fest und schwank­te trotz­dem noch. er mur­mel­te et­was vor sich hin: „oo­or­dnung muss sein … ord­nung muss sein …“. selbst kurz vor dem koma dach­te die­ser pflicht­be­wuss­te mensch noch an das wich­tigs­te: ord­nung.

in deutsch­land gibt es für die ord­nung so­gar ei­ge­ne äm­ter. man­che deut­schen ord­nun­gäm­ter stat­ten ihre mit­ar­bei­ter so­gar mit waf­fen aus, um für ord­nung zu sor­gen. ord­nung lei­tet sich nicht vom ge­sun­den men­schen­ver­stand von mei­ner zu­tiefst sub­jek­ti­ven an­sicht über lo­gik, mo­ral und recht ab [dan­ke herr kai­ser], son­dern aus kom­pli­ziert­zen re­geln die or­dent­lich ir­gend­wo im ord­nungs­amt auf­ge­schrie­ben ste­hen. die re­geln ver­steht kei­ner, kei­ner weiss wo sie her­kom­men und wer sie än­dern darf, aber sie sind wich­tig.

heu­te stand im ta­ges­spie­gel, dass „Mar­cel Lu­the, Ge­schäfts­füh­rer des Café Ein­stein Stamm­hau­ses in der Tier­gar­te­ner Kur­fürs­ten­stra­ße“ eine pfif­fi­ge idee hat­te: war­um nicht es­pres­so mo­bil, auf fah­rä­dern an­bie­ten? man ist nah am kun­den, spart mie­te und schafft ein paar ar­beits­plät­ze:

Ei­nen Pro­to­typ „Café Czen­tral“, drei­räd­rig mit vor­de­rem Kas­ten­auf­bau und gas­be­trie­be­ner Es­pres­so­ma­schi­ne, gibt es be­reits, Vor­füh­len beim Ar­beits­amt er­gab in zehn Ta­gen 100 Be­wer­bun­gen, und so fehl­te nur noch die Ge­neh­mi­gung zur Son­der­nut­zung von Stra­ßen­land, be­zirks­wei­se zu er­tei­len von den Ord­nungs­äm­tern. Die aber wird ver­wehrt: Das Ber­li­ner Stra­ßen­ge­setz sehe sol­che Kaf­fee­fahr­ten nicht vor.

was sa­gen die ord­nungs­hü­ter?

Laut Ber­li­ner Stra­ßen­ge­setz [sei] der Ver­kauf aus Fahr­zeu­gen nur für leicht ver­derb­li­che Le­bens­mit­tel wie Obst, Ge­mü­se oder Wurst­wa­ren mög­lich. Eine Aus­nah­me al­ler­dings gibt es: Spei­se­eis.

dem­nächst also auf ber­li­ner stras­sen: leicht ver­der­bloi­cher wurs­tes­pres­so. vive l‘ord­re!