dorsch­loch

felix schwenzel

apro­pos anus. ei­gent­lich hat­te ich mir ja vor­ge­nom­men schrei­häl­se fort­an zu igno­rie­ren. das ist mit­un­ter gar nicht so ein­fach, da sie manch­mal ihre mei­nung an drei, vier stel­len gleich­zei­tig rum­schrei­en und oft auch noch freun­de fin­den, die an noch mehr stel­len ge­mein­sam mit ih­nen schrei­en. die oh­ren stop­fen funk­tio­niert ja auch nicht im­mer, ix möch­te ja nicht er­tau­ben und die lei­sen töne hö­ren. oder mu­sik.

so höre ich mir das ge­schrei halt an und igno­rie­re es gröss­ten­teils. meis­tens ver­ste­he ich das ge­schreie eh nicht, zu­mal es meist völ­lig un­in­ter­es­sant ist und sich meist um das ge­ni­tal und die pro­fil­neu­ro­se des schrei­hal­ses dreht. was mich dann aber doch manch­mal er­staunt den kopf schüt­teln lässt, ist die ag­gres­si­vi­tät mit der rum­ge­schrie­en und ge­schimpft wird. und oft eine selbst­ge­fäl­li­ge, kom­plett hu­mor­be­frei­te ar­ro­ganz.

ob­wohl ich mich ei­gent­lich an sol­chen be­klopp­ten dis­kus­sio­nen nicht mehr be­tei­li­gen woll­te, gebe ich hier­mit noch­mal mei­nen senf ab, los gehts mit ei­nem zi­tat aus der fe­der ei­nes links­ra­di­ka­len lin­ki­schen anus:

Also wenn ich mir die Blog­ger im WWW so an­schaue, dann fällt mir im­mer schnell auf, dass da er­bärm­li­che Leu­te un­ter­wegs sind. Da­mit mei­ne ich nicht die­je­ni­gen, die wie bei ei­ner Home­page ei­nen in­ter­es­san­ten und vor al­lemaper­so­na­lenIn­halt ver­mit­teln wol­len, sei es po­li­ti­scher oder zur Ent­span­nung: künst­le­ri­scher Na­tur. Son­dern sol­che Leu­te, die der Welt er­zäh­len wol­len, wann sie sich ihre Eier ge­krault und ab­ge­wa­schen ha­ben oder dass im Herbst die Blät­ter von den Bäu­men fal­len.

[dumm­quatsch­her­vor­he­bung von mir]
also mal ab­ge­se­hen da­von, dass ich es in­ter­es­sant fän­de zu le­sen wenn sich je­mand die eier ge­krault hat, ich gar lust hät­te ein of­fe­nes web­log auf­zu­set­zen in das je­der schrei­ben könn­te, dass er sich ge­ra­de die eier ge­krault oder die eier ab­ge­wa­schen hat, von mir aus auch, dass er sich die eier ra­siert, ge­quetscht oder sonst­was hat (das aber al­les bit­te ohne bil­der!), wun­de­re ich mich im­mer wie­der wie ernst sich man­che blog­gen­den darm­aus­gän­ge neh­men. die­ser darm­aus­gang den ich oben zi­tie­re, der sich ge­dacht hat er müs­se die welt mit sei­nem aus­fluss be­blog­gen und auf den ich gar nicht lin­ken oder wei­ter ein­ge­hen muss weil das herr sum1 schon aus­führ­lich und voll­kom­mend aus­rei­chend ge­tan hat, die­ser si­cher­lich sehr mus­ku­lö­se und un­ra­sier­te darm­aus­gang meint also ein ganz be­sond­rer mann zu sein.

ab­ge­se­hen da­von, dass mir schon der ge­brauch des wor­tes „er­bärm­lich“ juck­reiz ver­ur­sacht, fin­de ich es un­er­träg­lich und in­ak­zep­ta­bel wenn je­mand an­de­re men­schen als er­bärm­lich be­zeich­net. wenn sich die­ses her­ren­men­schen- und pa­ra­mi­li­tär-vo­ka­bu­lar aber auch noch mit dum­men, pseu­do­in­tel­lek­tu­el­lem pro­fi­lie­rungs­ge­fa­sel paart, dann werd ich ral­lig.

an­de­rer­seits ver­ste­he ich das ja. auch ich be­trach­te manch­mal mein spie­gel­bild vol­ler ehr­furcht, was für wa­che au­gen mich da an­schau­en, wie wohl­pro­por­tie­riert mein ge­sicht ist, wie schön die haa­re lie­gen — und wenn ich dann an­fan­ge zu spre­chen wird mei­ne be­wun­de­rung für mich oft noch viel grös­ser. sams­tag, bei ei­ner klei­nen ge­burts­tags­par­ty von ei­nem ehe­ma­li­gen mit­be­woh­ner, hör­te ich mich un­glaub­lich wei­se sa­chen sa­gen, mir fie­len fremd­wör­ter auf ab­ruf ein, nicht so wie sonst, wo ich um wor­te rin­ge und „äh“ und „öh“ als satz­mör­tel be­nut­zen muss. zwar wand­te sich mein ge­sprächs­part­ner als­bald von mir ab und such­te fröh­li­che­re und erd­ver­bun­de­ne­re ge­sprächs­th­men, aber ich war gran­di­os!

ich nen­ne die­ses phä­no­men der aso­zia­len, öf­fent­li­chen selbst­ver­göt­te­rung manch­mal „un­er­träg­li­che ar­ro­ganz“, wo­bei sich das „un­er­träg­lich“ auf das feh­len jeg­li­chen hu­mors oder selbst­re­flek­ti­on be­zieht. ar­ro­ganz, das bil­de ich mir zu­min­dest ein, wird dann er­träg­lich, wenn sie iro­nisch oder durch mit­schwin­gen­de selbst­kri­tik ge­bro­chen wird. nur, ein smi­ley reicht da­für nicht aus und selbst der herr schmidt hat da­mit in letz­ter zeit so sei­ne schwie­rig­kei­ten. ix zi­tie­re ein lei­der weit­hin un­be­ach­te­te­tes gran­dio­ses zi­tat mal selbst, macht ja sonst kei­ner:

das schlim­me [...] ist die­se er­schüt­tern­de ag­gres­si­ve ar­ro­ganz die mit ei­nem mo­ra­li­schen über­le­gen­heits­ge­tue ein­her­geht, das mir eine dau­er­gän­se­haut auf dem anus ent­ste­hen lässt. das al­les, die über­heb­lich­keit und pein­li­che pro­fi­lie­rungs­sucht, aber auch die um­ge­bungs- und selbst­wahr­neh­mung die­ser leu­te ist meist sorg­fäl­tigst von je­der noch so klei­nen spur hu­mor ge­rei­nigt. und erst das, die völ­li­ge ab­we­sen­heit von hei­ter­keit im kom­mu­ni­zier­ten le­ben die­ser men­schen, macht den ko­sum des ge­schwät­zes [...] so un­er­träg­lich.

wie wäre es mit ei­nem preis, dem „anus des mo­nats“, ver­lie­hen an den­je­ni­gen mit der gröss­ten me­cker­dich­te, dem hu­mor­lo­ses­ten ge­brauch von kör­per­öff­nungs­be­zeich­nun­gen oder der selbst­ge­fäl­ligs­ten analaro­ganz? könn­te so aus­se­hen:

no­mi­nie­run­gen mit kur­zer be­grün­dung neh­me ix in den kom­men­ta­ren ent­ge­gen. selbst­ver­lei­hung ist selbst­ver­ständ­lich auch je­der­zeit mög­lich.