welt­ver­bes­sern, teil 9783426

felix schwenzel

john­ny hat sich über mich ge­är­gert. ich woll­te ihm im kom­men­tar­form ant­wor­ten, habe aber angst vor sei­nem neu­en kom­men­tar­be­wer­tungs­sys­tem (bra­vo max!) und pos­te es hier, ganz ir­rele­vant und lei­se.

ich muss zu­ge­ben ich bin pop­kul­tur-wahr­neh­mungs­ge­stört. ich bin völ­lig un­fä­hig mich im dro­gen­rausch oder rausch der mu­sik fal­len zu las­sen. des­halb ent­ge­hen mir si­cher­lich ei­ni­ge er­fah­run­gen die an­de­re ha­ben und ge­nies­sen. und mir fehlt so auch die er­fah­rung aus ei­ge­ner an­schau­ung die mich glau­ben lässt, dass mu­sik et­was än­dert. ich ste­he da als be­ob­ach­ter an der sei­te und wun­de­re mich. wie ein nüch­ter­ner der ne­ben ei­ner grup­pe be­sof­fe­ner, ki­chern­der tee­nies steht.

nichts­des­to­trotz glau­be ich, dass sol­che ver­an­stal­tun­gen doch et­was be­wir­ken kön­nen, hier ein biss­chen wach­rüt­teln, hier ein biss­chen auf­merk­sam ma­chen, hier und da bot­schaf­ten los­zu­wer­den, und das glo­bal. soll mir recht sein.

und dann bin ich doch wie­der an­ge­ekelt, von die­sen tritt­brett­fah­rern die die gan­ze choo­se ein­fach toll fin­den, sich mit bono oder an­de­ren stars ab­lich­ten las­sen und ein biss­chen vom licht­schein ab­ha­ben wol­len, von koch-mehrins die sich im gut­fin­den der mas­se an­schlies­sen und durchs gut­fin­den gut­ge­fun­den wer­den wol­len, von er­folg­lo­sen mo­de­ra­to­ren die sich eine schei­be des ster­nen­lichts ab­schnei­den wol­len und eben­falls auf tritt­brett sprin­gen, von mul­ti­mil­lio­nä­ren die ein biss­chen klamp­fe spie­len und sich da­nach auf ihre 50.000 qua­drat­me­ter ranch zu­rück­zie­hen de­ren ra­sen­flä­chen und pools von un­ter­be­zahl­ten, il­le­ga­len ein­wan­de­rern ge­pflegt wer­den und die file­sha­ring scheis­se fin­den weil sie dar­an nix ver­die­nen.

rich­tig kot­zen muss ich aber wenn mir ir­gend­wel­che mu­sikspackos die in li­mo­si­nen vom 5ster­ne ho­tel ab­ge­holt wer­den er­klä­ren wol­len wie die welt ih­rer mei­nung nach zu funk­tio­nie­ren habe und mir ihre kom­pe­tenz da­durch ve­ri­fi­zie­ren wol­len, weil sie ein­mal nel­son man­de­la im arm ge­habt ha­ben oder mal ihre son­nen­bril­le in der un-voll­ver­samm­lung ab­ge­nom­men ha­ben.

wenn die­ses sat­ten welt­ver­bes­se­rer we­nigs­tens die wahr­heit sa­gen wür­den, mal eben er­wäh­nen wür­de wel­che fol­gen ein wirk­lich ge­rech­ter welt­han­del denn für uns in der fet­ten, selbst­zu­frie­de­nen „ers­ten welt“ ha­ben wür­de, näm­lich ver­zicht, rote bee­te statt man­gos, ein ende der un­glaub­li­chen ver­schwen­dung von re­sour­cen für den lu­xus, ganz ein­fach ein ende der aus­beu­tung der zwei­ten und drit­ten welt auf de­ren ba­sis wir seit ein paar hun­dert jah­ren un­se­ren wohl­stand auf­bau­en. ge­rech­ter welt­han­del be­deu­tet nicht ein paar brot­kru­men die üb­rig ge­blie­ben sind nach afri­ka zu wi­schen, son­dern trä­nen. ab­schieds­trä­nen vom wohl­stand, trä­nen weil die tas­se kaf­fee 16 euro kos­tet, bil­ly 600 euro und der all in­clu­si­ve ur­laub in ke­nia ein jah­res­ge­halt. trä­nen, weil ech­te „spar­nunft“ weh tut. wenn geldof und bono mir das ehr­lich ins ge­sicht wür­den, dann wür­de ich den jungs in mei­nem klei­nen, ir­rel­van­ten web­log kom­pro­mis­los zu­ju­beln.

aber so­weit wird es vor­erst nicht kom­men, denn die but­ter las­sen wir wohl­stands­kin­der uns nicht vom brot neh­men. po­li­ti­ker die das von live8 ge­for­der­te tun wür­den („die Ent­wick­lungs­hil­fe ver­dop­peln, die Schul­den strei­chen und Afri­ka [wat is mit asi­en, süd­ame­ri­ka, doo?] ei­nen fai­ren Han­del si­chern […]“) was bono & co vor­ge­ben zu for­dern, die wer­den so­fort ab­ge­wählt. ver­zicht und ge­rech­tig­keit zu for­dern ist ver­dammt ein­fach. die scheis­se aber mal wirk­lich durch­zu­zie­hen und zu­en­de zu den­ken, das wagt und will dann doch kei­ner. wei­ter mit mu­sik.