Ich mal das hier mal grün

Stefan Niggemeier

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Ich hät­te dann noch ein Wört­chen zu re­den mit dem Men­schen, der für die „ADAC Län­der­Kar­te Ber­lin und Bran­den­burg“ die Ent­schei­dun­gen ver­ant­wor­te­te, an wel­che Stra­ßen die grü­nen Stri­che kom­men, die sie zur „land­schaft­lich schö­nen Stre­cke“ auf­wer­ten. Das ist, wenn man so ei­nen Wo­chen­end­aus­flug macht, ja kei­ne ganz un­wich­ti­ge In­for­ma­ti­on: Man guckt sich in ei­nem Rei­se­füh­rer zwei, drei schö­ne Zie­le aus und ver­sucht sie so mit­ein­an­der zu ver­bin­den, dass man mög­lichst vie­le grün mar­kier­te Stra­ßen be­nutzt. So ma­che ich das je­den­falls.

Und ich habe mich im­mer schon da­für in­ter­es­siert, wer das ei­gent­lich ent­schei­det, ob eine Stre­cke „land­schaft­lich schön“ ist oder nicht. Gibt es da Stra­ßen­tes­ter, die kri­tisch die Stre­cken ab­fah­ren und sich No­ti­zen ma­chen? Gibt es stren­ge Kri­te­ri­en: kei­ne grü­ne Mar­kie­rung bei mehr als drei Wind­rä­dern in Sicht­wei­te? Gibt es re­gio­na­le Un­ter­schie­de: Ist es im un­auf­re­gen­den fla­chen Ham­bur­ger Um­land leich­ter für eine Stra­ße, grün mar­kiert zu wer­den, als in der oh­ne­hin sa­gen­haf­ten Säch­si­schen Schweiz, in der ei­gent­lich jede Stra­ße grün mar­kiert wer­den müss­te, wenn man die Maß­stä­be des Ham­bur­ger Um­lan­des an­legt? Und darf je­der Kar­ten­ver­lag selbst ent­schei­den, wel­che Stre­cken er „land­schaft­lich schön“ nennt und wel­che nicht, oder gibt es eine staat­li­che Stre­cken-Mar­kie­rungs-Kom­mis­si­on, die in ei­nem lan­gen bü­ro­kra­ti­schen Pro­zess über Grün oder Nicht-Grün ent­schei­det?

Je­den­falls ha­ben wir am letz­ten Wo­chen­en­de süd­öst­lich von Ber­lin eine Wei­le ge­braucht, bis wir ge­merkt ha­ben, dass der Mensch, der für die grü­nen Mar­kie­run­gen in un­se­rer Kar­te ver­ant­wort­lich war, of­fen­bar we­nig mit den schö­nen, hü­ge­li­gen, ab­wechs­lungs­rei­chen Land­stra­ßen im Land­kreis Oder-Spree an­fan­gen konn­te, aber je­den ein­tö­ni­gen Na­del­baum­wald rechts und links der Stra­ße Grund ge­nug fand, sie grün zu mar­kie­ren. Und seit­dem fra­ge ich mich, ob der Mann wirk­lich nichts gei­ler fin­det, als ki­lo­me­ter­lang schnur­ge­ra­de an Baum-Mo­no­kul­tu­ren vor­bei­zu­fah­ren. Oder ob sich da ein Ab­grund an Kor­rup­ti­on auf­tut und ein paar cle­ve­re Bür­ger­meis­ter und Gas­tro­no­men in der Ge­gend ein­fach wis­sen, wie hilf­reich es für das Ge­schäft (und den tou­ris­ti­schen Durch­gangs­ver­kehr) sein kann, wenn man so ei­nem Stre­cken­tes­ter und Grün­mar­kie­rer ein­fach ein paar Jung­frau­en aus dem Dorf op­fert zur Ver­fü­gung stellt.

schön, grün