dün­ne ro­te li­ni­en

felix schwenzel

es gibt leu­te, die ha­ben im­mer ein stück­chen rote krei­de da­bei um nach ei­ge­nem gut­dün­ken dün­ne rote li­ni­en da­hin zu zeich­nen wo es ih­nen ge­ra­de passt. wenn ei­ner die­se dün­nen ro­ten li­ni­en über­schrei­tet plus­tern sie sich auf und zei­gen laut mit dem von der krei­de ro­ten fin­ger auf die li­ni­en­über­schrei­ter und fan­gen an zu schrei­en. die­je­ni­gen mit ro­ter krei­de in der hand über­sprin­gen die von ih­nen ge­zeich­ne­ten dün­nen ro­ten li­ni­en al­ler­dings hin und wie­der, wenn man sie fragt war­um sie ihre ei­ge­nen dün­nen ro­ten li­ni­en über­schrei­ten, ant­wor­ten sie, sie sei­en auf der gu­ten sei­te, sie tä­ten es für die gute sa­che.

nun kann je­der der ein biss­chen geld in der ta­sche hat sich rote krei­de kau­fen und nie­mand hält ir­gend­je­man­den da­von ab, ei­ge­ne dün­ne rote li­ni­en zu zie­hen, was die sa­che, bzw. die li­ni­en­mus­ter un­ge­heu­er kom­pli­ziert ma­chen kann. auch ich habe schon rote krei­de be­nutzt und dann mit mei­nen krei­de­ro­ten fin­gern auf leu­te ge­zeigt, ge­nau­so wie ich be­reits dün­ne rote li­ni­en über­schrit­ten habe die ir­gend­wel­che klug­scheis­ser in mei­nem weg ge­zo­gen ha­ben.

das al­les spricht nicht prin­zi­pi­ell ge­gen rote li­ni­en, wohl aber da­für, dass die in­ter­pre­ta­ti­on, ge­nau­so wie das zeich­nen der dün­nen ro­ten li­ni­en eine sa­che ist, die von vie­len ge­macht wer­den soll­te. men­schen die dar­auf be­stehen, dass nur ihre ei­ge­nen dün­nen ro­ten li­ni­en gül­tig­keit ha­ben, soll­te man mit vor­sicht be­geg­nen, ins­be­son­de­re wenn es tän­zer sind.

und, auch das ab­sicht­li­che über­schrei­ten von li­ni­en die im kon­sens ge­zo­gen wur­den, kann hin und wie­der hilf­reich sein, wenn es öf­fent­lich ge­macht wird und eine of­fe­ne dis­kus­si­on er­mög­licht wird. manch­mal kann es aber auch ein griff ins klo sein. klü­ger ist man am ende aber in je­dem fall.