re­le­vanz der re­le­schwanz

felix schwenzel

wenn ich an­ner su­per­markt­kas­se ste­he, in­ter­es­siert sich die kas­sie­rin nicht für mei­ne be­su­cher­zah­len oder ver­lin­kun­gen laut tech­no­ra­ti. freun­de, de­nen ich in aku­ten fäl­len von an­ge­be­ri­tis mei­ne beu­cher­zah­len nen­ne, las­sen sich kurz zu ei­nem „wow“ oder „uhh“ hin­reis­sen und zu­cken 5 se­kun­den spä­ter mit der schul­ter als ob ich ge­sagt hät­te, ich habe 1500 pa­ni­ni-bild­chen. die­se gan­zen schwanz­ver­gleichs­werk­zeu­ge, ran­kings und mei­net­we­gen auch blog­ger­tref­fen (auf de­nen „wie man hört“ „so we­nig über Mu­sik, über rum­klim­pern und aus­pro­bie­ren und Har­mo­nie und Dis­so­nanz“ ge­re­det wur­de) sind un­nö­tig wie mein kopf eine wii-spiel­kon­so­le. kein mensch braucht sol­che din­ge und doch ma­chen sie spass. bei der wii zum bei­spiel ler­ne ich lang­sam wie ich asse schla­ge, den ball un­halt­bar die li­nie ent­lang schmet­te­re und wer­de lang­sam (mit 1800 punk­ten) zum ten­nis-pro­fi wer­de. na und? zu ge­brau­chen sind mei­ne fä­hig­kei­ten an ei­ner spiel­kon­so­le nir­gend­wo an­ders als an der spiel­kon­so­le. selbst mit 6000 punk­ten er­rei­che ich nicht mehr als ein biss­chen spass und nen platz auf ir­gend­ei­ner lis­te für die sich nicht mal ein pro­mil­le der welt­be­völ­ke­rung in­ter­es­siert.

be­su­cher­zah­len, re­le­schwanz­ver­glei­che, heis­sen sie nun blog­coun­ter, tech­no­ra­ti, blog­charts, high­scores, lead-awards oder tak­ka-tuk­ka-eh­ren­na­deln hel­fen nix, brin­gen nix, ma­chen nicht satt. aber lis­ten scha­den auch nicht und men­schen lie­ben lis­ten. denn sie er­zeu­gen die il­lu­si­on, dass un­fass­ba­res plötz­lich ein­ord­nen­bar, greif­bar, ver­gleich­bar oder ver­ständ­lich wird. lis­ten sind il­lu­si­on, weil sie im­mer nur ein­zel­ne aspek­te mes­sen und nie das gan­ze er­fas­sen kön­nen. das kann man nur (wenn über­haupt), wenn man sich wirk­lich ein­ge­hend mit ei­ner sa­che be­schäf­tigt.

aber ich woll­te noch auf eine an­de­re il­lu­si­on hin­aus. die il­lu­si­on mit den klick­zah­len. an­drea schrieb sie su­che in blogs

Das Ge­fühl, daß mir je­mand et­was mit­tei­len will, ohne auf Klick­zah­len zu schie­len. Die Ge­wiß­heit, daß ich es eben mit ei­ner Per­son zu tun habe und nicht mit ei­nem Me­di­um. Daß mir je­mand et­was schenkt, ohne et­was zu­rück­ha­ben zu wol­len.

auf klick­zah­len habe ich ge­schaut als ich 10 le­ser hat­te, ich habe drauf ge­schaut als ich 100 le­ser hat­te und ich schaue im­mer noch drauf. ich ken­ne auch kaum ei­nen blog­ger der nicht auf klick­zah­len schaut. nur was hat das ur­säch­lich mit der schrei­be zu tun? was ha­ben ver­kaufs­zah­len von mu­sik mit der qua­li­tät von mu­sik zu tun? was hat das was vie­le als au­then­ti­zi­tät oder qua­li­tät be­zeich­nen mit pla­zie­rung in lis­ten oder klick­zah­len oder wer­be­ban­nern zu tun?

na­tür­lich ver­än­dert sich die hal­tung zu be­stimm­ten din­gen, wenn man vie­le le­ser hat weil man mehr feed­back be­kommt, weil man mehr kri­tik oder lob ab­be­kommt, weil man leu­te ken­nen­lernt die man sonst nie ken­nen­ler­nen wür­de, zum bei­spiel rechts­an­wäl­te — aber doch nicht we­gen klick­zah­len oder der plat­zie­rung in ir­gend­ei­ner lis­te oder weil man wer­bung hat oder auf klick­zah­len guckt.

ich wer­de ei­gent­lich nur in zwei si­tua­tio­nen pam­pig: wenn man mei­ne wit­ze nicht ver­steht und wenn man ver­sucht mir mei­ne per­sön­lich­keit oder mei­ne hal­tung zu er­klä­ren. wenn man rück­schlüs­se auf mei­ne hal­tung zieht, we­gen ir­gend­wel­cher zah­len auf ir­gend­wel­chen lis­ten und nicht we­gen mei­ner tex­te. wenn man zum bei­spiel an­deu­tet, weil man be­stimm­te zah­len oder wer­bung habe, wür­de man leu­te die kei­ne ha­ben „un­wert“ oder ir­rele­vant fin­den.

ich könn­te jetzt noch aus­ho­len und sa­gen, dass ich es auch doof fin­de leu­te nach ih­rer klei­dung oder fri­sur zu be­ur­tei­len oder al­lein da­nach für wen sie ar­bei­ten (oder von wem sie geld neh­men), dass ich es doof fin­de ver­an­stal­tun­gen al­lein da­nach zu be­ur­tei­len „was man so hört“. aber ei­gent­lich ist es mir ge­nau­so wurst wie an­drea das ih­ren wor­ten nach auch „wurscht“ ist.

da wir­res laut jack­pot­ba­by.de ein „Fach­blog für Aus­schei­dun­gen“ ist, hier also noch eine be­son­ders schö­ne aus­schei­dung der jack­pot­ba­bys im re:pu­bli­ca rück­blick:

Ge­ra­de im Ge­spräch mit Hike über Mu­sik­blogs wird aber klar, dass es über­all Blog-Klum­pen gibt, die für sich fast aut­ark funk­tio­nie­ren, über re­gio­na­le Zu­ge­hö­rig­keit, Freun­des­kreis, Schu­le, etc.
Es gibt also struk­tu­rell kei­ne Blogo­sphä­re. In­halt­lich und funk­tio­nell auch kaum. Ich wür­de ger­ne auf alle Zei­ten “Blogo­sphä­re” und “Klein Blog­gers­dorf” und all de­ren Syn­ony­me ver­bie­ten las­sen.

und von mir aus kön­nen die wor­te „a-list“, „a-blog­ger“ und „die da“ auch gleich ver­klappt wer­den.