son­natgs im kaf­fee­haus

felix schwenzel

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heu­te hab ix in der fas ein paar tex­te über ti­bet und chi­na ge­le­sen. das war bes­ser als al­les was ich bis­her on­line ge­le­sen habe. nicht dass es nicht auch on­line viel gu­tes zu le­sen gäbe, nur of­fen­sicht­lich hat­te ich ir­gend­wel­che grün­de dass in die­ser form nicht zu tun. ich lese wirk­lich viel on­line und vor al­lem, ei­gent­lich, auch ger­ne. ich wür­de so­gar sa­gen, ich mag die hap­tik von tex­ten die ich on­line lese. das scrol­len der tex­te mit zwei fin­gern auf dem touch­pad, die mög­lich­keit text zu mar­kie­ren, zu ver­grös­sern, zu ko­pie­ren, das ist al­les gross­ar­tig. ich lese ger­ne und viel on­line.

trotz­dem, man­che tex­te durch­drin­gen, wenn sie mir on­line be­geg­nen, nicht mei­ne auf­merk­sam­keits­schwel­le. selbst wenn ein text bei blog­gern die ich schät­ze oder bei riv­va auf­taucht, also ge­wiss ein we­nig re­le­vanz hat, man­che tex­te schaf­fen es ein­fach nicht, mich dazu zu brin­gen mich wei­ter mit ih­nen zu be­schäft­gen als sie für spä­ter zu book­mar­ken oder in ei­nem der 30 ge­öff­nen tags, bis zum nächs­ten brow­ser­ab­sturz, ver­sau­ern zu las­sen. gute oder emp­foh­le­ne tex­te zu le­sen geht manch­mal auch ein­fach nicht, kei­ne zeit, kei­ne lust, ge­ra­de an­de­re sa­chen im kopf. eine stra­te­gie die ich mir für tex­te die mich spä­ter, in ei­ner ru­hi­gen mi­nu­te in­ter­es­sie­ren könn­ten zu­recht­ge­legt habe, ist sie per in­sta­pa­per zu mar­kie­ren und in der ru­hi­gen mi­nu­te auf dem lap­top oder dem han­dy zu le­sen. aber auch das klappt nicht im­mer.

eine zei­tung zu kau­fen hin­ge­gen ist ein be­wuss­ter akt, meist tue ich das be­vor ich bahn fah­re oder ein paar stun­den zeit habe und lese sie dann, bei­spiels­wei­se sonn­tags, in ruhe, in ei­nem café. ich muss dann kei­nen ap­pa­rat raus­ho­len, mir kei­ne sor­gen um strom oder das (zu klei­ne) han­dy­dis­play zu ma­chen, ich lege die zei­tung auf den tisch, stel­le ei­nen kaf­fee da­ne­ben und lese. die zei­tung kann ich um­blät­tern und le­sen, mehr aber nicht. wenn ich ei­nen ar­ti­kel on­lin lese, spielt sich mein mail­pro­gramm oft wich­tig in den vor­der­grund und ruft: „neue mails“ oder twit­ter quäckt mir wie­der 200 tweets ent­ge­gen, mir fal­len am rech­ner im­mer 200 sa­chen ein, die ich tun könn­te statt ei­nen län­ge­ren ar­ti­kel zu le­sen.

die zei­tung bie­tet we­ni­ger ab­len­kung. zei­tung le­sen ist kon­tem­pla­tiv, in zei­tun­gen kann man ver­sin­ken, man kann sich so­gar da­hin­ter ver­ste­cken.

hin­zu kommt, in der zei­tung heu­te, also heu­te in der fas, wa­ren meh­re­re sei­ten zum the­ma (ti­bet-schwer­punkt) zu­sam­men­ge­fasst, alle ar­ti­kel hat­ten ei­nen ge­wis­sen qua­li­täts­stan­dard, wa­ren vor­ge­fil­tert, aber nicht so ge­fil­tert, dass ich das ge­fühl hat­te, dass et­was aus­ge­las­sen wur­de, im ge­gen­teil. die ar­ti­kel be­leuch­te­ten, wenn nicht alle, so doch recht vie­le stand­punk­te. si­cher­lich hät­te ich on­line qua­li­ta­tiv ähn­li­ches fin­den kön­nen, wenn ich be­reit wäre zu su­chen, zu kli­cken, ab­zu­wä­gen. nur, mit der zei­tung heu­te im café brauch­te ich das nicht. al­les war fertg ser­viert, ich konn­te es le­sen, mir mei­ne mei­nung bil­den und sie jetzt ins in­ter­net schrei­ben. mei­ne mei­nung zum the­ma ti­bet ist ganz ein­fach: das ist al­les furcht­bar kom­pli­ziert.

aber das woll­te ich gar nicht sa­gen. was ich ei­gent­lich sa­gen woll­te: print ist noch lan­ge nicht tot. zu­min­dest nicht, so­lan­ge es noch öf­fent­li­che ca­fés gibt.

[wer es doch on­line le­sen möch­te: ein hoch­in­ter­es­san­tes in­ter­view mit dem chi­ne­si­schen künst­ler ai wei­wei zum the­ma ti­bit und zen­zur und ein, wie ich fand, ziem­lich dif­fe­ren­zier­tes por­trait über den da­lai lama.]