man­gel­de so­li­da­ri­tät mit den BOBs?

felix schwenzel

kei­ne ah­nung ob mein kom­men­tar, den ich eben un­ter die­sen spree­blick-ar­ti­kel ge­setzt habe in der mo­de­ra­ti­on fest­hängt oder in den or­kus ge­wan­dert ist, weil er zu lang, zu blöd oder zu link­reich war, ich pos­te ihn jetzt ein­fach noch­mal hier:

ich nei­ge zum igno­rie­ren von din­gen von de­nen ich kei­ne ah­nung habe. so lese ich we­der chi­ne­si­sche ta­ges­zei­tun­gen, noch op­po­so­tio­nel­le chi­ne­si­sche blogs. das wall­street-jour­nal lese ich auch ganz sel­ten und ker­phy­sik-kon­gres­se habe ich bis­her auch noch kei­nen ein­zi­gen be­sucht. ob­wohl ich mich lai­en­haft sehr für gy­nä­ko­lo­gie in­ter­es­sie­re, habe ich kei­ne ein­zi­ge se­riö­se pu­bli­ka­ti­on dar­über in mei­ner bi­blio­thek.

dann nei­ge ich ich auch noch dazu, ver­an­stal­tun­gen oder er­eig­nis­se zu igno­rie­ren von de­nen ich nicht weiss, dass sie statt­fin­den. manch­mal än­de­re ich zwar mei­ne rei­se­plä­ne, wenn ich von ei­ner ver­an­stal­tung drei tage vor­her er­fah­re, zum bei­spiel bei ei­ner par­ty mei­nes bes­ten freun­des oder ei­ner blitz­hoch­zeit oder so. die ein­la­dung zur BOBs-ver­lei­hung kam lei­der so­was von zu spät, dass ich nicht wuss­te ob ich la­chen oder heu­len soll­te.

und dann ist da noch die sa­che mit blog­prei­sen, so ganz all­gei­mein. du schreibst, blogs kön­nen „wie im Fal­le der aus­ge­zeich­ne­ten Blogs aus Chi­na und Cuba mäch­ti­ge Werk­zeu­ge sein, um [das de­mo­kra­ti­sche] Grund­recht [auf Rede- und Mei­nungs­frei­heit] in An­spruch zu neh­men.“ klar, nur sind blogs das auch ohne den BOBs-, grim­me-, oder son­stei­nes blog-prei­ses. klar gibt es blogs die es ver­die­nen oder de­nen es gut tut oder de­ren be­trei­bern es hilft auf­merk­sam­keit zu be­kom­men, aber mei­ne be­schei­de­ne er­fah­rung mit, ich sag das mal all­ge­mei­ner, me­di­en­prei­sen ist, dass me­di­en­prei­se vor al­lem dazu die­nen dem stif­ter auf­merk­sam­keit zu ver­schaf­fen. im ide­al­fall ist das ver­hält­nis aus­ge­wo­gen, alle be­kom­men auf­merk­sam­keit und alle freu­en sich. und im spe­zi­el­len war das mit den BOBs die­se jahr viel­leicht so­gar be­son­ders lo­bens­wert, dass die deut­sche wel­le den aus­ge­zeich­ne­ten blogs alle auf­merk­sam­keit zu­schie­ben möch­te und in ei­nem an­fall von über­be­schei­den­heit ein­fach über­haupt kein ei­gen-mar­ke­ting oder -wer­bung macht.

hin­zu kommt, dass ich bis­her die aus­wahl­pro­zes­se und jury-ent­schei­dun­gen fast al­ler me­di­en­prei­se von de­nen ich be­wusst et­was mit­be­kom­men habe, als völ­lig blöd­sin­nig und in­trans­pa­rent emp­fun­den habe. die BOBs vor drei jah­ren bei­spiels­wei­se, hat­ten als ka­te­go­rie mal „bes­tes jour­na­lis­ti­sches“ blog und den preis dann „lys­sas lounge“ ge­ge­ben. nix ge­gen lys­sa und ihre lounge, echt, aber sol­che nicht-nach­voll­zieh­ba­ren ent­schei­dun­gen hel­fen mir nicht son­der­lich den an­de­ren ent­schei­dun­gen der jury zu trau­en. dann mag es schon sein, dass die jury ein un­glaub­lich wich­ti­ges oder lo­bens­wer­tes oder tol­les aus­län­di­sches blog her­aus­pickt, dass je­des quänt­chen lob und auf­merk­sam­keit ver­dient — nur spielt das dann für mich schon lan­ge kei­ne rol­le mehr: wenn schon die mir nach­voll­zieh­ba­ren ent­schei­dun­gen nicht nach­voll­zieh­bar sind, wie soll ich dann die für mich nicht nach­voll­zieh­ba­ren ent­schei­dun­gen nach­voll­zie­hen?

ne­ben den mar­ke­ting- und glaub­wür­dig­keits-de­fi­zi­ten kran­ken die BOBs noch an ei­nem wei­te­ren ent­schei­den­den aspekt: wie sol­len sich blog­ger die *nicht* un­ter le­ben­ge­fahr blog­gen, son­dern zum bei­spiel über fä­ka­li­en, fern­se­hen, mu­sik-charts oder das wet­ter in ham­burg schrei­ben, mit blogs mes­sen, die un­ter le­bens­ge­fahr, re­pres­si­on und an­de­ren wid­ri­gen um­stän­den ent­ste­hen?

wie ge­sagt (wenn auch nur zwi­schen den zei­len), ich glau­be durch­aus, dass die BOBs eine gute sa­che sind, ge­nau­so wie gy­nä­ko­lo­gen-kon­gres­se oder die UN-voll­ver­samm­lung oder eine kli­ma­kon­fe­renz, nur habe ich noch nicht ge­nau ver­stan­den, war­um mich das ge­nau in­ter­es­sie­ren soll­te. von da­her kommt mir dei­ne ver­mu­tung, dass sich in deutsch­land nie­mand für die BOBs in­ter­es­siert, weil „die deut­sche Blogo­sphä­re un­glaub­lich selbst­ver­liebt, selbst-re­fe­ren­zi­ell“ ist, ein biss­chen weh­lei­dig vor. klar, man kann auch die 99 pro­zent al­ler men­schen die nicht ins thea­ter ge­hen oder sich re­gel­mäs­sig deut­sches au­toren-kino rein­zie­hen als kul­tur­lo­se, selbst­re­fe­ren­zi­el­le ba­nau­sen be­schimp­fen, man kann sich dar­über echauf­fie­ren, dass die leu­te lie­ber MP3s aus dem in­ter­net „raub­ko­pie­ren“ statt sich ko­pier­ge­schüt­ze CDs zu kau­fen oder dass so vie­le leu­te lie­ber bat­man als die bach­mann-preis-ver­lei­hung an­gu­cken. nur manch­mal is­ses dann auch ne gute idee mal ei­nen blick auf sich selbst oder die von ei­nem mit­mo­de­rier­te ver­an­stal­tung zu wer­fen, be­vor man mit dem zei­ge­fin­ger zu fuch­telt.

kurz, be­vor du hier al­len die nicht zur BOBs-ver­lei­hung er­schie­nen sind oder dar­über ge­schrie­ben ha­ben, man­geln­de so­li­da­ri­tät mit men­schen die ihr „Le­ben ris­kie­ren“ un­ter­stellst, könn­test du viel­leicht noch ein, zwei ge­dan­ken dar­an ver­schwen­den ob die kom­mu­ni­ka­ti­on ei­ner so no­blen sa­che wie die BOBs-ver­lei­hung nicht noch ver­bes­sert wer­den könn­te. we­nigs­tens ein biss­chen.

[nach­trag 08.12.2008]
ir­gend­wann heut nacht wur­de mein kom­men­tar frei­ge­schal­tet. ich las­se ihn trotz­dem hier ste­hen. apro­pos kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­fi­zi­te, of­fen­bar gabs die nciht nur mit dem pu­bli­kum, son­dern auch mit den no­mi­nier­ten. wenn ich mich recht er­in­ne­re, ist das auch ein déjà-vu.