der nie­der­gang der zei­tun­gen

felix schwenzel

zei­tun­gen wer­den nicht we­gen dem in­ter­net oder der wirt­schafts­kri­se oder we­gen dem bou­le­var­des­quen schrott mit dem sie ihre le­ser lang­wei­len un­ter­ge­hen. sie wer­den un­ter­ge­hen, weil sie — oder ge­nau­er ihre ma­cher — ihre le­ser tief im in­ne­ren für dumm hal­ten und ih­nen das auf eine zwar ver­lo­gen-ver­deck­te art, aber doch mit ei­nem col­ga­te-lä­cheln di­rekt ins ge­sicht sa­gen.

sie schrei­ben ih­ren le­sern brie­fe, auf de­nen aus­sen steht: „ihre mei­nung ist uns wich­tig“ und in­nen ein als fra­ge­bo­gen ge­tarn­tes abo-an­ge­bot steht. oder sie schi­cken all de­nen de­rer adres­sen sie hab­haft wer­den konn­ten sug­ges­tiv for­mu­lier­te emails, in de­nen steht, das man „aus­ge­wählt“ wur­de an ei­ner wich­ti­gen um­fra­ge teil­neh­men kön­ne und dass man auch noch ein han­dy oder ein „rei­se­set“ ge­schenkt be­kom­men könn­te. und auch das ist, bei ge­naue­rem le­sen, wie­der nichts an­ders als abo-wer­bung.

im­mer das glei­che mot­to: per­sön­li­che an­re­de, schmie­ri­ges, an­bie­dern­des bild des chef­re­dak­teurs (samt un­ter­schrift), ek­li­ges an­schlei­men mit wor­ten wie „wich­tig“, „aus­ge­wähl­ter per­so­nen­kreis“ oder ge­spiel­ter wert­schät­zung, ge­schick­te for­mu­lie­run­gen, die vor­tei­le oder ge­schen­ke sug­ge­rie­ren — al­les um am ende nur ein abo zu ver­ti­cken.

heu­te zum bei­spiel in mei­nem post­fach:

nicht nur das grin­se­ba­cken-bild nervt, vor al­lem der un­voll­stän­di­ge und fehl­lei­ten­de satz­bau:

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Zu­sätz­lich schen­ken wir Ih­nen ein LG KP100 Cal­lYa Pre­paid-Han­dy
oder ein 3-teil­i­ges Rei­se­set.

klar er­kenn­bar, dass es die ge­schen­ke nur mit ab­schluss des pa­pier-abos gibt, ist es aus der for­mu­lie­rung nicht. is ja auch ei­gent­lich nicht wei­ter schlimm, von ge­gel­ten ver­trieb­lern und ver­käu­fern an der haus­tür ist es ja be­kannt, dass man de­ren an­ge­bo­te und ver­spre­chen min­des­tens eine nacht über­schla­fen soll­te oder am bes­ten mit ei­nem an­walt be­spre­chen soll­te, dass sie ei­nem vor dem kauf das blaue vom him­mel vor­schwär­men und da­nach nicht mehr zu spre­chen sind.

nur war­um gibt sich je­mand für sol­che halb­sei­de­nen wer­be­ver­su­che her, der sich jour­na­list oder „chef­re­dak­teur“ nennt, ein be­ruf dem es — so dach­te ich nai­ver­wei­se lan­ge — auf glaub­wür­dig­keit an­kommt, dar­auf, dass die le­ser ihm ver­trau­en schen­ken? war­um un­ter­schreibt so je­mand ein an­schrei­ben, dass ganz of­fen­sicht­lich auf die dumm­heit des le­sers baut oder ihm zu­min­dest fal­sche in­ten­tio­nen vor­spielt (ex­klu­si­vi­tät, in­ter­es­se, be­reit­schaft et­was zu ver­schen­ken)?

auch wenn ich pau­scha­li­sie­ren fast so scheis­se fin­de wie an­schlei­men, manch­mal habe ich den ein­druck, dass jour­na­lis­ten noch ver­lo­ge­ner sind als po­li­ti­ker und au­to­po­li­tur-ver­käu­fer.