true blood

felix schwenzel

john­ny hat recht. „true blood“ ist „nicht hu­mor­frei“, „über­ra­schend“, „schräg“ und er­in­nert an „twin peaks“. wo­bei ich „twin peaks“ nicht ge­se­hen habe, bzw. beim ver­such es an­fang des jah­res zu se­hen, im­mer ein­ge­schla­fen bin.

um was es bei „true blood“ geht kann man bei john­ny nach­le­sen oder im in­ter­net, wo­bei man ge­ra­de bei wi­ki­pe­dia auf­pas­sen muss, die ist voll mit un­an­ge­kün­dig­ten spoi­lern. ich sag nur so­viel: „true blood“ spielt im tie­fen ame­ri­ka­ni­schen sü­den, die dar­stel­ler ha­ben alle ei­nen herr­lich be­scheu­er­ten süd­staa­ten-ak­zent und es ist im­mer so irre heiss, dass alle dar­stel­ler halb­nackt rum­lau­fen. das wir­lich tol­le an „true blood“ ist al­ler­dings, dass es in ers­ter li­nie ein gut ge­mach­tes be­zie­hungs­dra­ma ist, nein, ge­nau­er, voll mit be­zie­hungs­dra­men ist. alle fi­gu­ren er­schei­nen auf den ers­ten blick völ­lig nor­mal, trin­ken, re­den, ka­beln, fi­cken mit­ein­an­der und al­lein das lohn­te schon, die se­rie an­zu­se­hen. die dia­lo­ge er­schei­nen au­then­tisch, die fi­gu­ren ha­ben tie­fe und die ste­reo­ty­pen wer­den nicht platt­ge­walzt, son­dern ge­schickt als gag­vor­la­gen ge­nutzt. oben­drauf, wie eine pri­se salz, ha­ben ei­ni­ge der fi­gu­ren auch noch über­sinn­li­che oder fan­tas­ti­sche fä­hig­kei­ten. die haupt­dar­stel­le­rin so­o­kie stack­house, kann ge­dan­ken le­sen, ein paar leu­te sind vam­pi­re, ei­ner ist mas­sen­mör­der, an­de­re sind al­ko­ho­li­ker, so­ziapthen oder schwul. nun ist we­der al­ko­ho­lis­mus noch so­zio­pa­then­tum, schwul­sein oder mas­sen­mör­der­tum et­was über­sinn­li­ches, aber das tol­le an der se­rie ist, dass alle mit ih­ren vor­lie­ben, schwä­chen oder ga­ben glei­cher­mas­sen zu kämp­fen ha­ben, die fi­gu­ren wer­den nicht al­lein auf ihre ga­ben oder schwä­chen re­du­ziert.

die nor­ma­li­tät, mensch­lich­keit und echt­heit der se­rie ist es, die das her­ein­bre­chen von ge­walt und irr­sinn, ab­sur­di­tät und über­sinn­li­chem so scho­ckie­rend und span­nend macht. und an ge­walt und irr­sinn spart die se­rie nicht. die grau­en­haf­te ge­walt und die vie­len klei­nen dra­men ge­hen ei­nem als zu­schau­er so nahe, weil die fi­gu­ren so mensch­lich ge­zeich­net sind, weil man sich mit ih­nen so gut iden­ti­fi­zie­ren kann. wo „he­roes“ we­gen der über­do­sie­rung nach kur­zer zeit nervt, die vie­len über­mensch­li­chen fä­hig­kei­ten und pseu­do-kon­flik­te und ver­schwö­rungs­theo­rien ei­nen bald nur noch lang­wei­len, bleibt „true blood“ qua­si auf dem tep­pich, im mensch­li­chen mass. des­ah­lb geht es ei­nem so nahe.

ne­ben den nor­ma­len zwi­schen­mensch­li­chen kon­flik­ten, geht es in der se­rie vor al­lem um den kon­flikt zwi­schen den be­für­wor­tern von bür­ger­rech­ten für vam­pi­re und den vam­pir­has­sern, die der mei­nung sind, al­les schlech­te und böse käme von den vam­pi­ren. ähn­lich wie „raum­schiff en­ter­pri­se“ den kon­flikt zwi­schen weiss und schwarz, ost und west auf eine an­de­re ebe­ne hob und so für to­le­ranz und frie­den, freu­de, ei­er­ku­chen warb, wirbt „true blood“, wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe, für ge­sell­schaft­li­che to­le­ranz und ein fried­li­ches und recht­lich ab­ge­si­cher­tes zu­sam­men­le­ben von schwu­len und he­te­r­oes oder an­ge­hö­ri­gen ver­schie­de­ner re­li­gio­nen und volks­grup­pen. viel­leicht ja auch, wenn man die ana­lo­gie arg stre­cken will, von „in­ter­net­aus­dru­ckern“ und „on­line­com­mu­ni­ty­be­nut­zern“.

zu den qua­li­tä­ten des dreh­buchs kommt das wahn­sin­nig gute en­sem­ble. vie­le ge­sich­ter kennt man aus funk und fern­se­hen und doch kommt ei­nem kei­nes rich­tig be­kannt vor (aus­ser dem rie­sen­ba­by­kopf von olaf scholz chris bau­er).

vom vor­spann liess mich schon nach den ers­ten paar fol­gen zu wil­den lo­bes­hym­nen auf twit­ter hin­reis­sen (wie alle gu­ten vor­spän­ne zu 60% aus dem auto ge­filmt) und die wer­bung für die staf­fel zwei, auf die john­ny hin­wies, ist ziem­lich gran­di­os.

das pro­blem an „true blood“ ist, dass man es auf le­ga­lem wege bei­na­he nicht be­kommt. ich habe mir die ers­te staf­fel im ame­ri­ka­ni­schen itu­nes store ge­kauft und da­für fast mei­ne gan­zen itu­nes gut­schei­ne die ich auf mei­ner hoch­zeits­rei­se ge­kauft habe auf­ge­braucht. im bri­ti­schen ama­zon kann man die staf­fel 1 DVD vor­be­stel­len, ge­lie­fert wird erst ende ok­to­ber — und das ob­wohl die zwei­te staf­fel in den USA be­reits bis zur fol­ge 6 durch ist. kack­scheiss.