rü­gen

felix schwenzel

al­les was ich bis vor kur­zem über rü­gen wuss­te, war ge­prägt von die­sem bild von cas­par da­vid fried­rich.

nach un­se­rem ur­laub auf rü­gen weiss ich, dass die wirk­lich­keit, wie so oft, ganz an­ders aus­sieht:

na gut. das war po­le­misch. rü­gen ist an vie­len ecken noch viel schö­ner als cas­par da­vid fried­rich es dar­stell­te. wie zum bei­spiel hier, auf der halb­in­sel mönch­gut.

oder hier, im na­tio­nal­park jas­mund, an der rü­gens krei­de­fel­sen steil­küs­te lang­sam aber si­cher ab­brö­ckelt.

die krei­de­fel­sen und bäu­me, die sich cas­par da­vid fried­rich zum vor­bild für sein (höchst­wahr­schein­lich) kon­stru­ier­tes bild nahm, dürf­ten schon lan­ge in die ost­see ge­fal­len sein. so hiess es in di­ver­sen rei­se­füh­rern, dass die wis­sower klin­ken fried­richs vor­bild ge­we­sen sein könn­ten, da­bei exis­tier­ten sie zu cas­par da­vid fried­richs zei­ten noch gar nicht, son­dern erst spä­ter durch das küs­ten­brö­ckeln ent­stan­den. 2005 sind dann auch die ei­gent­li­chen wis­sower klin­ken ins meer ge­stürzt.

die rü­ge­ner krei­de­fel­sen kann man auf drei­er­lei art be­trach­ten, von oben, über ei­nen wan­der­weg durch den na­tio­nal­park jas­mund, von un­ten, vom strand aus oder vom meer aus. wir ha­ben sie von oben und vom meer aus be­trach­tet.

oben auf den krei­de­fel­sen rum­zu­klet­tern ist ein biss­chen un­heim­lich, da die fel­sen teil­wei­se sehr hoch sind und selbst der re­la­tiv frisch an­ge­leg­te wan­der­weg teil­wei­se op­fer der ero­si­on ge­wor­den ist.

die küs­te um den na­tio­nal­park jas­mund wird üb­ri­gens durch­aus ab­sicht­lich nicht vor der ero­si­on be­schützt. es gibt kei­ner­lei küs­ten­schutz­mass­nah­men, wie wel­len­bre­cher, vor den krei­de­fel­sen. das ist schön an­zu­se­hen, aber auch ein biss­chen mor­bi­de.

prora

pro­ra ist auch ein biss­chen mor­bi­de. ein meh­re­re ki­lo­me­ter lan­ger, un­voll­ende­ter bau, der den na­zis zur volks­er­ho­lung die­nen soll­te und der nach dem krieg teil­wei­se ge­sprengt, teil­wei­se leer ste­hen ge­las­sen wur­de und spä­ter der NVA als ka­ser­ne dien­te. oben im nor­den brö­ckeln die rui­nen als roh­bau­ten vor sich hin, wei­ter süd­lich, in dem teil der der NVA als ka­ser­ne dien­te, wird der bau als dis­ko­thek, zum soft­eis­ver­kauf und als musuem ge­nutzt.

über pro­ra und das „NVA-mu­se­um“ (oder die „Kul­tur­Kunst­statt Pro­ra“) kann man sich furcht­bar auf­re­gen oder ein­fach rein­ge­hen und sich be­stän­dig an den kopf fas­sen.

das mu­se­um be­sticht vor al­lem durch sei­ne völ­lig un­ge­niert zur schau ge­stell­te pie­fig- und spies­sig­keit, aber auch völ­li­ge hilf­lo­sig­keit und hang zum ab­sur­den. die­ses bild fasst die ab­sur­di­tät und spies­sig­keit auf das tref­fens­te zu­sam­men:

auch die ori­gi­nal­ge­treu nach­ge­stell­ten NVA man­schafts- und gäs­te-quar­tie­re stürz­ten mich vor über­bor­den­der DDR-spies­sig­keit bei­na­he in de­pres­si­on:

ge­nau­so wie die zahl­rei­chen kopf­stein­ge­pflas­ter­ten land­stras­sen auf rü­gen, die dau­er­cam­per auf den cam­ping­plät­zen und die säch­seln­den ur­lau­ber, weck­te das NVA-, KDF und dings-mu­se­um mit sei­nen DDR-gar­di­nen und -ta­pe­ten un­fass­bar vie­le as­so­zia­tio­nen an mei­ne DDR-be­su­che in den sieb­zi­ger- und acht­zi­ger jah­ren. das ein­zi­ge was ne­ben der ein­lul­len­den spies­sig­keit noch fehl­te war der ge­ruch von bren­nen­der braun­koh­le.

be­son­ders be­ein­dru­ckend fand ich die völ­li­ge kon­zept­lo­sig­keit des mus­se­ums. ei­ner­seits wird pro­ra und sei­ne ge­schich­te schein­bar neu­tral und au­then­tisch do­ku­men­tiert und er­hal­ten (ein raum re­kon­stru­iert so­gar das aus­se­hen der ge­plan­ten KDF-ur­lau­ber­zim­mer, selbst die gäs­te­toi­let­ten un­ter­schei­den sich durch nichts aus­ser den ama­tu­ren von den NVA-au­s­tel­lungs­toi­let­ten), an­de­rer­seits sind meh­re­re räu­me voll­ge­stellt mit hun­der­ten an­ti­ker näh­ma­schi­nen, schreib­ma­schi­nen oder aus­ge­stopf­ten tie­ren. war­um und wozu (um es mal tu­ries­que aus­zu­drü­cken): un­klar.

völ­lig un­klar auch, war­um nach­ge­stell­te ma­nö­ver- oder kriegs­sze­nen mit blu­ti­gen spiel­zeug­sol­da­ten in ei­nem mu­se­ums-„mo­dell­bau­zir­kel“ mit 11 oder 12jäh­ri­gen kin­dern im mo­dell nach­ge­baut und in ei­nem ei­ge­nen raum aus­ge­stellt wer­den.

ob­wohl völ­lig un­klar ist es dann doch nicht, in der wer­be­bro­schü­re des „för­der­krei­ses binz ju­gend ak­tiv“ schreibt der kurs­lei­ter:

Die Teil­neh­mer/in­nen ler­nen so auf spie­le­ri­sche Art den Um­gang mit ver­schie­de­nen Werk­zeu­gen und Far­ben, ent­wi­ckeln hand­werk­li­ches Ge­schick und trai­nie­ren ihre Aus­dau­er und Kon­zen­tra­ti­on auf spie­le­ri­sche Art und Wei­se und ha­ben nach Fer­tig­stel­lung ein Er­folgs­er­leb­nis.

das mit dem um­gang mit den far­ben muss al­ler­dings noch ge­übt wer­den:

essen

auf rü­gen gibt es an je­der ecke ei­nen dis­coun­ter und an je­der zwei­ten ecke ei­nen fisch­stand, der selbst­ge­räu­cher­ten fisch ver­kauft. in der hoch­sai­son ha­ben so­wohl die rü­ge­ner dis­coun­ter, als auch die räu­cher­fisch­ver­käu­fer je­den tag in der wo­che ge­öff­net. das hat­te zur fol­ge, dass wir je­den mit­tag ge­räu­cher­ten fisch as­sen (das kind möch­te üb­ri­gens „nie wie­der“ fisch es­sen) und fast je­den abend in alu­fo­lie ge­wi­ckel­te und auf holz­koh­le ge­leg­te kar­tof­feln, die wir je­den tag mit ei­nem kräu­ter­quark ei­nes an­de­ren dis­coun­ters (und sa­lat, ge­mü­se und ge­le­gent­lich fleisch) kom­bi­niert ver­speis­ten. zum nach­tisch gabs fast im­mer was­ser­me­lo­ne.

das hört sich jetzt un­glaub­wür­dig an, aber selbst­zu­be­rei­te­tes es­sen auf dem cam­ping­platz schmeckt un­ge­fähr 20mal bes­ser als an­ders­wo.

und den bes­ten räu­cher­fisch gibts in vitt (qype re­view).

lupo

er­staun­lich was al­les in ei­nen lupo passt. drei per­so­nen, ein vier­mann-zelt, ein vier­mann schlauch­boot, ein tisch, zwei luft­ma­tra­zen, drei de­cken und kopf­kis­sen, eine kom­plet­te bad und kü­chen­aus­stat­tung, ein grill, zwei ta­schen­lam­pen, sechs stüh­le, ein was­ser­ko­cher, ein kühl­schrank, drei rei­se­ta­schen, ein lap­top, drei han­dys, zwei ipods, ein na­vi­ga­ti­ons­sys­tem, ein son­nen­schirm, drei bast­mat­ten, ein ven­ti­la­tor, drei wä­sche­lei­nen, ein hand­fe­ger, eine spül­schüs­sel, zwei öl­lam­pen, sechs paar schu­he, sechs bü­cher. was kei­nen platz mehr hat­te wa­ren: ein li­ter milch und drei kilo holz­koh­le.

strände

rü­gen hat un­glaub­lich vie­le strän­de. alle rie­chen ein biss­chen un­an­ge­nehm, was an der der­zeit stark mit al­gen be­las­te­ten ost­see lie­gen kann oder an mei­nem mund­ge­ruch. man­che strän­de mu­ten bei­na­he ka­ri­bisch an (zum bei­spiel west­lich vom kap ar­ko­na), man­che (wie die an den ost­see­bä­dern binz, baa­be oder göh­ren) wie über­lau­fe­ne nord­see- oder sylt-strän­de und man­che wie stein­brü­che. man­che strän­de wir­ken wie das ufer des gar­ten­teichs bei mei­nen el­tern, an­de­re wie die an ei­nem bag­ger­see, an­de­re wir­ken ent­rückt und über­zeich­net wie strän­de aus dem spiel „myst“.

strand bei al­ten­kir­chen
strand beim kap ar­ko­na
strand bei scha­pro­de
strand beim kap ar­ko­na
strand bei vitt
strand bei glo­we
strand bei sel­lin
strand bei binz
strand bei pro­ra

[die fo­tos mit ei­ni­ger­mas­sen rea­lis­ti­schen far­ben hat die bei­fah­rein mit ei­ner rich­ti­gen ka­me­ra ge­macht, die mit den ver­wa­sche­nen, sti­chi­gen far­ben habe ich mit mei­nem palm pre ge­macht. falls sich je­mand wun­dert.]