die welt er­klä­ren

felix schwenzel

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als ich ein kind war, wun­der­te ich mich im­mer, war­um die co­mics die ich so ger­ne las, so per­fekt aus­sa­hen. ganz of­fen­sicht­lich wa­ren die co­mics nicht ge­malt, denn al­les ge­mal­te, das wuss­te ich aus eig­ner er­fah­rung, sah ganz an­ders aus, viel rau­er, fle­cki­ger, stump­fer, zitt­ri­ger. also frag­te ich mei­ne mut­ter, wie die­se co­mics her­ge­stellt wür­den und sie ant­wor­te­te, dass sie ge­druckt wür­den. aha. „ge­druckt“, auf gros­sen druck­ma­schi­nen. das war also der trick!

na­tür­lich war die ant­wort, wie ich heu­te weiss, gar kei­ne ant­wort, son­dern ein­fach eine ver­schie­bung der ant­wort auf ein an­de­res, mir nicht ein­sich­ti­ges oder ver­ständ­li­ches ni­veau. nach­zu­fra­gen wie die­ses „dru­cken“ funk­tio­niert, fand ich da­mals ge­nau­so un­nö­tig, wie nach­zu­fra­gen war­um au­tos fah­ren oder flug­zeu­ge flie­gen. gros­se, kom­pli­zier­te ma­schi­nen kön­nen eben gros­se, fan­tas­ti­sche din­ge die men­schen nicht kön­nen — ge­nau da­für sind ma­schi­nen ja auch da.

ich bin üb­ri­gens ziem­lich froh, dass mir mei­ne mut­ter da­mals nicht ge­sagt hat (oder ich es nicht ver­stan­den habe oder es nicht hö­ren woll­te), dass co­mics von men­schen ge­zeich­net und co­lo­riert wer­den und den druck­ma­schi­nen le­dig­lich als vor­la­ge die­nen. ich wäre am bo­den zer­stört ge­we­sen, wenn ich er­fah­ren hät­te, dass men­schen in sol­cher per­fek­ti­on ma­len (so nann­te ich als kind das zeich­nen) könn­ten.

ich könn­te jetzt den jun­gen fe­lix aus­la­chen, dass er so naiv war oder da­mals nicht ver­stand die rich­ti­gen fra­gen zu stel­len, aber heu­te fiel mir auf, dass die­ser me­cha­nis­mus, ant­wor­ten auf fra­gen ein­fach auf ein an­de­res ni­veau zu ver­schie­ben oder mit ei­ner an­de­ren, als ant­wort ver­klei­de­ten fra­ge zu be­ant­wor­ten, auch bei er­wach­se­nen sehr weit ver­brei­tet ist.

spon­tan fällt mir dazu die eine oder an­de­re wil­de theo­rie zum ur­sprung des le­bens ein. die ant­wort, dass das le­ben aus dem welt­raum, oder noch wil­der, von aus­ser­ir­di­schen auf die erde ge­bracht wur­de, scheint vie­len dä­nen dä­ni­ken men­schen als ant­wort zu ge­nü­gen, ob­wohl sie ja ei­gent­lich eine wei­te­re fra­ge ist.

auf die fra­ge, wie man kom­ple­xe pro­jek­te weit in der zu­kunft so pla­nen kann, dass sie am ende funk­tio­nie­ren und ihr ziel er­rei­chen, ohne durch ir­gend­wel­che bö­sen über­ra­schun­gen oder dumm­hei­ten oder in­kom­pe­ten­zen zu schei­tern, kön­nen ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker ganz ein­fach be­ant­wor­ten: in­dem die US-re­gie­rung sie plant. oder der KGB. auch hier die glei­che stra­te­gie wie da­mals in mei­nem kin­der­zim­mer: kom­pli­zier­te din­ge er­klä­ren, in­dem man sie auf ein an­de­res ni­veau hebt oder der er­klä­rung ein­fach ei­nen fas­zi­nie­ren­den na­men gibt.

pe­ter hah­ne, der from­me grin­se-ka­ter vom 2DF und der „bild“-zei­tung, meint auch, dass das kon­zept „gott“ eine be­frie­di­gen­de­re ant­wort auf die fra­ge nach dem ur­sprung des uni­ver­sums sei, als bei­spiels­wei­se „schwer­kraft“. (sehr le­sens­wer­ter brief von „ver­quer“ an pe­ter hah­ne zum the­ma.) dass we­der haw­king noch hah­ne er­ken­nen, dass ih­rer bei­den ant­wor­ten ex­akt die glei­che qua­li­tät wie dou­glas adams ant­wort „42“ ha­ben, ist dann doch wie­der lus­tig. denn ge­nau­so wie bei haw­kings theo­rie oder bei hah­nes gott, ver­steht auch kein mensch was die ant­wort 42 be­deu­tet oder wie das funk­tio­nie­ren soll oder wel­chen sinn das al­les ha­ben könn­te.

als welt-ur­sprungs-er­klä­rer stel­le ich mich üb­ri­gens ger­ne in die von mir spon­tan auf­ge­stell­te rei­he von adams, hah­ne oder haw­king — hier ist mei­ne welt­erklä­rung: das uni­ver­sum wur­de ge­druckt.