klot­zen und kle­ckern

felix schwenzel

han­no rau­ter­berg fin­det in der zeit ham­burg ver­sin­ke in häss­lich­keit: Schluss mit klot­zig!

lei­der ist „häss­lich“, wie ich fin­de, das un­ge­eig­ne­tes­te wort um die qua­li­tä­ten ei­ner stadt zu be­schrei­ben. war­um häss­lich schön sein kann, das hab ich hier schon­mal auf­ge­schrie­ben. oder auch: die häss­li­chen, bil­li­gen zweck­bau­ten im soho-stadt­teil von new york gel­ten heu­te als schön. ei­ni­ge der zur DDR-zeit ge­bau­ten wohn­hoch­häu­ser in mit­te gel­ten heu­te als irre schick. das cent­re pom­pe­dou wur­de zur er­öff­nung ein­hel­lig als häss­li­cher, die stadt ver­schan­del­der klotz be­schimpft und gilt jetzt als ar­chi­tek­to­ni­scher mei­len­stein.

dis­ney­land hin­ge­gegn ist hübsch und pracht­voll, aber eben nicht echt. und das ist auch oft das pro­blem mit der mo­der­nen ar­chi­tek­tur. sie ist nicht mehr echt, nicht mehr ori­gi­nell, weil ihre funk­ti­on lang­wei­lig, un­ori­gi­nell und gleich­för­mig ist: ar­chi­tek­tur schafft heu­te räu­me für men­schen die am schreib­tisch sit­zen oder in schuh­kar­tons woh­nen.

frü­her hat­ten häu­ser ein­deu­ti­ge funk­tio­nen (la­ger, kon­to­re, müh­len, werk­stät­ten, rös­te­rei­en) und spie­gel­ten ihre funk­ti­on nach aus­sen. was soll ein ge­bäu­de das men­schen an schreib­ti­schen sta­pelt aus­drü­cken? un­se­re ge­sell­schaft braucht klöt­ze um men­schen an schreib­ti­schen zu sta­peln — und so se­hen die städ­te dann auch aus. in­so­fern sind die klöt­ze ehr­lich und des­halb lässt sich das neue (und das alte) spie­gel-ver­lags­ge­bäu­de nicht von dem ei­ner ver­si­che­rung oder bank un­ter­schei­den. ihre funk­ti­on un­ter­schei­det sich nicht. ein bü­ro­ge­bäu­de braucht kei­ne tore oder wa­ren­auf­zü­ge oder wach­tür­me.

an­de­rer­seits hat rau­ter­berg recht. es gibt kaum noch ech­te bau­her­ren und kaum noch ar­chi­tek­ten die sich trau­en dem enor­men kos­ten- und zeit­druck en­ge­gen­zu­stel­len und qua­li­tät zu schaf­fen:

War­um Ham­burg sich so be­din­gungs­los selbst ver­schan­delt? Es liegt vor al­lem an den drei Prin­zi­pi­en, die die­se Stadt re­gie­ren: ers­tens das Geld, zwei­tens das Ge­schäft, drit­tens die Ren­di­te. Al­les muss mög­lichst ef­fi­zi­ent, mög­lichst bil­lig, mög­lichst schnell ge­hen. Schön­heit aber rech­net sich nicht, sie lässt sich nicht in Zah­len fas­sen. Und Bau­her­ren mit ei­nem Sinn für ham­bur­gi­sche Ei­gen­hei­ten sind rar. Nicht sel­ten wech­selt ein Bau­pro­jekt, noch ehe es fer­tig ist, mehr­fach den Be­sit­zer. Eben ge­hör­te es noch der ei­nen Im­mo­bi­li­en-Hol­ding, jetzt schon der nächs­ten, und so ist es kein Zu­fall, dass vie­le der Neu­bau­ten ganz und gar brä­sig in der Stadt her­um­ste­hen: Sie wur­den so ge­plant, von an­ony­men Bau­her­ren für an­ony­me Nut­zer.

und ge­baut wird dann von an­ony­men ar­chi­tek­ten, fleis­si­ge bie­nen, die die vor­ga­ben ein­hal­ten müs­sen oder sich al­ter­na­tiv ei­nen job in der gas­tro­nie su­chen müs­sen.

was hin­ge­gen pas­sie­ren kann, wenn ein ech­ter bau­herr mit ei­ner vor­stel­lung von qua­li­tät baut, kann man sich in ham­burg am jung­fern­stieg an­se­hen, im neu­en ap­ple store.