game of yout­hism

felix schwenzel

  spie­gel.de: Kör­per­dou­ble von „Game of Thro­nes“-Star: „Die schwers­te und bes­te Er­fah­rung mei­nes Le­bens“

Seit Be­ginn der TV-Aus­strah­lung spielt [die Schau­spie­le­rin Lena Hea­dey, 41] die Rol­le der Cers­ei Lan­nis­ter. Für die Nackt­sze­ne wur­de je­doch ein Dou­ble en­ga­giert, und nun ist auch be­kannt, wer den Part be­kam: Schau­spie­le­rin und Mo­del Re­bec­ca Van Clea­ve. Mit „En­ter­tain­ment Weekly“ sprach die 27-Jäh­ri­ge nun zum ers­ten Mal über die Dreh­ar­bei­ten.

schon klar, nach all den ver­ge­wal­ti­gun­gen, ver­bren­nun­gen, ver­stüm­me­lun­gen und emas­ku­la­tio­nen in den letz­ten paar staf­feln von games of thro­nes, kann man den zu­schau­ern nicht den nack­ten kör­per ei­ner 41-jäh­ri­gen frau zu­mu­ten und zeigt er­satz­wei­se lie­ber den ei­ner 27jäh­ri­gen.

[nach­trag]
mir ist klar, dass lena hea­dey sich ent­schie­den hat, die nackt­sze­ne nicht selbst zu spie­len. so steht es im oben ver­link­ten en­ter­tain­ment-weekly-ar­ti­kel. dar­um geht es in die­sem ar­ti­kel aber auch nicht, son­dern al­lein um die cas­ting-ent­schei­dung eine 27 jäh­ri­ge, eine nack­te 41 jäh­ri­ge dar­stel­len zu las­sen. mit dem cas­ting woll­te lena hea­dey üb­ri­gens auch nichts zu tun ha­ben (steht auch im oben ge­nann­ten en­ter­tain­ment-weekly-ar­ti­kel).

bei game of thro­nes herrscht die glei­che be­klopp­te lo­gik wie im rest­li­chen hol­ly­wood: frau­en über 30 gel­ten of­fen­sicht­lich in der film­lo­gik als un­fick­bar. als po­ten­zi­el­le part­ner für fif­ty-so­me­things kom­men frau­en über 30 in hol­ly­wood-pro­duk­tio­nen of­fen­bar nicht in fra­ge. so wur­de das je­den­falls kürz­lich der 37 jäh­ri­gen schau­spie­le­rin mag­gie gyl­len­haal von ei­nem pro­du­zen­ten er­klärt:

I’m 37 and I was told re­cent­ly I was too old to play the lo­ver of a man who was 55. It was as­to­nis­hing to me. It made me feel bad, and then it made feel an­gry, and then it made me laugh.

(be­richt im guar­di­an, in­ter­view mit gyl­len­haal)

für äl­te­re her­ren kommt auf der lein­wand, nach der gän­gi­gen hol­ly­wood-lo­gik, nur ganz fri­sches weib­li­ches fleisch in be­tracht.

wor­an kann das lie­gen, wenn jetzt die pro­du­zen­ten von games of thro­nes eine rol­le, die an­ge­zo­gen von ei­ner 41 jäh­ri­gen frau ge­spielt wird, nackt von ei­ner 27 jäh­ri­gen spie­len las­sen? liess sich kei­ne über-vier­zig-jäh­ri­ge fin­den, die als nackt­dou­ble auf­tre­ten woll­te? oder woll­te man den zu­schau­ern den an­blick von ge­al­ter­ter haut er­spa­ren? in ei­ner se­rie, die sich nicht scheut wirk­lich al­les zu zei­gen (ko­pu­la­ti­on, ver­ge­wal­ti­gung, er­ste­chen und er­schla­gen von schwan­ge­ren, häu­tun­gen und ver­bren­nun­gen von un­schul­di­gen, und so wei­ter und so fort) scheut man sich bei ta­ges­licht eine nack­te frau über 40 zu zei­gen?

die pro­du­zen­ten, die den schön­heits- und ju­gend­wahn un­se­rer zeit in eine mit­tel­al­ter­li­che phat­a­sie­welt rein­pro­jie­zie­ren, ent­lar­ven sich da­mit auch als pro­du­zen­ten „me­lo­dra­ma­ti­scher por­no­gra­fie“, wie aa­ron bady das kürz­lich nann­te. oder wie ich das aus­drü­cken wür­de, als pro­du­zen­ten von ab­ge­dro­sche­nem und glatt­pü­rier­tem gla­mour­scheiss. game of thro­nes wird von zwei über vier­zig­jäh­ri­gen män­nern pro­du­ziert, die ra­di­kal und au­then­tisch tun, sich aber un­über­seh­bar nicht mal zwei zen­ti­me­ter vom klein­geis­ti­gen gla­mour­zeit­geist lö­sen kön­nen oder wol­len, der äl­te­re frau­en ver­ach­tet und ju­gend­li­che frau­en ver­göt­tert und ver­glit­tert.

ei­gen­tüm­li­cher­wei­se le­gen die pro­du­zen­ten und der au­tor ge­or­ge r. r. mar­tin an­sons­ten gros­sen wert dar­auf, die „his­to­ri­sche wahr­heit und mensch­li­che na­tur“ au­then­tisch und scho­nungs­los zu zei­gen. dazu sagt mar­tin laut der new york times:

Ge­or­ge R. R. Mar­tin wro­te that as an ar­tist, he had an ob­li­ga­ti­on to tell the truth about histo­ry and about hu­man na­tu­re.
[…]
As for the books, rea­ders say that Mr. Mar­tin’s pre­sen­ta­ti­on of rape un­ders­cores the harsh­ness of his world, but some ques­ti­on what they say is his over­re­li­ance on it and an of­ten lu­rid tone when wri­ting about se­xu­al mat­ters.
[…]
Mr. Mar­tin said that his phi­lo­so­phy as a wri­ter is to show and not tell, and do­ing so re­qui­res “vi­vid sen­so­ry de­tail.”

al­ler­dings ging es im ny­ti­mes-ar­ti­kel und den äus­se­run­gen von ge­or­ge r. r. mar­tin und sei­nen le­sern um die dar­stel­lung von se­xu­el­ler ge­walt. die sol­le un­be­dingt au­the­tisch, „un­an­ge­nehm“, hart, di­rekt und un­ver­blümt dar­ge­stellt wer­den. wenn es um die dar­stel­lung von nack­ten frau­en geht, scheint man von die­sen grund­sät­zen in der pro­duk­ti­on von game of thro­nes auch mal ab­wei­chen zu kön­nen, um die „wahr­heit“, die mensch­li­che na­tur und die „harsh­ness of his world“ ein biss­chen fri­scher, kna­cki­ger und ju­gend­li­cher dar­stel­len zu kön­nen, als das wohl mit dem kör­per ei­ner über 40 jäh­ri­gen mög­lich ist. was für eine ab­ge­fuck­te bi­got­te­rie.