di­gi­tal bau­haus sum­mit 2015, tag 1

felix schwenzel

heu­te war ich den gan­zen tag auf dem di­gi­tal bau­haus sum­mit in wei­mar. die hin­fahrt heu­te früh hat dann al­ler­dings an­der­t­alb stun­den län­ger als ge­plant ge­dau­ert, dank der bahn:

dass n zug aus­fällt, ok. aber „wit­te­rungs­be­dingt“? das is doch kei­ne wit­te­rung heu­te.

@digi_bau Huhu. Just fyi ICE 1005 fällt kom­plett aus, wenn über­haupt je­mand so doof ist wie ich so früh auf­zu­ste­hen. Ber­li­ner ver­spä­ten sich

Jörn Hen­drik Ast (@Jor­ma­son03.07.2015 5:41

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 03.07.2015 04:49)

im zug set­ze sich dann eine schul­klas­se an mei­nen tisch, die auch nach wei­mar woll­te und auch von dem zug­aus­fall be­trof­fen war. so konn­te ich eine hal­be stun­de dem lau­schen, was teen­ager so re­den, wenn sie mei­nen dass sie al­lei­ne sind, oder der typ ne­ben ih­nen, der wie ein pen­ner aus­sieht und stän­dig in sein han­dy starrt, ih­nen egal ist.

mei­ne schluss­fol­ge­rung nach 30 mi­nu­ten: vor­nehm­lich un­ter­hal­ten sich teen­ager über an­de­re men­schen und sich selbst, mit­schü­ler, freun­de, de­ren el­tern („boar, die mut­ter ist voll an­stren­gend“), dro­gen­to­te aus dem be­kann­ten­kreis, den spie­gel, pein­li­che si­tua­tio­nen in die sie ge­ra­ten sind und über es­sen.

grund­sätz­lich also das glei­che, was ich auch hier ver- und be­hand­le.


mit dem zug­aus­fall und der ver­spä­tung habe ich dann die ers­ten vor­trä­ge ver­passt und konn­te dann noch um 10 uhr den vor­trag von lou­is klein se­hen, ei­nen work­shop der con­nec­tors mal­mö mit­ma­chen, ein re­fe­rat von liss c. wer­ner er­tra­gen und mich vom vor­trag von ni­klas maak über­rol­len las­sen.

um acht geht’s wei­ter, da macht auch fried­rich liech­ten­stein ir­gend­was. bis da­hin hier mei­ne ein­drü­cke.


lou­is klein sprach über „com­pe­ti­ti­ve so­cial de­sign“. der kern sei­ner aus­sa­ge lässt sich wie folgt zu­sam­men­damp­fen: wir ha­ben im letz­ten jahr­hun­dert mas­siv in te­chi­sche for­schung in­ves­tiert. als bei­spie­le nann­te er das kern­for­schungs­zen­trum CERN, das us-ame­ri­ak­ni­sche atom­bom­ben­pro­gramm (man­hat­tan pro­ject) oder das hu­man ge­no­me pro­ject. nach ei­ner um­fang­rei­chen ein­lei­tung von den nürn­ber­ger kriegs­ver­bre­cher pro­zes­sen („we’re cas­ca­ding the risk, the ethi­cal bur­den from the sys­tem down to the in­di­vi­du­al“) und an­de­ren ver­bre­chen ge­gen die mensch­lich­keit („when loo­king at cri­mes against hu­ma­ni­ty, we need to look at sys­tems as ac­tors, not (only) in­di­vi­du­als“), über bank­sy („the grea­test cri­mes are not com­mi­t­ed by peo­p­ly brea­king the ru­les, but by peo­p­le fol­lo­wing the ru­les“) schlussfol­ger­tefrag­te er:

what if we would en­ga­ge like this in so­cial sci­ence?

wir soll­ten uns bei der öko­no­mie und ge­sell­schafts­po­li­tik nicht auf selbst­re­gu­lie­rung und eine un­sicht­ba­re hand, die das al­les schon ir­gend­wie re­gelt, ver­las­sen, son­dern ak­tiv ge­stal­ten und for­schen, wel­che ge­stal­tung er­folg­ver­spre­chend ist.

hört sich al­les sym­pa­thisch und nach­voll­zieh­bar an, aber die po­li­ti­schen im­pli­ka­tio­nen las­sen ei­nen er­schau­dern. das wur­de klar, als er chi­na und die ver­ei­nig­ten ara­bi­schen emi­ra­te als bei­spie­le her­an­zog, die ihr schick­sal in die ei­ge­ne hand ge­nom­men hät­ten und in de­nen eben nicht das in­di­vi­du­um zählt, son­dern der ge­sell­schaft­li­che fort­schritt. bei­de län­der ma­chen das in vie­len be­rei­chen mit enor­men tem­po und be­ein­dru­cken­den wachs­tums­zah­len.

lou­is klein: down the­re is what you get when you trust the „in­vis­ble hand“. pic.twit­ter.com/pUT­LOt­NU2I

di­gi­tal­bau­haussum­mit (@digi_bau03.07.2015 11:11

lou­is klein: the chi­ne­se are do­ing quite well. pic.twit­ter.com/YTn7duH­c­zI

di­gi­tal­bau­haussum­mit (@digi_bau03.07.2015 11:05

die ra­di­ka­li­tät von lou­is kleins an­re­gun­gen wur­de dann in der an­schlies­sen­den dis­kus­si­on klar. eine so­zi­al­wis­sen­schaft­le­rin stimm­te lou­is klein zu und sag­te (sinn­ge­mäss), die de­mo­kra­tie sei ge­schei­tert. ge­ra­de bei fra­gen wie nach­hal­tig­keit (sic!) habe die de­mo­kra­tie ver­sagt.

grund­sätz­lich ge­hen bei mir ja im­mer die alarm­glo­cken an, wenn dar­über sin­niert wird, dass das in­di­vi­du­um, der ein­zel­ne mensch hin­ter dem grös­se­ren ziel, der welt­ret­tung, der welt­ver­bes­se­rung, der wie auch im­mer ge­färb­ten ge­sell­schaft­li­chen uto­pie zu­rück­ste­hen müs­se. falls also ei­ner in der ses­si­on glo­cken­ge­läut ge­hört ha­ben soll­te: das war ich. trotz­dem — oder ge­ra­de we­gen mei­ner alarm­glo­cken — fand ich den vor­trag ex­trem in­spi­rie­rend, ger­ne wie­der lou­is, auch wenn wir uns nicht mehr er­ken­nen.


der work­shop der bei­den prot­ago­nis­ten der con­nec­tors mal­mö war ein rich­ti­ger work­shop. kei­ne power­point fo­li­en, son­dern selbst­ge­mal­te zet­tel, ste­hen­des pu­bli­kum, ken­nen­lern­spiel­chen und kurz­auf­ga­ben, um da­nach, bei ste­hen­dem pu­bli­kum doch wie­der in die fron­tal-vor­trags-per­spek­ti­ve zu wech­seln. war trotz­dem in­ter­es­sant, vor al­lem weil ich bei den ken­nen­lern­spiel­chen drei leu­te ken­nen­ge­lernt habe, eine er­fah­rung, die ich sonst auf kon­fe­ren­zen, we­gen per­sön­li­chen so­zia­len ei­gen­tüm­lich­kei­ten, nicht ma­che. ich glau­be die bei­den „con­nec­tors“ ma­chen sehr in­ter­es­san­te sa­chen, konn­te aber lei­der de­ren aus­füh­run­gen nicht so­weit fol­gen, um selbst dar­über zu be­rich­ten. mög­li­cher­wei­se gibt de­ren web­sei­te ja de­tail­ier­ter aus­kunft dar­über.


von liss c. wer­ners re­fe­rat bin ich lei­der sehr ent­täuscht ge­we­sen. im prin­zip war das eine prä­ten­tiö­se dia­schau mit hüb­schen bild­chen und ein paar aka­de­mi­schen flos­keln wie ich sie aus der ar­chi­tek­tur­fa­kul­tät ken­ne. wie im­mer will ich nicht aus­schlies­sen, dass ich zu doof für den vor­trag war, je­den­falls habe ich mei­nen ein­druck nach dem vor­trag so zu­sam­men­ge­fasst:

das #DBS15-re­fe­rat von @SYS­TEM­AR­CHI­TEKT war vol­ler be­ob­ach­tun­gen und hüb­schen bild­chen, ent­hielt aber lei­der kei­ne ein­zi­ge schluss­fol­ge­rung.

fe­lix schwen­zel (@di­plix03.07.2015 15:27

die ant­wort von liss c. wer­ner dar­auf war so ge­se­hen fol­ge­rich­tig:

Der Talk hat­te kei­ne Schluss­fol­ge­run­gen zum Ziel son­dern Fra­gen. die Bil­der aus Ge­schich­te und cur­rent Di­gi­tal hu­man.

(klei­ne kor­rek­tu­ren von mir hin­zu­ge­fügt)

das hat­te sie am an­fang ih­res vor­trags (et­was kryp­tisch) auch so an­ge­kün­digt. das ent­täu­sche­de ist aber, dass die fra­gen die der vor­trag auf­warf in etwa die sind, die die vor­trags­an­kün­di­gung auf­warf (voll­zi­tat, die fra­gen ste­hen mit fra­ge­zei­chen mar­kiert am ende):

In 1995 Ni­cho­las Ne­gro­pon­te sta­ted that “The ch­an­ge from atoms to bits is ir­re­vo­ca­ble and un­stoppable”. 30 ye­ars la­ter we may re­view Ne­gro­pon­te’s state­ment and cla­im that atoms and bits will con­ti­nue to mer­ge with the ad­vent of smart skin and weara­ble com­pu­ters. The body as phy­si­cal in­ter­face to the world has been com­ple­men­ted by the smart­phone, the In­ter­net and last but not least wire­less, in­vi­si­ble and fast data-au­to­bahns. The body now acts as a com­mu­ni­ca­ti­on de­vice bet­ween the in­di­vi­du­al and its phy­si­cal and vir­tu­al en­vi­ron­ments. Its mo­di­fi­ca­ti­on, crossing cy­bor­gi­an and hu­ma­no­id ge­nes, de­scri­bes a fun­da­men­tal ch­an­ge of the body’s ac­tu­al ma­te­ri­al and its new role in the lo­cal and ur­ban en­vi­ron­ment, on a macro- and mi­cro-sca­le as semi-au­to­no­mous com­mu­ni­ca­ti­on in­ter­face.

Do we need to re­de­sign de­sign in the age of a ha­cked body?
What are the new chal­lenges for the fu­ture ge­stal­tung of so­cie­ty?
Is the­re a ge­ne­ral sys­tem re­si­ding on a meta-le­vel of de­sign with or wi­t­hout ar­ti­fi­ci­al com­pu­ta­ti­on?

mir war das al­les zu sehr ober­fäch­li­ches krat­zen und zu we­nig boh­ren. ich fin­de die gu­ten fra­gen er­ge­ben sich nicht durch an­fas­sen, di­stan­zier­tes, fach­frem­des be­ob­ach­ten, son­dern beim boh­ren, beim bau­en, beim tes­ten, aus­pro­bie­ren, se­zie­ren, ana­ly­sie­ren und neu zu­sam­men­set­zen. mir er­schien der de­sign­be­griff der hier ver­han­delt wur­de als zu flach, zu sehr auf die rei­ne, ober­fläch­li­che ge­stal­tung kon­zen­triert. lou­is klein hat ge­zeigt wie schmerz­haft boh­ren sein kann, liss c. wer­ner hat ge­zeigt, wie un­er­gie­big das krat­zen an der ober­flä­che sein kann.

für die­sen blö­den witz möch­te ich mich je­doch ent­schul­di­gen.

eine der fo­li­en von @sys­tem­ar­chi­tekt: „do we need to re­de­sign de­sign in the age of a ha­cked body?“
hack­fleisch­be­spre­chun­gen?
#DBS15 #SCNR

fe­lix schwen­zel (@di­plix03.07.2015 14:45


jetzt ni­klas maak auf dem #DBS15 di­gi­tal­bau­haussum­mit.de/talks/#talk-613 pic.twit­ter.com/bA5baX220q

di­gi­tal­bau­haussum­mit (@digi_bau03.07.2015 16:08

ni­klas maak hat bei sei­nem vor­trag stark ge­schwitzt. was aber auch kein wun­der ist, weil er den vor­trag vor­an­ge­trie­ben hat wie ein d-zug. ni­klas maak war der­mas­sen in fahrt, dass es mir un­mög­lich war, pa­ralell zum vor­trag et­was sub­stan­zi­el­les da­von zu do­ku­men­tie­ren. aus­ser dem hier:

gu­ter vor­trag von ni­klas maak, ge­schlif­fe­nes eng­lisch, wucht und speed ei­nes d-zugs und mi­kro­fon-plop­pen wie beim beat­bo­xen. #DBS15

di­gi­tal­bau­haussum­mit (@digi_bau03.07.2015 16:18

ein paar no­ti­zen habe ich mir aber ge­macht und ich fand den vor­trag so be­mer­kens­wert, dass ich dazu noch et­was schrei­ben möch­te — aber erst spä­ter.

hier mei­ne ein­drü­cke vom abend des ers­ten ta­ges und vom zwei­ten tag.

(of­fen­le­gung: ich be­kom­me ein ho­no­rar da­für das twit­ter- und face­book-kon­to des di­gi­tal bau­haus sum­mits zu be­fül­len. in­halt­li­che vor­ga­ben habe ich nicht be­kom­men, hier zen­siert nur mein ei­ge­ner zen­sor in mei­nem kopf)