link­samm­lung vom 16.08.2015

felix schwenzel

  welt.de: Ai Wei­wei: War­um wir den Künst­ler nicht mehr ver­ste­hen

oh wei, oh wei. wenn der ga­le­rist ei­nes künst­lers sei­nen künst­ler wie scha­les sau­er­bier an­prei­sen muss, dann wird’s schnell pein­lich. auch wenn an­dre­as ro­sen­fel­der und ron­ja von rön­ne hier recht ten­den­zi­ös über ai wei­wei schrei­ben:

„Wir ap­pel­lie­ren an die deut­sche Öf­fent­lich­keit“, so warn­te der Ber­li­ner Ga­le­rist Alex­an­der Ochs als Spre­cher von Ai Wei­weis Freun­des­kreis schon letz­te Wo­che die Me­di­en, „ihn in Zu­kunft als her­aus­ra­gen­den Künst­ler wahr­zu­neh­men und nicht als po­li­ti­schen Ak­ti­vis­ten.“

Man wünscht ja kei­nem Künst­ler der Welt, dass sein Ga­le­rist es für nö­tig hält, die Leu­te per De­kret dazu auf­zu­for­dern, ihn als be­deu­ten­den Künst­ler zu be­trach­ten, erst recht nicht als her­aus­ra­gen­den. Und na­tür­lich be­wirkt ein sol­cher Auf­ruf das Ge­gen­teil – er macht erst recht dar­auf auf­merk­sam, dass der Künst­ler Ai Wei­wei jetzt kei­nen mehr in­ter­es­siert. Als Künst­ler war Ai Wei­wei des­halb so irr­sin­nig er­folg­reich, weil sei­ne in den Wes­ten ver­schiff­ten Kunst­wer­ke dort als po­li­ti­sche Schmug­gel­wa­re er­schie­nen – ein Ge­gen­ge­schäft zu all den nach Chi­na ex­por­tier­ten VWs und Ma­schi­nen, gut für die mo­ra­li­sche Au­ßen­han­dels­bi­lanz. Aber je mehr Groß­pro­duk­tio­nen in Groß­auf­la­gen Ai Wei­wei aus Pe­king an die Mu­se­en der Welt ver­kauf­te, des­to we­ni­ger nahm man sei­ne Äs­the­tik ernst. Sein Ge­schäfts­mo­dell ba­sier­te am Ende ganz auf sei­ner Glaub­wür­dig­keit als staat­lich ge­prüf­ter Dis­si­dent. Und ge­nau die­se Glaub­wür­dig­keit steht schon nach ein paar son­ni­gen Ta­gen in Deutsch­land auf dem Spiel.

bei chris­ti­an y. schmidt ge­fun­den. apro­pos chris­ti­an y. schmidt; das was er hier auf face­book kom­men­tiert und ver­linkt, lohnt sich auch zu le­sen:

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 16.08.2015 11:32)

  je­ze­bel.com: Sharon Stone On Her Ab­ra­si­ve­ness: 'I Have Brain Da­ma­ge...Deal With It'

der link be­han­delt ei­nen ar­ti­kel rund um (ei­nen klick ent­fern­te, harm­lo­se) nackt­bil­der von sharon stone. nor­ma­ler­wei­se ver­lin­ke ich sol­che click­bait und auf­merk­sam­keits­er­schlei­cher ja nicht, aber das be­glei­ten­de por­trait/in­ter­view auf har­pers ba­sar mit sharon stone ist ziem­lich gut. stone hat­te 2001, nach ei­nem schlag­an­fall ein hirn-an­eu­rys­ma, nach des­sen ope­ra­ti­on sie schwe­re mo­to­ri­sche und rhe­to­ri­sche stö­run­gen be­kam:

“It al­most feels like my en­ti­re DNA ch­an­ged. My brain isn’t sit­ting whe­re it used to, my body type ch­an­ged, and even my food all­er­gies are dif­fe­rent.” On the plus side, “I be­ca­me more emo­tio­nal­ly in­tel­li­gent. I cho­se to work very hard to open up other parts of my mind. Now I’m stron­ger. And I can be ab­ra­si­ve­ly di­rect. That sca­res peo­p­le, but I think that’s not my pro­blem.” She laughs. “It’s like, I have brain da­ma­ge; you’ll just have to deal with it.”

ich fands le­sens­wert, und ro­chus wolf of­fen­bar auch, denn der hat’s mir emp­foh­len.

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 16.08.2015 08:10)

  zoe­beck.word­press.com: Flucht
ein freund von zoe beck, der „der im Mo­ment noch an­onym blei­ben möch­te“, hat ei­nen text über die si­tua­ti­on und die ge­schich­te von sy­ri­en ge­schrie­ben, der un­be­dingt le­sens­wert ist:

1 – Der Sta­tus Quo, der ca­sus bel­lum

In sämt­li­chen vom IS be­setz­ten Re­gio­nen, ob im Irak, in Sy­ri­en, Li­by­en etc. ist die Si­tua­ti­on so ent­setz­lich grau­sam, dass die we­ni­gen Über­le­ben­den, wel­che ihre An­ge­hö­ri­gen ver­lo­ren, ein­fach a) zu sehr mit dem ei­ge­nen Über­le­ben be­schäf­tigt sind und b) so ab­ge­stumpft und c) so hoff­nungs­los, dass die wirk­li­chen Weh­kla­gen gar kei­nen Ein­zug in un­se­re Me­di­en fin­den. Wer al­ler­dings vom tat­säch­li­chen Wir­kungs­grad der Ab­schlach­tungs­or­gi­en des IS nicht so wirk­lich über­zeugt ist, kann über Bei­rut, Am­man oder An­ta­lya ger­ne in die­se Re­gio­nen ein­rei­sen und sich ein Bild ma­chen. Ein One Way Ti­cket ist da­bei an­zu­ra­ten, denn dass her­kömm­li­che Mit­tel­eu­ro­pä­er im Bür­ger­krieg ver­schleppt, er­mor­det oder als Ka­non­e­fut­ter ein­ge­setzt wer­den, ist nicht aus­zu­schlie­ßen. Den Rest er­le­di­gen mör­de­ri­sche 40 bis 50 Grad Hit­ze, mas­si­ver Was­ser­man­gel, Nah­rungs­man­gel und Epi­de­mien. Aber ge­hen wir da­von aus, dass der nor­ma­le Mit­tel­eu­ro­pä­er das über­lebt, weil er noch selbst Ar­mee­dienst ge­leis­tet hat, über to­po­gra­phi­sche, sprach­li­che und me­di­zi­ni­sche Kennt­nis­se ver­fügt: Das, was er / sie dort sieht, wird so we­nig be­greif­lich und er­klär­bar sein, dass ei­nem im wahrs­ten Sin­ne die Wor­te feh­len. Schwei­gen. Trau­ma. Un­fall­op­fer auf deut­schen Au­to­bah­nen, nicht zu re­den von Miß­brauchs­op­fern spre­chen teils bis zum Le­bens­en­de nicht vom er­leb­ten Leid, trotz Trau­ma­the­ra­peu­ten, Ärz­ten, Psy­cho­lo­gen etc. pp., wel­che Hil­fe leis­ten.

2 – Das The­ma WLAN, Smart­phone etc.

Es ist rich­tig, dass nicht je­der in ei­ner Kriegs­re­gi­on so­fort Zu­gang zu Elek­tri­zi­tät und tech­ni­schem Zu­be­hör hat. Aber vie­le eben doch. Dort, wo Mi­li­tär ist, ist im­mer auch Strom. Liegt in der Na­tur der Sa­che. Es gibt ein­fach auch mehr Waf­fen als Brot. Liegt auch in der Na­tur des Krie­ges. Sprich, es ist tat­säch­lich ein­fa­cher, ein Smart­phone auf­zu­la­den, selbst an der Bat­te­rie ei­nes aus­ge­brann­ten Jeeps, als Trink­was­ser zu be­sor­gen.

wei­ter­le­sen auf zoe­beck.word­press.com …

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 15.08.2015 20:22)

  zeit.de: Pro­sti­tu­ti­on: Sex ist auch nur eine Dienst­leis­tung

gut dif­fe­ren­ziert von so­phie el­men­tha­ler:

Am­nes­ty In­ter­na­tio­nal hat eine gute Ent­schei­dung ge­trof­fen. Zu­nächst ein­mal hat die Or­ga­ni­sa­ti­on ih­ren Be­schluss nach Be­ra­tun­gen und Ge­sprä­chen mit Sex­ar­bei­te­rin­nen aus ver­schie­de­nen Län­dern ge­fasst. Das heißt, sie hat sich wirk­lich an­ge­hört, wel­che Be­dürf­nis­se Frau­en im Pro­sti­tu­ti­ons­ge­wer­be ha­ben, an­statt über ih­ren Kopf hin­weg zu re­den. Am­nes­ty In­ter­na­tio­nal hat be­schlos­sen, zwi­schen Zwangs­pro­sti­tu­ti­on und frei­wil­li­ger Sex­ar­beit sorg­fäl­tig zu un­ter­schei­den. Un­ter an­de­rem des­halb, weil so erst Struk­tu­ren ent­ste­hen, die es er­leich­tern, Zwangs­pro­sti­tu­ti­on an­zu­zei­gen und sicht­bar zu ma­chen, da die Op­fer nicht mehr kri­mi­na­li­siert wer­den.

schön fin­de ich auch (kei­ne iro­nie), dass so­phie el­men­tha­ler das ar­gu­ment, „kei­ne eman­zi­pier­te, rich­ti­ge Frau wür­de frei­wil­lig Sex ge­gen Geld ha­ben“ wol­len, ein­mal se­xis­tisch nennt und das spä­ter dann so re­la­ti­viert:

Sex­ar­beit ist oft lu­kra­ti­ver als an­de­re Jobs. Wer sich ein­mal an­schaut, was Fri­seu­rin­nen, Al­ten­pfle­ge­rin­nen oder Call­cen­ter-Agen­tin­nen ver­die­nen, soll­te sich nicht dar­über auf­re­gen, dass Frau­en sich in an­de­ren Ge­wer­be­zwei­gen um­schau­en. In­so­fern ist viel­leicht doch et­was dran an der Be­haup­tung, dass vie­le Frau­en nicht wirk­lich frei­wil­lig Sex­ar­bei­te­rin­nen sind.

so zu ar­gu­men­tie­ren lässt raum zum nach­den­ken. für die­se art zu ar­gu­men­tie­ren gibt’s be­stimmt auch nen rhe­to­ri­sches fach­wort, oder?

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 15.08.2015 20:09)

  kon­rad­lisch­ka.info: So läuft Di­gi­tal­jour­na­lis­mus: Irr­sin­nig lan­ge Tex­te, kaum Up­dates, kei­ne Fo­tos

sehr tol­ler le­se­tipp, bzw. blog­tipp, bzw. hin­weis auf eine tol­le web­site von kon­rad lisch­ka. näm­lich auf . dort schreibt tim ur­ban alle paar tage oder wo­chen lan­ge tex­te zu the­men die ihn in­ter­es­sie­ren oder über die er stol­pert und dann so lan­ge re­cher­chiert, bis er zu­frie­den ist. ein paar tex­te habe ich jetzt schon ge­le­sen, un­ter an­de­rem die­sen hier über das fer­mi-pa­ra­do­xon (wi­ki­pe­dia: „Das Fer­mi-Pa­ra­do­xon […] hin­ter­fragt die Wahr­schein­lich­keit in­tel­li­gen­ten au­ßer­ir­di­schen Le­bens.“) oder die­sen hier über mich (und dich).

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 15.08.2015 13:37)